Medikamente für Entwicklungsländer

Handel

TAB-Bericht zu vernachlässigten Krankheiten

Hinter dem Begriff Poverty-related and Neglected Diseases (PRND) stecken Krankheiten, die vor allem in Entwicklungsländern gravierende Auswirkungen haben und für deren Bekämpfung oft ein Medikament fehlt. So ist das Ebola-Virus zwar bereits seit 1976 in seiner tödlichen Wirkung bekannt. Doch erst der Ausbruch vor drei Jahren mit mehr als 11.000 Toten in Westafrika hat die Suche nach medizinischen Lösungen nach vorne gebracht. Der am Ende der Epidemie entwickelte Impfstoff befindet sich noch heute in der Testphase. Gerade jetzt hat es in der Demokratischen Republik Kongo erneut Tote durch das Ebolafieber gegeben.

Zahlreiche weitere Krankheiten wie Malaria, die Afrikanischen Schlafkrankheit oder Flussblindheit gelten als PRND. Das Fehlen von Medikamenten vor Ort kann an hohen Preisen liegen, die sich die Bevölkerung nicht leisten kann oder an fehlender Forschung weltweit, weil sich keine Renditefür den Verkauf der Medikamente zeigt.

Das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) veröffentlicht gerade einen Bericht über „Neue Arzneimittel gegen vernachlässigte Krankheiten“. Im Fokus stehen Lösungen in den Bereichen für Forschung und Entwicklung, damit erschwingliche Medikamente im Süden auch bei seltenen Erkrankungen zur Verfügung stehen.

Forschungsbedarf

Die Angaben über den Forschungsbedarf gehen weit auseinander. Das TAB zitiert Quellen, die von einem jährlichen Bedarf in Höhe von 1,8 Milliarden US-Dollar für Prävention, Diagnostik, Therapie und operative Prozesse ausgehen, aber auch eine Arbeitsgruppe der Weltgesundheitsorganisation WHO, die von sechs Milliarden US-Dollar öffentlicher Anreize für die Forschung ausgeht. Das sind weniger als zehn Prozent der derzeitigen öffentlichen Forschung und Entwicklung (FuE) weltweit und entspricht lediglich 0,01 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts.

Das Dilemma

Die Forschung ist einer Zwickmühle. Wenn die Ergebnisse automatisch kollektiviert werden, bestehe kein Anreiz für die Forschung. Gerade im Pharmabereich sind die Entwicklungskosten sehr hoch. Auf der anderen Seite können Patente mit einer Monopolstellung die Produktpreise unerreichbar hoch halten. „Welche Form der Open Initiativen FuE zu vernachlässigten Krankheiten tatsächlich in nennenswerten Umfang nachhaltig stärkt, kann derzeit noch nicht verlässlich abgeschätzt werden“, fasst der Bericht zusammen.

Das könnten ein kurzzeitig begrenztes Patent sein, die Festsetzung von sozialverträglichen Lizenzen, ein Patentpool oder Crowdfunding. Kostenfrei werden sie allerdings allesamt nicht sein, weil Zulassungsprozesse per se Geld kosten.

Generika

Indien hatte in den 1970er Jahren ein Gesetz für die nationale Generika-Produktion geschaffen. Mit Hilfe eines veränderten Patentrechts, abgesenkten Schutzgebühren und Reduzierung der Patentierbarkeit auf technische Verfahren hat sich auf dem Subkontinent eine nationale pharmazeutische Industrie entwickelt, für bereits vorhanden Arzneimittel Generika herzustellen.

Bei HIV/AIDS-Medikamenten war das sehr erfolgreich. Wegen des Patentschutzes kostete eine Jahrestherapie rund 10.000 US-Dollar. Weil Indien die Patente damals noch ablehnen konnte, und über Produktionskapazitäten verfügte, kostete die Jahrestherapie bald nur noch 350 und der Preis des Originalmedikamentes nur noch 700 US-Dollar. Mittlerweile kommen rund 80 Prozent der antiretroviralen Medikamente aus Indien.

Forschung und Entwicklung ausbauen

Industrieländer wie die USA, Großbritannien und Deutschland haben PRND-Forschungskapazitäten. Das deutsche Bundesforschungsministerium hat sogar ein PRND-Förderkonzept. Der multifaktorielle Ansatz nach TAB-Analyse ist ein Ausbau der PRND in den Industrieländern, der Aufbau öffentlich zugänglicher Wissens- und Datenbanken sowie der Aufbau von FuE-Einrichtungen im Süden selbst.

Roland Krieg

Zurück