Kühe zu verschenken

Handel

Runder Tisch anerkennt die Situation

Der Runde Tisch zur Lebensmittelkette hat am Dienstag ein vierseitiges Dokument hervorgebracht, doch zuvorderst nur schon bekannte und bereits beabsichtigte Handlungsfelder aufgeschrieben. Neues hätte auch wirklich überrascht, zumal einige Handlungsfelder auch erst noch mit der EU abgestimmt werden müssen, wie beispielsweise die Vor-Auszahlung der Direkthilfen. Und die saß nicht am Tisch.
Bei den Fördermöglichkeiten steht in Klammern „Angemeldet“, was der vom Berufsstand geäußerten Dramatik nicht entgegenkommt.
Zeit spielt bei der Politik keine Rolle, denn der Runde Tisch war nur der erste Auftakt zu weiteren Gesprächen: „Wir wollen diesen Prozess in Gruppen für einzelne Märkte vertiefen“, sagte Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner.
Zwei Maßnahmen sind jedoch ganz konkret: Zum einen die Einführung von „Hilfen in wirtschaftlicher Notlage (Insolvenz) für Landwirte“ mit Möglichkeiten zur Gewährung von Bürgschaften. Zum anderen will das Kabinett heute beschließen, dass mit der Änderung des Energiesteuergesetzes der Selbstbehalt je Betrieb beim Agrardiesel aufgehoben wird. Mit diesem ersten Schritt erhofft sich das Ministerium eine Entlastung beim Agrardiesel in Höhe von 125 Mio. Euro.

Hier können Sie das Ergebnis-Dokument als PDF-Datei einsehen.

Resonanzen
Dem Ergebnis gemäß hielten sich auch die Resonanzen auf das Papier in Grenzen.
Der Deutsche Bauernverband anerkennt, dass der Runde Tisch die Krisensituation der Bauern anerkannt hat und signalisiert vor diesem Hintergrund seine Bereitschaft, sich „an der Fortsetzung des Dialogs in den beschlossenen Arbeitsgruppen zu konkreten Umsetzungen der Ergebnisse des Runden Tisches zu beteiligen.“
Der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) forderte eine Gleichstellung aller Betriebe in Europa hinsichtlich der Auflagen für Umwelt- und Tierschutzkriterien. Es müssen überall die gleichen Wettbewerbsbedingungen herrschen und die Politik soll die Rahmenbedingungen dafür schaffen. Präsident Manfred Nüssel: „Gerade die genossenschaftlichen Unternehmen, insbesondere im Milchbereich, haben hier in den vergangenen Jahren sehr gute Arbeit geleistet und ihre Strukturen kontinuierlich den Erfordernissen des Marktes angepasst. Diese Arbeit muss erfolgreich fortgesetzt werden, um den Herausforderungen des globalen Marktes bestmöglich begegnen zu können. Unter diesen Voraussetzungen werden die Unternehmen die gegenwärtigen durch die Wirtschaftskrise verursachten Turbulenzen überwinden und gestärkt in die Zukunft gehen.“
Verlässliche Rahmenbedingungen forderte auch Kirsten Tackmann, agrarpolitische Sprecherin der Linken. Aber anders: „Ein ausschließlich selbst regulierender Agrarmarkt funktioniert nicht. Wir brauchen eine Kehrtwende und ein Umdenken in der Agrarpolitik. Ziel sei der Erhalt von Arbeitsplätzen in den Dörfern und kleinen Städten sowie eine umweltschonende Landnutzung im Interesse der gesamten Gesellschaft. Nahrungsmittel und Biomasse sollen auf die regionale Nachfrage orientiert sein, forderte Tackmann.

Milchbauern demonstrieren weiter
Heute werden in mehr als zehn europäischen Ländern Milchbauern des Europäischen Milchboards demonstrieren, darunter auch der Bundesverband der Deutschen Milchviehhalter (BDM). In Stuttgart und in Hannover ziehen ab 11:00 Uhr die BDM-Bauern vor die jeweiligen Landwirtschaftsministerien und wollen jeweils fünf Kühe an die Minister Ehlen (Niedersachsen) und Hauk (Baden-Württemberg) verschenken: „Wir können die Tiere bei diesen Milchpreisen nicht länger versorgen. Wenn ihr uns immer erzählt, dass das möglich wäre, dann macht das bitte selbst und zeigt uns, wie das geht.“ So lautet das Motto der Demonstration.

Sachsen beschließt Finanzhilfen
Am Dienstag hat das sächsische Kabinett grünes Licht für zinsverbilligte Betriebsmitteldarlehen für tierhaltende Betriebe gegeben. Die Sonderförderung geht auf Landwirtschaftsminister Frank Kupfer zurück, teilte das Ministerium mit. Bei Bedarf können die Mittel der Sächsischen Aufbaubank (SAB) auf bis zu 50 Millionen Euro verdoppelt werden. In den beiden kommenden Jahren werden die Kredite durch staatliche Mittel auf bis zu zwei Prozent abgesenkt. Betriebsmitteldarlehen sollen die Lücke bis zur Zahlung der Direktzahlungen Ende des Jahres überbrücken. Das ist neben dem Verkauf der Produkte ein Teil der betrieblichen einnahmen. „Angesichts der dramatischen Situation, in der sich viele landwirtschaftliche Betriebe befinden, bin ich dankbar für die Hilfe, die heute das Kabinett beschlossen hat“, sagte Kupfer. „Unsere Betriebe brauchen schnelle Unterstützung, nur so können wir die Arbeitsplätze im ländlichen Raum erhalten.“

Roland Krieg

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