Lockern USA die BSE-Vorschriften für EU-Rindfleisch?
Handel
EU-USA Rindfleisch-Streit soll 2013 teilweise beigelegt sein
Im Jahr 1988 hat die EU aus
Gründen des Verbraucherschutzes den Import von Fleisch, das mit
Wachstumshormonen erzeugt wurde verboten. Der Einsatz von Wachstumshormonen in
den USA und Kanada ist legal, was unweigerlich zu einem Handelsstreit führte,
der eskalierte. Die Nordamerikaner verhängten im Gegenzug Strafzölle gegen
Rind- und Schweinefleisch, aber auch Roquefort-Käse, Senf und Marmelade waren
betroffen. Sie erhielten die Erlaubnis durch die WTO, bei der beide gegen das
Importverbot von „Hormonfleisch“ geklagt hatten. Die EU beziffert ihren Schaden
durch die Strafzölle auf rund 117 Millionen US-Dollar und 11,3 Millionen
kanadischer Dollar.
Ab 2009 kam Bewegung in die
Diskussion, weil die USA weitere Strafzölle androhte. Letztlich hat das
Europäische Parlament die Kommission im letzten Jahr aufgefordert, den Streit
langfristig beizulegen. Langsam nähern sich die Märkte auf beiden Seiten des
Atlantiks an. USA und Kanada sollen auf ihre Strafzölle verzichten, während die
Europäer das Einfuhrkontingent hoch qualitativen Rindfleisches, das
nachweislich nicht mit Hormonen behandelt wurde, schrittweise erhöhen.
Gemäß der Verpflichtungen hat
die EU den Amerikanern ein Einfuhrkontingent in Höhe von 20.000 Tonnen
Rindfleisch und den Kanadiern in Höhe von 1.500 Tonnen zugesichert. Dazu muss
die Verordnung EG 617/2009 geändert werden. Sowohl die USA als auch Kanada
haben ihre Verpflichtungen bereits erfüllt und im letzten Jahr alle
Strafmaßnahmen ausgesetzt.
Quoten rauf
Am Dienstagabend hat das Europaparlament in Straßburg über die Verordnung beraten, um heute die Abstimmung durchzuführen. Im Kern soll dann in einer zweiten Phase das amerikanische Kontingent hormonfreien Fleischs auf 45.000 Tonnen erhöht werden. Die Kanadier dürften dann 3.200 Tonnen nach Europa exportieren. Da die Strafzölle bereits abgeschafft wurden, obliegt es nun den Europäern der Situation einen zweiten „win“-Faktor durch die Annahme der Verordnung hinzuzufügen. Die Nichteinhaltung des Vertrages würde „äußerst nachteilige politische Folgen“ für die EU nach sich ziehen und die transatlantischen Beziehungen beeinträchtigen, heißt es im EU-Bericht. Die EU muss bis spätestens zum 01. August 2012 ihre Maßnahmen eingeleitet haben.
Kompromiss
Die deutsche Berichterstatterin
Godelieve Quisthoudt-Rowohl aus dem Handelsausschuss fasst die Vorteile
zusammen. Diese Handelsvereinbarungen ermöglichen es der EU, an ihrem
Einfuhrverbot für Fleisch und Fleischwaren von hormonbehandelten Tieren
aufrecht zu erhalten. Die Handelserleichterungen für die Exporteure nach
Nordamerika sind erheblich. Am meisten würden die Italiener mit 99 Millionen
US-Dollar profitieren, die Polen mit 25 Millionen. Griechenland und Irland
könnten Waren für jeweils 24 Millionen Dollar zusätzlichem Wert verkaufen und
deutschland würde wie Frankreich mit einem Handelsplus in Höhe von 19 Millionen
Dollar abschließen.
Die Mengen, die aus Nordamerika
in die EU kommen werden kaum Effekte auf den Fleischmarkt haben. Die insgesamt
48.300 Tonnen machen nur 0,36 Prozent des europäischen Rind- und
Kalbfleischmarktes aus. Im EU-Handelsausschuss wurde die Verordnung mit nur
einer Gegenstimme im Dezember 2011 angenommen.
Als nächstes das BSE-Thema?
Die Aussprache im Parlament
zeigte keine Gegenstimme, sondern wegen der Vielfalt an guten Argumenten eine
breite Übereinstimmung, so dass die Verordnung heute angenommen werden wird.
Godelieve Quisthoudt-Rowohl
verkündete, dass die Amerikaner das Thema BSE am 09. März in ihre Draft Rule
aufgenommen haben. Das ist der Beginn einer Konsultationsreihe, um gleich das
nächste Thema anzugehen. Seit BSE darf die EU kein Rind- und Kalbfleisch in die
USA exportieren, was nach wissenschaftlichen Erkenntnissen keine Gefahr mehr
darstellt, unterstrich EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos. Mit dem Normvorschlag
im amerikanischen Landwirtschaftsministerium hoffe er nun auch auf einen
gütlichen Abschluss auch dieses Themas.
Dazu muss jedoch nicht erst die
Verordnung über die Fleischquoten aus Nordamerika in Kraft gesetzt werden. Was
die Amerikaner nach der irischen Christdemokratin Mairead McGuinnes aus dem Agrarausschuss
des EU-Parlaments auch stört, ist die Behandlung des Schlachtkörpers mit
Milchsäure. Außerdem müsse die EU mit Russland verhandeln, um die wegen des Schmallenbergvirus
geschlossenen Handelsgrenzen wieder zu öffnen.
Zumindest wegen der
Schlachtkörperbehandlung habe die EU nach Ciolos gute Karten in den Händen und
verwies auf die Expertisen der Europäischen Lebensmittelbehörde, die Milchsäure
als Dekontamination von Schlachtkörpern gegen beispielsweise Salmonellen
erlaubt. Die Amerikaner stören sich daran.
Ciolos verwies zudem auf die
derzeit guten Handelsbeziehungen zwischen den USA und der EU. Erst zur Biofach
haben beide beschlossen, die gegenseitigen Bio-Zertifizierungen anzuerkennen.
Lesestoff:
EU und USA anerkennen ihre
Bio-Zertifikate
Roland Krieg