Konjunkturbericht Ernährungsindustrie
Handel
Ernährungsindustrie widersetzt sich dem rezessiven Trend
Der zweite Konjunkturbericht der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) zeigt zwar, dass die heimische Branche dem rezessiven Trend der umliegenden Länder widersteht, weist jedoch keine klaren Wachstumstendenzen auf.
Export gut, Binnenmarkt eher schwach
Ein Grund sei das langanhaltende Fehlen von Wachstumsimpulsen der Weltwirtschaft. Die Schulden- und Vertrauenskrise des Euro, die Finanzpolitik der USA, strukturelle Schwächen der Schwellenländer und verlangsamter Welthandel zeigen kein schnelles Ende. Licht am Horizont sieht die BVE, wenn 2013 die USA ihr Haushaltsdefizit in den Griff bekommen und die Schwellenländer wieder expandieren. Auf Deutschland schlagen die Nachrichten nicht voll durch, denn die Ernährungsbranche zeigt ein stabiles Exportaufkommen, das „von der hohen preislichen Wettbewerbsfähigkeit der Produkte profitiert.“ Brasilien, China und die Ukraine sind lohnende Märkte. Doch genau dort steigen gegen den Trend die staatlichen Subventionen für Agrargüter und erschweren daher den Marktzugang.
Zu Hause fließt das Geld spärlicher. Die privaten Konsumausgaben werden in diesem Jahr gerade einmal um ein Prozent wachsen, für das Jahr 2013 sind weitere 1,1 Prozent avisiert. Dabei könnte es mehr sein, denn die Arbeitslosenquote ist mit 6,8 Prozent auf stabilem Niedrigniveau und die Verbraucherpreise stiegen lediglich um zwei Prozent. Künftige Preissteigerungen werden nach Ansicht der BVE mehr durch steigende Rohstoffpreise, denn durch hohe Lohnkosten geprägt.
2012: Belebung nach Stagnation
Im zweiten Quartal hat die Ernährungsindustrie etwa 41,9 Milliarden Euro Umsatz gemacht. 11,9 Milliarden wurden im Export erzielt. Mit 1,3 Prozent stieg das Auslandsgeschäft stärker als das heimische Wachstum mit 0,9 Prozent. Real ging der Umsatz aber um 1,8 Prozent zurück und der April zeigte die größten Schwächen.
Erholung boten Juli und August. Alleine in den beiden Monaten erzielte die Branche 28,7 Milliarden Euro Umsatz. Für 8,4 Milliarden wurde exportiert.
Umsatzplus wurde meist durch Preissteigerungen erzielt. Gewinner in den Sommermonaten waren Obst und Gemüse. Die BVE geht davon aus, dass die EHEC-Krise überwunden ist.
Brauwirtschaft
Mit 40,4 Millionen Hektoliter haben die Brauereien fast genauso viel umgesetzt wie im Vorjahr. Der Trend zu Biermischgetränken hält an. In den ersten sechs Monaten wurden 2,3 Millionen Hektoliter, rund 12,4 Prozent mehr, abgesetzt. Erfrischungsgetränke auf Malzbasis, wie die Fassbrause, gehört zu den Gewinnern und wurden vermehrt in die Sortimente aufgenommen. Die Branche fühlt Belastungen durch die Energiewende und dem Anbau von Biomasse sowie durch fehlende Preisimpulse auf Grund des starken Wettbewerbs.
Eier und Geflügel
2012 hat die Geflügelwirtschaft stark belastet. Die Umstellung auf kostenintensivere Haltungssysteme muss sich noch immer gegen Käfigeier aus ausländischer Produktion durchsetzen. Die Branche ist stark von den Mischfutterpreisen abhängig und die sind in den ersten sechs Monaten um 20 Prozent gestiegen. Wetterbedingt muss die Geflügelfleischindustrie auf eine durchwachsene Grillsaison zurückblicken. Perspektivisch freut sich die Eierindustrie. Der Eierverbrauch wird vermutlich um zwei Eier pro Person auf 214 Eier im Jahr anwachsen.
Fleisch
Steigende Preise für Rind, Schwein und Geflügel haben die verarbeitende Fleischindustrie 2012 unter Druck gesetzt. Wer Würste herstellt, litt auch unter steigenden Preisen für Naturdärme. Höhere Abgabepreise beim Verbraucher oder im Handel hingegen haben sich nicht durchsetzen lassen, beklagt der Bundesverband der Deutschen Fleischwarenindustrie. Die Produktionsmenge ist in den ersten sechs Monaten um 1,7 Prozent auf 361.196 Tonnen Wurst ohne Schinken angestiegen. Auf Verbraucherseite werde sich das Preisniveau kaum ändern, aber sinkende Schlachtzahlen lassen für die Industrie steigende Preise für Wurst und Schinken erwarten.
Süßwaren
Saures findet die Süßwarenindustrie in ihren Bilanzen. Die ersten sechs Monate haben dem heimischen Absatz ein leichtes Minus von 0,3 Prozent beschert. Die Produktionsmenge fiel auf 1,82 Millionen Tonnen zurück. Ärger traf es die Exportmärkte. Hier ist ein Rückgang um sieben Prozent auf 777.000 Tonnen zu verzeichnen. Der Exportumsatz fiel um 0,9 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro, der Import hingegen stieg um 2,6 Prozent auf 550.000 Tonnen. Erschwerend kommt hinzu, dass der Zuckerpreis deutlich angestiegen ist und sich diese Aufwände nicht im Lebensmittelhandel unterbringen ließen. 2012 wurden erste Betriebsschließungen und Arbeitsplatzverluste beklagt.
Gewürze
Die Gewürzindustrie ist sehr stark mittelständisch geprägt und erzielt einen Umsatz von rund einer Milliarde Euro. Die Branche ist besonders abhängig von den weltweiten Wetterkapriolen. Steigende Rohstoffpreise sind 2012 durch einen schwachen Monsun in Indien, durch zu hohe Feuchtigkeit in Indonesien und weltweite Dürren entstanden. Bei Pfeffer behielt Hauptproduzent Vietnam die Ware für den Weltmarkt zurück, um noch höhere Preise zu erzielen, Der strenge Winter in der Türkei hat die Oregano- und Kreuzkümmelsaat geschädigt. Rund 40 Prozent der Anbaufläche sind ausgefallen. In Ägypten konkurrieren Basilikum und Majoran mit dem Weizenanbau, der auf gleicher Fläche doppelt so hohe Erlöse verspricht. Cumin aus Syrien wird derzeit gar nicht geliefert. Die deutschen Firmen müssen zudem mit der Nachfrage aus den BRIC-Ländern konkurrieren.
Milchindustrie
Der Milchmarkt ist von hoher Volatilität geprügt. Nach Angaben des Milchindustrieverbandes endete im Sommer 2012 eine zweijährige Expansionsphase, bei der hohen Milchmengen die Molkereien an den Rand der Produktionskapazitäten gebracht haben. Die Preise sind in der Zeit gesunken. Seit Sommer zeigen die Milchpreise steigende Tendenz. Während der ersten sieben Monate haben die Molkereien mehr Milchprodukte exportieren können. Magermilchpulver und Molkenpulver und in den Sommermonaten Käse waren gefragt, Butter und Butteröl gingen zurück.
Roland Krieg