Klima passt nicht ins Konzept

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Nur wenige feiern Doha als Minimalkompromiss

Der Ort in Katar versinnbildlicht schon die unendliche Welthandelsrunde, die seit dem Jahr 2001 vor allem den Entwicklungsländern eine gleichwertigere Partizipation im Welthandel sicher stellen sollte. Die Hauptstadt Doha ist seit dem Wochenende auch zum Synonym für eine neuerliches Drama einer Klimaverhandlungsrunde geworden, um vor allem eine Verlängerung des Kyoto-Protokolls zu finden.
Thüringens Umweltminister Jürgen Reinholz hatte noch am Samstag gemahnt: „Damit der Klimaschutz eine Chance hat, müssen Befindlichkeiten einzelner zugunsten einer globalen Lösung zurückstehen.“ Vor allem die EU wäre gut beraten, ein Signal für die Reduzierung der Treibhausgase zu setzen.
Es sind dutzende Papiere in Doha verabschiedet worden und nur die an- und abgereisten Politiker feiern einen gelungenen Kompromiss.

Heiße Luft in der Wüste

Der Nabu ist von den Ergebnissen enttäuscht. Es wurden keinerlei Beschlüsse getroffen, künftig weniger Treibhausgase zu produzieren. „Statt sich auf wirksame Maßnahmen zur Reduktion klimaschädlicher Emissionen zu verständigen, wurde in Doha viel heiße Luft produziert“, erklärte Nabu-Präsident Olaf Tschimpke. Beim Kyoto-Protokoll sei es lediglich um den Erhalt von überschüssigen Emissionsrechten gegangen. Das untergrabe die Integrität des angestrebten Abkommens für die Zeit nach 2020, wenn auch China und die USA beitreten sollen. Verhandlungen über den Erhalt von Kohlenstoffsenken, wie Regenwälder, Feuchtgebiete und Moore, wurden vertagt. Unwürdig sei die Rolle der EU gewesen, die sich nicht auf ein 30-Prozent-Reduktionsziel hat einigen können. Polen und Wirtschaftsminister Philipp Rösler haben den EU-Vorschlag blockiert.

Zwei-Grad-Ziel nicht mehr haltbar

Für Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND, glaubt nicht mehr an das Einhalten des Zwei-Grad-Zieles. Die Beschlüsse seien zu vage und es fehlen vor allem finanzielle Mittel gegen den Klimawandel. Eine große Mitschuld trage die EU, die sich von Polen hat in Geiselhaft nehmen lassen. Es gebe zwar eine zweite Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls, aber die Schlupflöcher seien viel zu groß. Emissionsrechte aus dem ersten Protokoll dürfen übernommen werden. Dem deutschen Abgesandten Umweltminister Peter Altmaier fehlte es an Rückendeckung der Kanzlerin. Die BUND-Klimaexpertin Ann-Kathrin Schneider ist auch von den Gastgebern enttäuscht. Die arabischen Staaten haben in Doha überhaupt keine Reduktionsziele eingehen wollen.

Übliche Bremserländer

Greenpeace hat mit den USA, Russland und China die „üblichen“ Bremserländer ausgemacht. Der Übertrag von 13 Milliarden Tonnen Kohlendioxid aus dem alten Protokoll entsprechen rund einem Drittel der jährlichen Emissionen. Die Ministerebene sei offenbar nicht für ein Abkommen ausreichend. Es sollten die Staats- und Regierungschef verhandeln, folgert Martin Kaiser, Klimapolitiker von Greenpeace. Kanzlerin Merkel stehe in der Pflicht bis zum EU-Rat im Märt 2013 den Koalitionsstreit um das 20-Prozent-Ziel zu lösen und Europa bei den nächsten Verhandlungen in Warschau in eine Führungsrolle zu bringen.

Neue Ära des Klimawandels

CARE Deutschland sieht durch die verfehlten Klimaabkommen eine neue Ära des Klimawandels, der bei einer Temperaturerhöhung von vier bis sechs Grad, Anpassungen für viele Menschen schon unmöglich macht. Vor allem die Industrieländer müssten bei den nächsten Verhandlungen zulegen, fordert Generalsekretär Karl-Otto Zentel.

Konferenzen boykottieren

Die endlose Reihe gescheiterter Verhandlungen und brüchiger Kompromisse, die bislang noch nie eine Kehrtwende eingeleitet haben, ärgern Hans-Josef Fell, energiepolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen maßlos. Faktisch alle Klimaschutzorganisationen beteiligten sich „noch an diesem unwürdigen und verantwortungslosen Handeln der Regierungskonferenzen“. Würden sie alle ihre Kraft in zahllose kleinteilige Klimaprojekte legen, käme der Klimaschutz schneller voran. Fell: „Jetzt gilt es, die nächsten UN-Klimakonferenzen zu boykottieren!“ Vor 2020 werden die erneuerbaren Energien viel preiswerter seien und selbst Polen und China zu engagierten Klimaschützern machen, so Fell.
Der Klimapolitiker glaubt auch nicht mehr daran, dass die Weltgemeinschaft jemals die 100 Milliarden US-Dollar jährlich gegen den Klimawandel bereithalten wird. Sinnvoller wäre es, angesichts der überschuldeten Haushalte die Subventionen für fossile Energien einzustellen.

Europa

Germanwatch setzt in dieser verfahrenen Situation auf die Europäer. Bis 2015, dem ersten Schritt des neuen Abkommens finden zwei von drei Verhandlungsrunden in Europa statt. 2015 wird es Paris sein. Da müsse Europa die Führungsrolle einnehmen, die sie in Doha verpatzt hat.

Deutschland

Frank Schwabe, klimaschutzpolitischer Sprecher der SPD: „Die Weltgemeinschaft hat fundamental missverstanden, worum es geht.“ In Europa sei der Schwarze Peter aber nicht allein den Polen zuzuschieben. Vor allem Deutschland habe mit seinen Teilnehmern eine „der schlechtesten Rollen jemals“ gespielt. Ein Auflisten der deutschen Haushaltsmittel für den Klimaschutz sei in Doha fehl am Platz gewesen und müsse noch überprüft werden, ob diese überhaupt in dieser Form zur Verfügung stehen.
Schwabe verteidigt aber das Format Klimakonferenz. Bei G8 und G20 müssten grundlegende Beschlüsse gefasst werden, aber das Format Weltklimakonferenz werde vor allem für die kleinen Länder gebraucht, die sonst nicht vertreten sind. „Ja, dass alljährliche Drama ist alles andere als schön, aber es muss sein“, so Schwabe.

Lesestoff:

Alle Papiere der Weltklimakonferenz finden Sie auf http://unfccc.int/2860.php#decisions

Roland Krieg

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