Medwedkow im EU-Kreuzverhör

Handel

Russlands Sicht auf die Handelsstreitigkeiten

Russlands Beitritt zur WTO hat Hoffnungen ausgelöst, die für manche nicht in Erfüllung gegangen sind. Handelsstreitigkeiten im deutschen Agrarsektor und zuletzt mit Litauen [1] haben das Image des Landes ramponiert.

Am Dienstag stellte sich Maxim Medwedkow, Direktor der Abteilung für Handelsverhandlungen des russischen Ministeriums für Wirtschaftsentwicklung, den Fragen der Abgeordneten im EU-Handelsausschuss. Medwedkow trieb den Beitritt Russlands vor einem Jahr in einem langen Prozess seit 2001 voran und machte 1980 seine ersten Erfahrungen mit der damaligen Europäischen Gemeinschaft. Von Russland nicht anerkannt durfte Medwedkow die Gebäude der EU nicht betreten und musste über Anti-Dumpingzölle mit Abgeordneten in einem Café verhandeln. Seitdem, so Medwedkow habe sich die Handelspartnerschaft bis zur Augenhöhe weiterentwickelt.

Für den Handelsexperten blickt Russland auf ein erfolgreiches WTO-Jahr. Zu Beginn des Prozesses waren 56 Prozent der Russen für den Beitritt, heute stehen 56 Prozent dem Handelsabkommen neutral gegenüber. Nur 22 Prozent würden es ablehnen. Für die Russen ein Zeichen, dass die Umsetzung ohne wirtschaftliche Schaden verlaufen sei.

Daniel Caspary von der CDU sieht das anders. In den russischen Medien werde der WTO-Beitritt mittlerweile negativ bewertet. Es tauchen immer wieder Fragen auf, wie sich die russische Wirtschaft vor den Auswirkungen der WTO-Bedingungen wehren könne. Caspary warf Medwedkow vor, dass Russland die internationalen Handelsregeln nicht zwingend einhalte. Maßnahmen, wie die Sonderkontrollen bei litauischen Lkw, sendeten falschen Signale an die WTO-Gemeinschaft.

Auch Bernd Lange (SPD) ist skeptisch. Es werden Recyclinggebühren für importierte Kraftfahrzeuge verlangt und unnötige Standards bei phytosanitären Maßnahmen erhoben. Der portugisische Ausschuss-Vorsitzende Vital Moreira (Sozialdemokraten) fasste die Fragen der Abgeordneten in die beiden Blöcke zusammen: Russland werde den WTO-Regeln nicht gerecht und Russland nütze handelspolitische Maßnahmen für die Gestaltung der Außenpolitik.

Es gebe kein schwarz und weiß, antwortete Medwedkow. Russland habe für den Beitritt zur WTO Dutzende von Gesetzen geändert. Russland verstehe den WTO-Handel so, dass Regeln zur Not auch über ein Streitschlichtungsverfahren angepasst werden, falls sie zu Beschwerden führten. Russland werde in Gesprächen mit Handelspartnern auf Probleme aufmerksam gemacht und sei bereit sie zu ändern. Im Frühjahr 2014 soll es eine Lösung für die Recylinggebühren in der Automobilwirtschaft geben. Nicht alle glaubten, dass nur Russland etwas falsch mache und verweist auf hohe Subventionen in der EU wie die Abwrackprämie für alte Autos. Auch die EU führe regelmäßige Einfuhrstandards bei phytosanitären Angelegenheiten für Drittstaaten ein.

Medwedkow hielt den Abgeordneten den Spiegel vor. Alle zwei Monate tage ein Sonderausschuss über den Fortgang der WTO-Beziehungen und bei der WTO gibt es seit kurzem einen Botschafter und eine ständige Vertretung. Russland missbrauche den Handel nicht für seine Außenpolitik, sondern setze auf den sportlichen Entscheid des WTO-Schiedsgerichtes.

Lesestoff:

[1] Handelsstreitigkeiten zwischen Litauen und Russland

Roland Krieg

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