Mehr Güter auf das Binnenschiff
Handel
HHLA unterstützt Indien bei der Binnenschifffahrt
Bunte und überladene Lkw fahren im Gänsemarsch langsam hintereinander her. Räucherstäbchen sollen die Götter der Schlaglöcher besänftigen und die Ladung heil an den Bestimmungsort bringen. Die Logistik in Indien kann abenteuerliche Aspekte beinhalten und manche Fracht zerstören. Beim Schieneneverkehr ist es nicht anders. In die Nachrichten kommen nur die Zugunfälle mit Personenschaden. Wenn ein Güterzug auf den überalteten Schienenwegen entgleist, findet das keine Beachtung in den deutschen Medien.
Doch ist Indien eine Schifffahrtsnation. Mehr als 90 Prozent der Handelswaren von und nach Indien gelangen über Frachtschiffe auf den Subkontinent. Die Flotte rangiert mit 8,83 Gigatonnen Volumen auf Platz 20 der globalen Rangliste. Das Land hat sogar ein eigenes Schiffsministerium. Doch die Häfen von Chennai und Mumbai oder Kalkutta sind nur die Drehscheibe zwischen dem Inlandstransport und dem Weg nach Übersee. Das Ministerium hat in seiner maritimen Agenda 2010 bis 2020 die Hinterlandanbindung der verschiedenen Überseehäfen aufgelistet. Die bestehen meist aus Nationalstraßen und einigen Eisenbahnverbindungen. Binnenwasserstraßen kommen kaum vor.
Dabei hat Indien zahlreiche Flüsse, Binnengewässer und Kanäle, auf denen bis Mitte des 20. Jahrhunderts vielerlei Frachten verschifft wurden. In vielen Landesteilen übernahm die Binnenschifffahrt einen großen Teil des Güterverkehrs und findet in kleinem Umfang nur noch in Goa, Assam, Westbengalen und Mumbai statt. Nach einem Bericht der Binnenwasserstraßenbehörde (IWAI) hat der Gütertransport per Binnenschiff aber wieder zugenommen. Wurden 2003/2004 nur noch 32,48 Millionen Tonnen Güter auf den Wasserstraßen transportiert, waren es 2011/2012 doch schon wieder rund 70 Millionen Tonnen. Seit Gründung der Behörde im Jahr 1986 gewinnen die Wasserstraßen wieder an Bedeutung, denn sie sind kostengünstiger und effizienter als der Transport über Straßen und Gleis. Zudem fahren Binnenschiffe umweltfreundlicher und verbrauchen weniger Treibstoff pro Tonne.
Einer der wichtisten Wasserstraßen ist der National Waterway I. Er ist Teil des Ganges-Baghirati-Flusssystem. Zwischen den Orten Haldia im Golf von Bengalen und Allahabad im Osten im Bundesstaaat Uttar Pradesh liegen rund 1.650 km. Nahezu ein Drittel ist in den Jahren 2013 bis 2014 auf der Länge von 560 km von Haldia bis Farakka bis auf drei Meter schiffbar gemacht worden. Im weiteren Verlauf können Schiffe mit 2,0 Meter Tiefgang bis Barh fahren (400 km). Es folgen flachere Abschnitte bis Ghazipur (290 km mit 1,2 Meter) und einem 370 km langen Abschnitt zwischen Chunar und Allahabad mit 1,5 Meter Fahrtiefe. Auf dem National Waterway I werden derzeit nur wenig mehr als 5,5 Millionen Tonnen Güter transportiert. Im Vergleich: Auf dem Rhein wurden 2015 rund 190 Millionen Tonnen Güter transportiert.
Um mehr Güter auf die indischen Wasserstraßen zu bringen setzt die IWAI auf deutsche Expertise. Am 01. Februar wurde eine Kooperation mit der Uniconsult abgeschlossen. Das ist die Beratungsfirma der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA). „Im intenationalen Vergleich nutzt Indien die Möglichkeiten der Binnenschifffahrt bisher nur wenig“, sagte Uniconsult-Geschäftsführer Hartmut Beyer. Die Berater haben bereits eineinhalb Jahre lang die Enwicklungsmöglichkeiten unterscuht und wollen jetzt bis zum Jahresende „Transporte mit Signalwirkung auf Binnenschiffe verlagern“. Dazu sollen mit lokalen Experten die Verlader mit den Reedern der Binnenschiffe zusammengeführt werden. Der Wasserweg im Landesinneren brauche Unterstützung, weil neben der Etablierung der Abläufe auch wieder Überzeugungsarbeit für diesen Transportweg zu leisten ist.
Roland Krieg; Foto: Screenshot von der IWAI-Webpage