Marokko - Partner mit Zukunft

Handel

Maroc: Ein Versprechen kehrt zurück

In den 1970er Jahren lagen Mandarinen und Orangen mit der schwarzen Raute und der gelben Aufschrift unter dem Weihnachtsbaum und brachten die Sonne Afrikas ins winterliche Deutschland. Wer Zitrusfrüchte aus Marokko kaufte, erwarb Qualität.

In Deutschland durchgehandelt
Die Nachfrage war so gut, dass der deutsche Großhandel nach wöchentlichem Fahrplan, feste Handelslinien von Agadir nach Bremen einrichtete. Europa begann sich aber in den 1980er und 90er Jahren mit hohen Referenzpreisen einzumauern und der deutsche Großhandel lieferte das Obst lieber direkt nach Polen und vor allem Russland weiter, als es in die deutschen Regale zu stellen.
Die Marokkaner sind aber auch selbstkritisch. Abderrazak Mouisset, Präsident der Vereinigung marokkanischer Fruchtexporteure gibt zu, dass sich die Exporteure nicht genug um den deutschen Markt gekümmert hatten. „Wir haben die Ware mehr evakuiert als exportiert“, gestand er in Berlin.

Den Handel verwurzeln
Marokko verlor seine Marktanteile an die spanische Ware. Und setzt jetzt zum Sprung an, sich diese zurück zu erobern. Ein langer Weg, aber das Handelsforum des Fruchthandel Magazin zur Fruit Logistica zeigt, dass es funktionieren kann: Beim Thema „Marokko – Ein Partner mit Zukunft“ trafen sich die alten Handelspartner von vor 20 Jahren wieder.
Das Land aus dem Maghreb konnte in der jüngsten Vergangenheit mit Paprika punkten, die weniger Pestizidrückstände aufweisen. Als Partnerland der Fruchtmesse nutzt Marokko mit einem großen Stand und 35 Exporteuren, seine Angebotspalette zu präsentieren.
Mouisset sieht aber im Handel von Obst und Gemüse mehr als nur den MarocDialog zwischen Handelspartnern. Die Exporteursvereinigung hat in der Vergangenheit die Klischees überwunden, die gegen die Arbeitsbedingungen in seinem Land bestanden, sagte er. Das ist Voraussetzung, um mit der EU auf Augenhöhe zu verhandeln. Mouisset will die „Verwurzelung des marokkanischen Handels mit der EU fördern, um Freundschaft und Frieden zu sichern“.
Einige Produkte reisen schon ohne Zollabgaben in die EU. Bis 2012 soll eine Freihandelszone eingerichtet sein. Saad Benchakroune, Manager der Kontrollagentur EACCE, baut seit geraumer Zeit Qualitätsmanagementsysteme im Land auf, die im letzten Jahr von der EU geprüft und für gut befunden wurden. Bereits 45 Prozent des gehandelten Gemüses entspricht den europäischen Qualitätsnormen. Zur Überwachung wurden in Marokko 21 regionale Kontrollämter und sieben Prüflabore aufgebaut. Im letzten Jahr wurde das Pilotprojekt zum Aufbau interner Kontrollen erfolgreich abgeschlossen und in den nächsten Jahren sollen rund 80 Prozent der Exportfrüchte durch die Exporteure selbst kontrolliert werden.
Die Chancen für die marokkanischen Produkte, wieder Fuß in Deutschland zu fassen, stehen gut. Zur Erleichterung will Mouisset erreichen, dass die schwarze Raute mit der gelben Schrift verbindlich durch den Staat auf die Exportprodukte geklebt wird. Diese Marke ist den deutschen Verbrauchern noch in guter Erinnerung.

Kleinstrukturierte Betriebe
Marokko liegt zwischen Atlantik, Mittelmeer und der Wüste. Die klimatischen Bedingungen für den Anbau von Obst und Gemüse sind gut. Von den 8,7 Millionen Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche werden 4,8 Mio. ha für Getreide genutzt, 1,3 Mio. Hektar für Obst und Gemüse. Je nach Ernteverlauf stellt die Landwirtschaft zwischen 15 und 20 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Rund die Hälfte der Marokkaner arbeitet in der Landwirtschaft, auf dem Land sind es 80 Prozent. Die Wertschöpfung umfasst 6.6 Milliarden Euro. 53 Prozent der Betriebe sind allerdings noch kleiner als drei Hektar.
Samir Tazi, Vizepräsident der Exporteursvereinigung, benennt die Herausforderungen seines Landes. Die Wasserpolitik, der Umweltschutz und der Ausbau der Logistik sind verbesserungswürdig. Der Transport innerhalb des Landes soll vermehrt von der Straße auf die Schiene gesetzt, die Treibhausgasemissionen und der Pestizideinsatz sollen reduziert werden.
Besondere Chancen sieht er in der Ausweitung der Handelspalette um Beeren, Gewürze und Heilkräuter.

10 Millionen Tonnen Obst und Gemüse
Mit durchschnittlich 10 Millionen Tonnen Obst und Gemüse erntet Marokko mehr als doppelt so viel wie Deutschland. Sechs Mio. t davon sind Gemüse. Der größte Fruchtbereich sind mit 1,3 Mio. t die Zitrusfrüchte. Die EU ist mit 72 Prozent der wichtigste Abnehmer der Ware. Das meiste geht nach Frankreich. Nur drei Prozent gelangen in deutsche Regale. 2006 wurden insgesamt 13 Mio. t exportiert.
In den letzten 20 Jahren wurde der Unterglasanbau erheblich ausgeweitet. Gab es in den 1980er Jahren nur 10 Hektar Gewächshäuser, so sind es derzeit mehr als 17.000 ha. Marokko kann so außerhalb der europäischen Saison den nahen Markt mit frischen Produkten beliefern. Während die ersten Treibhäuser noch aus Holz gewesen sind, fördert die Regierung in Marokko den Neubau von Metallbauten. Damit kann das Obst und Gemüse besser klimatisiert werden und Insekten haben weniger Einnistmöglichkeiten.
Eine Schlüsseltechnologie der Agrarentwicklung ist die Bewässerungstechnik. In Gartenbaugroßbetrieben wurde die Tröpfchenbewässerung bereits 1977 eingeführt. Heute umfasst die mikro-bewässerte Fläche rund 150.000 ha.
Zitrusfrüchte sind der größte Exportschlager des nordafrikanischen Landes. Bis 2012, so der Plan, soll die Produktion auf 1,85 Mio. t ausgedehnt werden.

Spargel und Bioanbau
Seit 1986 gibt es in der Region um Marrakesch biologischen Olivenbaumanbau. Die ersten Versuche waren so erfolgreich, dass der Ökoanbau mittlerweile auf acht weitere Regionen ausgedehnt wurde und über 40 Obst- und Gemüsesorten im Angebot sind. Die Potenziale der Bioanbauer sind kleine Familienbetriebe mit traditionellem Fachwissen. Zertifiziert werden die Produkte unter anderem von Ecocert und Qualité France.
Nur in Marokko gibt es das Arganöl, das von 20 Millionen Arganbäumen auf 800.000 Hektar gewonnen wird.
Spargel wurde zwar bereits 1978 als Fruchtwechselkultur in Marokko eingeführt, doch erst in jüngster Zeit gelangt marokkanischer Spargel in den europäischen Handel. 1994 wurden die ersten Stangen in Kühllastern nach Europa gebracht. In der Kampagne 2006/07 waren es 1.500 Tonnen. Geerntet wird in Marokko bereits Anfang Februar. Hier können die Händler auch die höchsten Preise erzielen.

Lesestoff:
Die Monatszeitschrift Agriculture di Maghreb hat zur Fruit Logistica eine Sonderausgabe in englischer und deutscher Sprache herausgebracht: agriculturemaghreb@yahoo.fr

Roland Krieg

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