Merkel will das EEG nicht mehr
Handel
EEG: Will Merkel mehr als die EU?
„Sie haben zu einigen anderen Bereichen Stellung genommen, erstens zum Bereich der erneuerbaren Energien. Hier sind wir in einem Novellierungsverfahren. Ich darf Ihnen mitteilen, dass uns die EU-Kommission sehr stark drängt, möglichst schnell zu einem Ausschreibungsverfahren überzugehen. Das heißt letztlich nichts anderes, als dass das EEG in seiner heutigen Form durch ein Ausschreibungsverfahren ersetzt werden und sich damit natürlich auch qualitativ verändern wird.“
Mit diesen Worten hat Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch das Gutachten der Expertenkommission „Forschung und Innovation“ (EFI) entgegengenommen. In dem Gutachten geht es nicht nur um das EEG. Doch diese Passage hat den meisten Wirbel verursacht. Vergangene Woche weilte EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia in Berlin und hatte sich nicht so deutlich geäußert [1].
Kochen und Essen
Das EFI kocht heiß: „Das EEG mache den Strom teurer, trage aber weder zu mehr Klimaschutz bei noch habe es zu Innovationen geführt“. Die Steigerung des Anteils der erneuerbaren Energien von sieben auf 23 Prozent sei nur mit enormen Kosten verbunden gewesen. Demgegenüber seien die CO2-Emissionen für energieintensive Industrien durch das Emissionshandelssystem ausreichend gedeckelt. Weitere Emissionseinsparungen würden lediglich durch Produktionsverlagerungen ins Ausland entstehen. Das EEG habe auch keinen Innovationsschub ausgelöst, weil sich die Vergütung an den Durchschnittskosten orientiere. Neue Technologien würden dadurch weniger entstehen. Fazit: Das EEG ist weder ein kosteneffizientes Instrument für Klimaschutz noch scheint es eine messbare Innovationswirkung zu entfalten“ [2].
Auch das Kanzlerinnenwort von der schnellen Ablösung kann dem heißen Kochen zugeordnet werden.
Die Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums hingegen servierte am Nachmittag eine abgekühlte Kost: Die Überführung in ein Ausschreibungsverfahren sei nicht neu und im abgestimmten Eckpunktepapier zum EEG so enthalten. Der Gesetzentwurf befinde sich zudem noch in der Ressortabstimmung.
Das BMWi weist aber die generelle Kritik des EFI „nachdrücklich zurück“: Als Markteinführungsinstrument habe das EEG den Anteil der neuen Energien nach vorne gebracht und „bleibt auch ein Kerninstrument der deutschen Klima- und Energiepolitik.“
Nutzen vernachlässigt
Fraktionsvorsitzender der Grünen, Toni Hofreiter, und sein Stellvertreter Oliver Krischer werfen der EFI Realitätsferne und Zahlenspielerei vor: „Wer behauptet, dass EEG fördert keine Innovationen, hat offensichtlich noch nie eine moderne Windenergieanlage gesehen.“ Innerhalb von 15 Jahren hat die Entwicklung vom „Mini-Bastler-Windrad zur hocheffizienten Großtechnik“ stattgefunden. Bei der Photovoltaik hat es in dem Zeitraum eine Kostendegression von 80 Prozent gegeben. Zudem hat die Branche mittlerweile mehr als 300.000 Arbeitsplätze geschaffen, was auch Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel zur Vorstellung seines Eckpunktepapiers unterstrich.
Deutlich wird auch die Agentur für Erneuerbare Energien (AEE), die auf die Stromkosten von 10 Cent je Kilowattstunde Photovoltaik verweisen: „Der Ruf nach einer Abschaffung des EEG wie sie die Expertenkommission des EFI heute erhoben hat, ist daher widersinnig.“ Besonders verärgert ist die AEE über die Aussage, das EEG führe zu keinen Innovationen. Dem widerspricht allein die Zahl der Patentanmeldungen:

1,34 Millionen Ökostromanlagen
Die neueste Erhebung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zeigt, wie viele Ökostromanlagen mittlerweile in Deutschland stehen. Im Jahr 2012 gab es 1.346.528 Anlagen. 1.303.219 für Solarenergie, 22.198 Windräder an Land und 13.099 Biogasfermenter. Die meisten EEG-fähigen Anlagen standen in Bayern (441.504), Baden-Württemberg (249.579) und Nordrhein-Westfalen (191.053). So wurden im Freistaat im Bundesvergleich bislang die meisten Photovoltaik- (433.767) und Biomasseanlagen (3.579) installiert. Die meisten Windenergieanlagen an Land (5.367) standen allerdings in Niedersachsen. Dies führte aufgrund der intensiven Windnutzung mit höheren Volllaststunden wiederum dazu, dass Niedersachsen im Vergleich mit allen anderen Bundesländern den meisten Strom aus EEG-Anlagen erzeugt hat (21,8 Mrd. kWh). Danach folgten Bayern (19,4 Mrd. kWh) und Nordrhein-Westfalen (12,4 Mrd. kWh). Danach folgten Bayern (19,4 Mrd. kWh) und Nordrhein-Westfalen (12,4 Mrd. kWh).
Der BDEW kritisiert die Bundesregierung, dass der Wärmemarkt noch immer nicht ausreichend betrachtet wird, obwohl dort ein Drittel der Kohlendioxid-Emissionen zu vermeiden ist. Der Verband wünscht sich mehr Markt, aber auch mehr Biomasse. Das Eckpunktepapier vernachlässige die Flexibilität der Biomassenutzung und bringe den weiteren „Ausbau von Biogasanlagen zur Stromerzeugung zum Erliegen“. Generell wünscht sich BDEW-Hauptgeschäftsführerin Hildegard Müller mehr Markt: „Bei einem gegenwärtigen Anteil von rund einem Viertel an der Stromerzeugung müssen auch die Erneuerbaren Energien mehr Verantwortung übernehmen. Die Eckpunkte von Bundesminister Gabriel und der öffentlich gewordene Referentenentwurf, der sich zurzeit in der Ressortabstimmung befindet, können daher als großer Fortschritt gesehen werden. Insbesondere die sich abzeichnenden Maßnahmen zur Marktintegration der Erneuerbaren Energien und die Pflicht zur Direktvermarktung für neue Anlagen sehen wir sehr positiv.“
Lesestoff:
[1] EEG-Umlagebefreiung nur für spezielle Industrien
[2] Das EFI-Gutachten finden Sie unter: www.e-fi.de
Roland Krieg; Grafik: AEE