„Lang lebe Europa“

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„Europa ist eine Geschichte der Generationen“

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen

Ursula von der Leyen ist ein Kind der EU-Gründerväter und gibt den Staffelstab an die nächste Generation weiter. „Europa ist eine Geschichte der Generationen“, sagte sie gleich zu Beginn der Vorstellung des EU-Konjunkturpaktes im EU-Parlament am Mittwoch in Brüssel. „Jede Generation hat ihre eigene Geschichte“ und unterteilte die bisherigen Phasen der EU in den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg, der Bildung von Wohlstand und Freiheit und dem Zusammenbringen der europäischen Familie, indem die Schwestern und Brüder nach der Wiedervereinigung  „aus der Kälte“ geholt wurden. Es war die Stunde der für Europa glühenden VDL, die kühne Sprünge der EU immer als die mit der größten Sicherheit bewarb. So muss die EU auch jetzt in der Pandemie die kritischen Hinterfragung des Bündnisses hinter sich lassen und will mit dem Konjunkturpaket „in einen kollektiven Aufschwung investieren, weil alle untereinander profitieren.“ Sie gab dem nächsten kühnen Sprung den Namen „Next Generation EU“.

Frisches Geld und frischer Schwung

Die Kommissionspräsidentin will 750 Milliarden Euro zusätzlich für den Wiederaufbau der Länder einplanen. Das Geld wird durch EU-Programme an die Länder verausgabt. 500 Milliarden Euro sollen als Zuschüsse und 250 als Kredite an die Länder fließen. Da Brüssel bereits ein 500-Milliarden-Paket geschnürt hat stehen schon 1,2 Billionen Euro für den Aufbau zur Verfügung. Dass die Länder sich auf einen Mehrjährigen Finanzrahmen von 1,1 Billionen Euro verständigen, steht für von der Leyen außer Frage. Damit stünden in den nächsten sieben Jahren insgesamt 2,3 Billionen Euro für 27 Länder zur Verfügung.

Die kaum vorstellbare Summe soll so ausgegeben werden, dass zwischen einer Krisenhilfe und einer Zukunftsinvestition nicht mehr unterschieden werden kann. Die EU will in widerstandsfähige Lieferketten, in ein stabiles Gesundheitssystem, Künstliche Intelligenz, Gebäudesanierung, neue Energien und in eine Präzisionslandwirtschaft investieren. Die Pakete unter dem Weihnachtsbaum der nächsten Generation werden von VDL gut ausgestattet sein.

Gerade jetzt kann die EU ihre besonderen Werte vermitteln, versprach von der Leyen Innerhalb der Union und weltweit. Das habe die EU immer gestärkt und kann die Zweifler an die Seite drängen. Denn in den zweifelnden Staaten stehen die Jüngeren weiterhin zur EU. Mit dem Ruf, Aufruf oder Bekenntnis und Kampfansange „Lang lebe Europa“, auch in französischer und englischer Sprache, beendete sie ihre Rede.

Der Geist Schumachers

Der Geist von Robert Schumann, dem Gründervater der EU schlechthin, ist zurück, sagte Manfred Weber, Vorsitzender der EVP. Heute gebe die EU eine klare Antwort auf die Krise. Einen Haken hat Weber allerdings ausgemacht. Die 750 Milliarden für die nächste Generation werden auf dem freien Kapitalmarkt gelöst. Das widerspreche zwar dem Wirtschaftsgeist, Weber sehe aber keine andere Alternative. Die Details, wofür das Geld ausgegeben wird, müsse der Rat beantworten. Das Paket sichere der EU, ihren Stellenwert bei der gerade laufenden Umverteilung der Weltwirtschaft, nicht zu verlieren. Für die Rückzahlung brauche es klare Regeln. Neben eigenen Einkommensmöglichkeiten wie Emissionssteuer oder einer Grenzabgabe für Kohlendioxid könnte die EU auch Steuern bei großen Digitalunternehmen einführen.

Ambitioniert

Die Vorsitzende der Sozialdemokraten Iratxe Garcia Pérez nennt das Paket „ambitioniert“. „Es lohnt sich, das europäische Projekt zu verteidigen“. Es gehe um die politische Union. Es sei nicht nur Solidarität. Mit Blick auf die so genannten „sparsamen Vier“ Schweden, die Niederlande, Österreich und Dänemark, sollten diese den Rat nicht blockieren dürfen und schlägt ein Abstimmungsverfahren vor, dass nicht mehr auf Einstimmigkeit, sondern auf eine qualifizierte Mehrheit fußt.

Dacian Ciolos von Renew (Liberale) will sicherstellen, dass mit dem Geld auch eine Konditionierung an Rechtsstaatlichkeit und europäische Werte gegeben ist. Ska Keller von den Grünen unterstreicht, dass die österreichischen Grünen ebenfalls hinter dem Vorschlag stehen. Sie forderte Weber auf, seinen Kollegen in Wien in einem persönlichen Gespräch zu überzeugen. Wer meine, er könne die Auswirkungen der Pandemie alleine bewältigen, habe bislang von der EU-Wirtschaftshilfe gut profitiert.

Manon Aubry von den europäischen Linken befürchtet, dass am Ende die gleichen Staaten von der Hilfe profitieren. Eigenmittel der EU werden nicht ausreichen und der nächsten Generation beschere Brüssel einen Schuldenberg. Die Zäsur gehe nicht weit genug und bräuchte mehr sozioökologische Parameter.

Parlament und Kommission

Neben dem Europaparlament und der Kommission muss jetzt noch der Europäische Rat zustimmen. Der Haushaltsausschuss im Europaparlament hat parallel auf die Dringlichkeit einer Einigung hingewiesen und will Klarheit über die Rückzahlung der Summe. Die Länder dürfen jedoch den Hilfsfonds gegen den Mehrjährigen Finanzrahmen ausspielen. Schon gar nicht schmälern. Der MFR umfasse weitergehende und langfristige Ziele. Schließlich will das Parlament bei der Mittelausgabe mitbestimmen.

Roland Krieg; Foto: Screenshot der Übertragung

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