Minderheiten, indigene Völker und die Wirtschaft
Handel
Union lehnt Ratifizierung für indigene Völker ab
Indigene Völker leben in Stämmen in unabhängigen Ländern und unterscheiden „sich infolge ihrer sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Verhältnisse von anderen Teilen der nationalen Gemeinschaft.“ Dazu gehören auch deren Nachfahren, sowie in Deutschland die Friesen, die Dänen in Norddeutschland oder die Sorben in Ostdeutschland, weiß die CDU-Abgeordnete Sylvia Pantel. Doch den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen wollte sie nicht nachkommen, dass Deutschland endlich nach 2007 die ILO-Konvention 169 ratifiziert.
Aus der stammt der Eingangssatz. Die Konvention sichert indigenen Völkern Rechte für ihre Kultur und Zugang zu ihren Ressourcen. Der Bau von Staudämme und in den Regenwald vordringender Ackerbau vertreiben die indigenen Völker auch mit Waffengewalt. Deutschland hat sich lieber für die UN-Erklärung über die Rechte der indigenen Völker 61/295 aus dem gleichen Jahr entschieden – doch nur die Konvention der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ist rechtlich verbindlich.
„Eigentlich“ gibt es keine Gegenargumente, forderte Frank Schwabe von der SPD die Abgeordneten auf, den Grünen-Antrag zur Ratifizierung anzunehmen. Doch weil die Union dagegen stimmt, fühlt er sich an den großen Koalitionspartner gebunden. „Eigentlich“, so Schwabe weiter, mache die Ratifizierung jetzt Sinn, zumal die Konrad-Adenauer-Stiftung in Ägypten erst langsam wieder Fuß fassen darf. Das Thema ist nicht nur deshalb ein deutsches, sondern auch weil Deutschland ein internationaler Handelspartner ist und beispielsweise beim Kupferabbau in Peru Verantwortung für die indigenen Völker trägt. Die Niederlande haben sich der Verantwortung gestellt und zusammen mit Dänemark und Spanien, sowie Norwegen als europäisches Land außerhalb der EU die ILO-Konvention bereits unterzeichnet.
Annette Groth von der Linkspartei sähe in der Ratifizierung ein „positives Signal“ für die Weltwirtschaft, weil der Anbau von Futtermitteln für die deutsche Tierhaltung und die Ausweitung der Palmölplantagen in Indonesien und Malaysia die Menschenechte verletzt.
Von 189 Ländern haben bislang lediglich 22 Staaten die ILO-Konvention 169 unterzeichnet. Die Mehrheit davon in Südamerika, in dessen Staaten auch die meisten indigenen Völker leben. Deshalb spreche die ILO-Konvention Deutschland auch gar nicht an. Pantel spricht von den deutschen indigenen Völkern lieber von Minderheiten, die in der deutschen Minderheitenpolitik ausführlich beachtet würden. „Fürchten Sie, dass die Sorben zu viel Rechte erhalten“, fragte der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele. Statt Rechte über die Konvention zu zählen, zählte Pantel die vielen Schutzprogramme in der Entwicklungshilfe für die indigenen Völker auf. „Dieser segregativer Ansatz ist Schmarrn“, kritisierte Tom Koenigs (Bündnis 90/Die Grünen). Er spart aber auch die Sozialdemokraten nicht aus. Auch sie hatten es in der Regierungszeit 1999 bis 2005 gewusst, den Ratifizierungsantrag im Wirtschaftsministerium scheitern zu lassen.
Dass bislang nur 22 Staaten die Konvention unterzeichnet haben, zeige nach Pantel, wie wenig Vertrauen in die Umsetzung der Konvention bestehe. Vor allem die südamerikanischen Ländern haben den Schutz indigener Völker vielfach in ihre Verfassung aufgenommen und die Konflikte damit nicht beseitigen können.
Lesestoff:
Roland Krieg