Macht Haribo die Kinder wirklich froh?

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Endspurt bei den ?Health Claims?

> Die EU-Kommission hat im Juni 2003 einen umfangreichen Verordnungsentwurf für nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben bei Lebensmitteln erstellt. Die beiden Schlüsselartikel 4 und 11 sollen mit Beschluss von April 2005 wieder gestrichen werden. Aktuell steht das Paket zur Beratung an und soll im kommenden Juni vom Rat der Europäischen Union entschieden werden.

Um was geht es?
Die Mehrheit der Mütter und Kinder von 10 bis 18 Jahren glaubt daran, dass Nutella viele Vitamine und Kinderschokolade deshalb gesund ist, weil sie Milch enthält. Diese ?Geschmacksverbildung? stellte letzte Woche Prof. Dr. Uta Meier-Gräwe von der Universität Giessen bei der Vorstellung der Rahmenkriterien für die Schulverpflegung vor. Die Betroffenen dürfen ein wenig in Schutz genommen werden, denn fast kein Lebensmittel kommt im allgemeinen Fitnesstrend ohne Aussagen aus, es wäre gut für den Kreislauf, es ist ohne Fett und schon alleine daher gesund oder es stärke das Immunsystem. Werbung ist suggestiv und eine Dauerberieselung bleibt nicht ohne Wirkung.
Aber: Prof. Dr. Edda Müller, Vorstand Verbraucherzentrale Bundesverband, stellt klar: ?Durch den Zusatz von Vitaminen aus einer Kalorienbombe ein Fitnessprodukt zu machen, darf nicht länger erlaubt sein. Es geht nicht um ein Werbe- oder Produktverbot. Es geht lediglich darum, dass Aussagen auf Lebensmitteln der Wahrheit entsprechen.?
Die Lebensmittelindustrie sieht in dem Entwurf über die so genannten ?Health Claims? eine Entmündigung des Bürgers. Er wisse, dass zu viel Süßes ungesund ist. Es bleibt aber die Frage, ob er es auch wirklich erkennen kann. Die Verbraucherzentrale sieht die Verantwortung über den Einkauf und Verzehr nach wie vor beim Verbraucher. Daher gelte das Verbot auch nur für Kinderlebensmittel, süße Getränke und Snacks. Produkte, die wirklich ?fit? machen, sollen auch so beworben werden dürfen. Die Europäische Lebensmittelbehörde soll eine Liste mit zulässigen Angaben erstellen, ?die die Rolle eines Nährstoffes oder einer anderen Substanz für Wachstum, Entwicklung und normale physiologische Funktionen des Körpers beschreiben?, so die Verbraucherschützer. Diese Positivliste ist eine Forderungen an die Mitglieder des EU-Parlaments und der Bundesregierung. Kinderlebensmittel mit einem ungünstigen Nährwertprofil sollen des weiteren keine nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben erhalten.

Artikel 4 und 11
Der Artikel 4, der gestrichen werden soll, beinhaltet die Forderung, dass innerhalb von 18 Monaten spezifische Nährwertprofile erstellt werden sollen, bei deren Einhaltung Gesundheitsangaben erlaubt sein dürfen. Im Fadenkreuz stehen die Fette, gesättigten Fette, trans-Fettsäuren, Zucker, Salz sowie Natrium. Die Nährwertprofile stützen sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse. Getränke mit mehr als 1,2 Volumenprozent Alkohol dürfen auch keine gesundheitsbezogenen Angaben tragen.
Artikel 11 beschreibt welche Angaben nicht mehr zugelassen werden dürfen. Darunter fallen allgemeine Angaben über Nährstoffvorteile auf die allgemeine Gesundheit; Angaben, die sich auf psychische Funktionen beziehen; Angaben, die schlankmachende oder gewichstreduzierende Eigenschaften aufweisen und Angaben, die sich auf Ärzte stützen, das der Verzicht auf das Lebensmittel die Gesundheit beeinträchtigen kann.

Haribo macht weiter froh
Angesichts des immer komplizierter werdenden Marktes und der Informationsüberladung des Konsumenten sind die Health Claims durchaus eine sinnvolle Regelung. Da tröstet auch die Verbraucherzentrale: Werbeslogans, die auch mittlerweile bereits in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen sind, bleiben dem Konsumenten erhalten. Ernsthaft glaubt wohl niemand, dass bestimmte Getränke Flügel verleihen ? oder?

roRo

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