Märkte 2010 und Ausblick 2011
Handel
DBV analysiert zum Jahresende die Agrarmärkte
Das Jahr 2010 war für viele deutsche Bauern ein äußerst turbulentes Jahr, das jedoch mit zuversichtlichen Prognosen für 2011 endet. Anfangs noch hatte die Finanz- und Wirtschaftskrise auf die Preis- und Erlössituation in den Agrarmärkten und Betrieben voll durchgeschlagen. Im Verlauf des Jahres erreichte der Aufschwung dann aber auch die Landwirtschaft. Auf fast allen Agrarmärkten haben sich die Preise verbessert. Wie sahen die wirtschaftlichen Entwicklungen in den einzelnen Agrarbranchen aus, welche Prognosen gibt es? Der Deutsche Bauernverband (DBV) zieht eine Bilanz und gibt Ausblick auf 2011.
Milch
Die Lage am Milchmarkt hat sich 2010 für die deutschen
Milchbauern nach einer katastrophalen Lage in 2009 entspannt. Die weltweite
Nachfrage nach Milch und Milchprodukten verbesserte sich in 2010 deutlich.
Damit stiegen auch die Preise bei Milchprodukten und mit ihnen auch die
Milcherzeugerpreise. Im Jahresmittel für 2010 ist mit einem Milcherzeugerpreis
von 29 bis 30 Cent je Kilogramm zu rechnen. Im Oktober erreichten die
Milcherzeugerpreise ihr Jahreshoch mit fast 33 Cent je Kilogramm (3,7 Prozent
Fett und 3,4 Prozent Eiweiß). Das waren rund 32 Prozent mehr als vor 12
Monaten. Aufgrund der gestiegenen Betriebsmittelkosten für Futter- und Energie
konnte sich die Gewinnsituation für die Milchbauern trotz des höheren
Milchgeldes nur leicht verbessern.
Zur Entspannung der Lage am Milchmarkt haben nicht nur
die ausländischen Märkte beigetragen, ebenso zog am europäischen und deutschen
Markt die Nachfrage an. Mit dem Anreiz steigender Erzeugerpreise nahm auch die
Milchproduktion in Deutschland und Europa wieder zu.
Durch die verbesserte Marktsituation wurden die in der
Milchkrise eingelagerten Bestände an Butter und Magermilchpulver ab Mitte des
Jahres 2010 aus den Interventionslagern verkauft. Im Dezember 2010 waren nur
noch kleine Mengen Butter in der privaten Lagerhaltung vorhanden. Bei
Magermilchpulver stellte sich die Situation etwas schwieriger dar. Aber nach
zögerlichem Start war der Markt aufnahmefähig. Größere Mengen werden jedoch im
Rahmen des Programms für Bedürftige zurückgehalten und in den kommenden Wochen
ausgelagert.
Der schwache Euro unterstützt den Export von
Milchprodukten in Drittländer, worunter weiterhin Russland, Länder in
Nordafrika, aber auch China und Wachstumsländer in Südostasien zählen. Somit
wird trotz steigender deutscher und europäischer Milcherzeugung zu Beginn des
Jahres 2011 ein stabiler Markt erwartet. Mit Preisschwankungen ist auf dem
Milchmarkt aber weiter zu rechnen.
Schweinemarkt
Mit gut 58 Millionen Schweineschlachtungen wurde 2010 nach 2009 wiederum ein neuer Rekord erreicht. Die Erzeugerpreise blieben sowohl für Schlachtschweine als auch für Ferkel knapp unter dem Vorjahresniveau. Spürbar belasten die stark gestiegenen Futtermittelpreise die schweinehaltenden Betriebe. Die Futterkosten je Schwein haben sich im Vergleich zum Vorjahr umgerechnet um 16 bis 17 Euro verteuert. In Deutschland ist der Schweinefleischverbrauch auf gut 54 Kilogramm pro Kopf angestiegen, der Selbstversorgungsgrad liegt bei 111 Prozent. Damit wird mittlerweile ein Drittel der deutschen Schweinefleischproduktion exportiert, zum größten Teil in die EU-Mitgliedstaaten. Auch Russland hat mehr Schweinefleisch nachgefragt. Für das Jahr 2011 geht man von einer Steigerung der EU-Schweineproduktion aus. Produktionssteigerungen werden insbesondere in Polen und dem Vereinigten Königreich, aber auch Deutschland und den Niederlanden erwartet.
Rindfleischmarkt
Nach den Tiefpreisen in 2009 bewegten sich die Erzeugerpreise für Jungbullen seit Mitte 2010 auf ein Rekordniveau zu. Diese Tendenz hat sich in den Wintermonaten weiter verfestigt, zumal in einigen Regionen das Jungbullenaufkommen knapp bis klein ist. Eine Verbesserung der Preise ist in allen EU-Mitgliedstaaten zu verzeichnen, obwohl der Rinderbestand EU-weit in 2010 gegenüber dem Vorjahr nahezu unverändert (-0,5 Prozent) geblieben ist. Ein deutliches Plus verzeichneten die EU-Ausfuhren von Rindfleisch (Russland, Schweiz, Kroatien). Die Exporte von Rindfleisch lagen in diesem Jahr erstmals seit einigen Jahren wieder über dem Niveau der Importe. Seit Herbst 2010 wurde mit der Türkei ein neuer Markt für größere Rindfleischexporte erschlossen. Auch künftig werden weitere Exportchancen gesehen. Für das kommende Jahr wird sowohl EU-weit als auch in Deutschland mit moderat steigenden Erzeugerpreisen gerechnet. Dies hat langfristig auch einen Anstieg der Verbraucherpreise zur Folge.
Getreide- und Ölsaatenmarkt
Das vergangene Jahr war für die deutschen
Ackerbaubetriebe nach 2009 schon das zweite schwierige Jahr in Folge. Extreme
Witterungs- und Erntebedingungen führten zu Mindererträgen und teils
erheblichen Qualitätsverlusten bei den Brotgetreidearten. Die Tiefststände der
Erzeugerpreise aus dem Jahr 2009 wurden jedoch überwunden.
Nach den vorläufigen Ergebnissen wurden im Jahr 2010 in
Deutschland insgesamt 44,3 Millionen Tonnen Getreide geerntet. Im Vergleich zum
Vorjahresergebnis ist die diesjährige Ernte damit gut 11 Prozent und gegenüber
dem mehrjährigen Durchschnitt von 2004 bis 2009 gut 4 Prozent geringer
ausgefallen. Zurückzuführen ist dieser Rückgang auf die geringeren Hektarerträge
von 6,67 Tonnen pro Hektar (- 7 Prozent gegenüber 2009). Zudem haben die
Ackerbauern aufgrund der niedrigen Erzeugerpreise von 2009 die Anbaufläche um 4
Prozent auf 6,7 Millionen Hektar verringert.
Die Getreidepreise haben sich dagegen für die
Ackerbauern im Verlauf des Jahres 2010 positiv entwickelt. Vor allem seit der
Jahresmitte setzte ein deutlicher Aufwärtstrend ein. Zusätzliche Impulse nach
oben erhielten die Erzeugerpreise durch das geringere Angebot an Brotweizen und
durch den von Russland verhängten Exportstopp für Getreide. Aktuell bewegen
sich die Weizen-Notierungen für den Januar-Termin an der Matif Paris bei 238
Euro pro Tonne. Bei den Rapskursen kam es nach den Preisanstiegen der
vergangenen Tage und dem jüngsten Hoch von 483 Euro pro Tonne zu leichten
Korrekturen.
Auf die Erlössituation der landwirtschaftlichen
Betriebe werden sich die Steigerungen der Erzeugerpreise nur teilweise
auswirken. Denn Teile der Ernte 2010 sind bereits im Frühjahr über Vorkontrakte
zu erheblich niedrigeren Preisen vermarktet worden. Ferner wiesen große Mengen
Weizen lediglich Futterqualität auf und mussten daher ebenfalls zu geringeren
Preisen abgegeben werden. Auch die seit einiger Zeit wieder steigenden
Düngemittelpreise wirken sich negativ auf die Liquidität der Betriebe aus. Die
deutlich gestiegenen Erzeugerpreise werden sich jedoch in den für die Ernte
2011 abgeschlossenen bzw. noch abzuschließenden Vorkontrakten widerspiegeln.
Mit Blick auf die Ernte 2011 wird aufgrund der
schwierigen Aussaatbedingungen allgemein ein deutlicher Rückgang der
Rapsanbaufläche erwartet, gegenwärtige Schätzungen gehen von 1,45 Millionen
Hektar Winterraps aus. Zu rechnen ist auch mit einer zugunsten des
Winterweizens und der Sommerungen verringerten Anbaufläche der Wintergerste. Da
die Aussaat von Wintergetreide aufgrund der Witterungsverhältnisse teilweise
recht spät und bei zu nassen Bodenverhältnissen erfolgte, haben sich die
Bestände, vor allem der Winterraps, nur zögerlich entwickelt. Erschwerend kam
der frühe erste Schnee hinzu. Es bleibt auch abzuwarten, wie die Bestände aus
dem Winter kommen. Sollte die verzögerte Entwicklung nicht durch günstige
Witterungsbedingungen im Frühjahr aufgeholt werden, ist in 2011 mit einem
späteren Erntebeginn zu rechnen. Damit wäre dann wohl auch von niedrigen
Lagerbeständen zu Beginn der Ernte 2011 auszugehen.
Kartoffeln
Wie auf alle anderen Kulturen hatten die
Witterungsbedingungen in 2010 auch einen deutlich negativen Einfluss auf die
Kartoffelernte. Hinzu kam mit rund 255.000 Hektar eine historisch niedrige
Anbaufläche. Der Flächenrückgang ist hauptsächlich dem Stärkekartoffelbereich
zuzuordnen. Mit einer Gesamternte von 9,5 Millionen Tonnen liegt die Erntemenge
deutlich unter dem guten Ergebnis des Vorjahrs, in einigen Regionen betragen
die Einbußen sogar bis zu 20 Prozent. Die Kartoffelpreise lagen dagegen
deutlich über denen des Vorjahres und glichen damit die Ertragsverluste
teilweise aus. Diese Entwicklung wird sich für das erste Halbjahr 2011
voraussichtlich fortsetzen. So werden im Speisekartoffelbereich weiterhin recht
stabile Preise erwartet.
Die Entwicklung ab Mai/Juni 2011 hängt von den
Wachstumsbedingungen im nächsten Frühjahr und auch von den Flächen- und
Anbauentwicklungen in wichtigen Importländern ab. Im Bereich des
Vertragskartoffelanbaus geben die Verarbeiter jetzt erste Preisvorstellungen
für die Verträge in 2011 bekannt, die trotz der stabilen Entwicklungen auf den
Agrarmärkten noch deutlich unter denen der Kartoffelanbauer liegen. Aufgrund
der Deckung der Vollkosten sind die Verarbeiter aber gefordert, die Preise in
den kommenden Verhandlungsphasen nachhaltig auf ein für die Erzeuger
akzeptables Niveau anzuheben.
Eiermarkt
Der Anteil der Legehennenhaltung im Freiland und in Ökobetrieben ist annähernd gleich geblieben. Knapp ein Jahr nach dem Verbot der Käfighaltung ist in Deutschland die Umstellung zugunsten der Bodenhaltung erfolgt. Eier aus der Kleingruppenhaltung müssen weiterhin mit der 3 für Käfighaltung gekennzeichnet werden und wurden vom Handel überwiegend nicht mehr gelistet. In Deutschland wurde in 2010 ein massiver Rückgang von etwa 12 Prozent bei der Eiererzeugung verzeichnet, gleichzeitig stiegen die Importe um rund 50 Prozent. Insbesondere die Niederlande und Polen steigerten ihren Anteil am deutschen Import aufgrund der Anzahl der Bruteier und des Kükenschlupfs. Im kommenden Jahr ist in Deutschland mit einer steigenden Eierproduktion zu rechnen. Da einige EU-Länder (u.a. Spanien und Polen) bislang die Umstellung der Ende 2011 EU-weit auslaufenden Käfighaltung recht unzureichend vorgenommen haben, bleibt abzuwarten, ob Deutschland diese frei werdenden Marktanteile gewinnen kann.
Geflügelfleischmarkt
Auch in 2010 ist die Hähnchenfleischerzeugung wieder gestiegen. Das leichte Nachfrageplus konnte aber nicht im gleichen Umfang gewinnen, so dass der Selbstversorgungsgrad annähernd bei 100 Prozent liegt. Bevorzugt wird insbesondere frische Ware. Aufgrund der stagnierenden Erzeugerpreise konnten die steigenden Futterkosten nicht kompensiert werden. EU-weit ist im kommenden Jahr bei steigenden Exporten nur mit einem geringen Produktionszuwachs zu rechnen. Auf dem Markt von Putenfleisch ist keine Produktionsausdehnung zu erwarten. Die Preise verhalten sich weniger volatil, orientieren sich aber am Hähnchenfleischmarkt. Das Preisniveau ist mittlerweile sowohl bei Hähnchen- wie Putenschnitzel annähernd gleich mit dem von Schweineschnitzel.
Obst und Gemüse
Die Vermarktung von heimischem Kernobst läuft
reibungslos und es zeichnet sich ab, dass die Erzeugerpreise weiter anziehen
werden. Grund dafür ist eine deutlich geringere Ernte im Jahr 2010. Da
insgesamt auch in Europa deutlich weniger Äpfel geerntet wurden und die
Lagerbestände niedriger liegen als im Vorjahr, ist davon auszugehen, dass es
für die Ernte 2011 – anders als in 2010 – keinen Überhang aus der Vorernte
geben wird.
Beim Gemüse ist für 2011 insgesamt von einer sehr guten
Marktversorgung auszugehen. Die Marktaussichten sind zufrieden stellend bis
verhalten positiv. Dafür sprechen normale Bestände an Weiß- und Rotkohl sowie Möhren,
bei niedrigeren Erntemengen bei Chinakohl und Zwiebeln. Die Preise für alle
Gemüse liegen deutlich über den katastrophal niedrigen Vorjahrespreisen, was
auch für 2011 prognostiziert wird.
Biomarkt
Der Bio-Markt hat 2010 wieder Fahrt aufgenommen und dürfte
nach ersten Schätzungen wieder Wachstumsraten zwischen drei und fünf Prozent
erreichen. Der Umsatz betrug rund 5,8 Milliarden Euro, etwa 3,4 Prozent des
gesamten deutschen Umsatzes mit Lebensmitteln. Das Umsatzwachstum generiert
sich dabei stärker über das Mengenwachstum, denn im ersten Halbjahr 2010 waren
die Preise teilweise gesunken. Weiterhin holen verarbeitete Produkte gegenüber
dem Frischesegment auf. Mit der kleinen Ernte 2010 bei Getreide, vielen
Gemüsearten und Kartoffeln hat sich der Bio-Markt im zweiten Halbjahr von einem
Angebots- zu einem Nachfragemarkt entwickelt.
Die Ernten vieler pflanzlicher Produkte sind 2010
kleiner ausgefallen, so dass zumindest bis zur neuen Ernte 2011 weniger Brot-
und Futtergetreide, Lagergemüse, Kartoffeln sowie Äpfel zur Verfügung stehen.
Preissteigerungen können die kleineren Mengen aber kompensieren. Dagegen dürfte
die Erzeugung bei allen tierischen Produkten weiterhin zunehmen, wobei die
hohen Investitionskosten zumindest bei der Geflügel- und Schweinehaltung einer
schnellen Ausweitung im Weg stehen.
DBV