Kein schnelles CETA-Abkommen zu erwarten

Handel

Ceta droht endlose Debatte

Es klang zunächst einmal einfach: Das Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada CETA soll von den nationalen Parlamenten mit entschieden werden [1]. Doch was einfach klingt, kann sich als äußerst tückisch erweisen. Das zeigte am Mittwochnachmittag die Aktuelle Stunde im Bundestag.

Bundestagspräsident Norbert Lammert versuchte die Emotionen vor der Debatte zu glätten. Ob die nationalen Parlamenten zustimmen sollen oder nicht, sei keine Entscheidung des Europaparlaments. Wenn das Parlament darüber entscheidet, entscheidet es auch gleich mit der vorzeitige Inkraftsetzung mit.

Es hat wenig genützt und die Debatte gab einen Ausblick auf die Diskussionen im Bundestag nach der Sommerpause. Es wird stellvertretend über den freien Handel debattiert. Es geht darum, ob das Vorsorgeprinzip in der Präambel ausreichend vertreten ist, oder, wie Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen) argwöhnte, den Fachartikeln gemäß, doch wissenschaftliche Grundlagen zu Rate gezogen werden. Nicht geklärt bleibt auch, ob das Investitionsschutzabkommen modern ist oder gegen demokratische Regeln verstoße. Katharina Dröge (Bündnis 90/Die Grünen) jedenfalls sagte: „Es ist jetzt endlich Schluss mit der Hinterzimmerpolitik“ und kündigte ein Veto an, falls sich CETA nicht deutlich ändere. Die Linke hält über Alexander Ulrich am Stopp von CETA und TTIP fest.

Allerdings hat die Debatte auch einen neuen Riss in der Koalition aufgezeigt. Michael Fuchs (CDU) ist der Meinung, dass nur der Bundestag zustimmen muss. Der Bundesrat solle draußen bleiben. Staatssekretär Uwe Beckmeyer (SPD) im Wirtschaftsministerium hingegen setzt auch auf den Bundesrat. Dröge argwöhnt, dass die CDU aus „Angst vor Beratungen in den nationalen Parlamenten“ nur auf die sichere Mehrheit im Bundestag setzen will. Zu den unveränderten roten Linien der Parteien hat sich eine neue gesellt.

Die Politikverdrossenheit droht anzuwachsen, weil die Entscheidung über die nationalen Parlamente alles andere als eine schnelle Lösung verheißt. Rechtlich hält die EU das Abkommen weiterhin für ein „EU-only“-Abkommen. Ob es dann in Deutschland ein Einspruchs- oder Zustimmungsgesetz wird, ist noch offen und wird geprüft werden müssen. Bei einem Zustimmungsgesetz müssen sich Bundesrat und Bundestag einig sein. Lehnt die Länderkammer ein Gesetz ab, ist es gescheitert. Bei einem Einspruchsgesetz darf der Bundesrat eine abweichende Meinung aufzeigen, kann aber vom Bundesrat überstimmt werden. Ob der Bundesrat überhaupt einbezogen wird, entscheidet der Bundespräsident. Endgültig und bindend ist am Ende das Bundesverfassungsgericht dafür zuständig.

So weit ist es aber noch nicht. Die Kommission muss den Vorschlag ja erst noch dem Ministerrat vorlegen. Das erfordert das erste „ja“. Vor Herbst 2016 wird es nach Ansicht einer Sprecherin im Bundeswirtschaftsministerium gar keinen Ratsbeschluss geben. Und danach setzen erst die Debatten in den nationalen Parlamenten ein. Vorausgesetzt, der Rat stimmt dem Kommissionsvorschlag zu. Ob CETA dadurch bereits am 23. September vorzeitig in Kraft treten kann, gilt als sehr unwahrscheinlich.

Lesestoff:

[1] Wer darf über CETA abstimmen?

Roland Krieg

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