Meckern gegen Lockvogelangebote

Handel

VZ NRW bietet „Werbepranger“

Umfangreiches Werbematerial landet in den Briefkästen und steckt in den Zeitungen. Die Botschaften sind bunt und versprechen vor allem eines: den niedrigsten Preis. Wer ist nicht schon einmal losgelaufen und wollte sich Laptop oder Kaffee sichern, die wirklich günstig erscheinen? Aber die Ware ist nicht da. Oder nicht mehr. Oder sie war niemals dort gewesen und die Angebote dienten nur dem einen Zweck, den Kunden in den Laden zu locken?

Der rechtliche Rahmen
Im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) müssen Sonderangebote so lange vorrätig sein, das sie die zu erwartende Nachfrage abdecken. In der Regel gelten zwei Tage ab Erscheinen der Werbung als ausreichend. Andernfalls hat das Geschäft ein so genanntes „Lockvogelangebot“ gemacht und kann wegen „Irreführung“ belangt werden. Denn der Kunde läuft Gefahr, dass er, einmal im Geschäft, etwas anderes kauft, als eigentlich gewollt.

„Szenen wie beim American Football: Man wirft sich auf die Ware und sichert sie mit dem Körper. Beim Versuch, den ergatterten Laptop abzutransportieren greifen „die Gegner“ erbarmungslos an und versuchen die vermeintlich sichere „Beute“ zu entreißen. Es folgen verbale Auseinandersetzungen, Schimpfworte fallen, aber die erwartete Schlägerei bleibt aus.“
Kundeneintrag am 20.06.07

Bei kleineren Geschäften und bei Frischware wie Obst kann die „Zwei-Tage-Frist“ auch unterschritten werden. Ob die „Werbung ohne Ware“ dann auch vor Gericht als „Irreführend“ eingestuft wird, bleibt unentschieden. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat auf der Seite www.lockvogel.vz-nrw.de Beispiele aufgeführt, bei denen Händler verurteilt wurden, aber auch unbehelligt blieben. Entscheidend sind dabei die so genannten „Verkehrserwartungen“. Das sind die Erwartungen der Kundenmehrheit, die durch die Anzeige angesprochen wird. Die Aufmachung der Werbung spielt dabei eine Rolle.

Beschwerdeforum
Weil die Verbraucherzentrale NRW von Kunden, die ohne Ware blieben, „eine Flut“ an Beschwerden erhalten hatte, hat sie ein Bunte Prospekte„Beschwerdeforum“ eingerichtet, „bei dem enttäuschte Schnäppchenjäger Dampf ablassen können“. „Zwar können Verbraucherverbände Anbieter wegen irreführender Werbung abmahnen, doch müssten sie für jede Werbung und jede Produktgruppe einzelne und auch immer wieder neue Verfahren einleiten“, erläutert Vorstand Klaus Müller.
Die Erkenntnisse aus dem Forum sollen in Gesprächen mit Politikern und Anbietern einfließen. Besonders hartnäckige Lockvogelwerber müssen danach eine Unterlassungserklärung abgeben und werden dann im nächsten Schritt gerichtlich belangt.

Fragen an die VZ
Das Beschwerdeforum ist seit etwa vier Wochen online und steht allen Verbrauchern aus dem Bundesgebiet offen, weil auch die Werbung überregional ist, sagte Bernd Huppertz von der VZ NRW zu Herd-und-Hof.de gestern am Telefon. Zur Zeit befinde man sich noch in der Phase des Sammelns und für erste Auswertungen ist es noch viel zu früh. Die angekündigten Gespräche mit dem Handel werden frühestens ab Ende des Sommers umgesetzt werden. In der Beschwerdeliste tauchen überwiegend Discounter und Handelsketten auf. In wieweit das symptomatisch für die Handels- und Werbestruktur in Deutschland ist, konnte Bernd Huppertz jetzt noch nicht sagen. Discounter und Handelsketten gehen aber aggressiver mit der Bewerbung ihrer Produkte an den Kunden heran, als ein Fleischerfachgeschäft oder die Modeboutique in der Nachbarschaft. So scheint das Phänomen Lockvogelangebote für den erfassten Handelsbereich eher typisch zu sein. Überprüft werden die Kundeneinträge nicht, sagte Huppertz.

Fragen an Lidl
Gestern hat Herd-und-Hof.de hat bei Pressevertreterin Petra Trabert von Lidl einmal nachgefragt, wie der Handel die Aktion der Verbraucherzentrale sieht:

HuH: Wie bewerten Sie diese Beschwerdemöglichkeit?
Trabert: Das Forum der Verbraucherzentrale bietet eine gute Möglichkeit für die Verbraucher, sich bei offenen Fragen auszutauschen und entsprechend Rat zu holen.
Unsere Kunden können sich natürlich bei auftretenden Fragen und Reklamationen direkt über unsere Kundenhotline informieren. Die Telefonnummer der Hotline liegt in jeder Filiale aus. Die Anfragen werden umgehend an unsere Regionalgesellschaften weiter gegeben und dort bearbeitet.

HuH: Lassen sich von Gerichten herbeigeführte „Verkehrserwartungen“ der Verbraucher mit der realen Logistik des Handels in Einklang bringen?
Trabert: Weitestgehend ja, da die Zufriedenheit der Kunden für uns als Unternehmen im Mittelpunkt steht und wir darüber hinaus das Umsatzpotential ausschöpfen möchten. Hier spielen unsere fundierten Erfahrungen eine große Rolle, die optimale Bestellmenge zu ordern.
In Einzelfällen kann es zu frühzeitigem Abverkauf kommen. Darüber wird jedoch der Kunde im Werbeheft informiert.

HuH: Gehen Sie den Einträgen nach und prüfen, was genau vorgefallen ist?
Trabert: Wir versuchen immer, den Wünschen unserer Kunden zu entsprechen und bearbeiten die über unsere Kundenhotline eingehenden Anfragen mit der entsprechenden Sorgfalt.

Roland Krieg; Foto: roRo

Zurück