Mühlen mit der Ernte zufrieden

Handel

Mühlen werben für Getreide

Hans Christoph Erling

„Die Erträge sind ordentlich, die Menge ist reichlich, die Qualität regional unterschiedlich!“. Mit diesen Worten fasste Hans-Christoph Erling, Vorstandsvorsitzender des Verbandes Deutscher Mühlen e.V. (VDM) am Dienstag in Berlin die Ernte kurz vor ihrem Abschluss zusammen. Zwischen 48 und 50 Millionen Tonnen werden die Bauern demnächst abgeerntet haben. 26 Millionen Tonnen Weizen und vier Millionen Tonnen Roggen, die beiden Brotgetreidesorten, sind es im einzelnen. Bei Roggen werden hohe Erträge und gute Kornfüllungen erwartet, bei Weizen sind die Proteingehalte regional unterschiedlich und die Mühlen zahlen den Bauern ein Euro mehr für die speziellen A-Weizensorten. Die haben in der Vergangenheit auch die importierten Qualitätsweizen aus den USA und Kanada abgelöst. Im Gegenteil exportieren die Mühlen drei Prozent mehr, rund 540.000 Tonnen Mehl – vornehmlich nach Nordafrika und in die benachbarten EU-Staaten.

Robuste Branche
Knapp über 600 Mühlen gibt es noch in Deutschland, die etwa 6.000 Menschen beschäftigen und in der Wirtschaftskrise keine Arbeitsstellen abgebaut haben, betont Erling. Trotzdem ist der Umsatz von 2,2 auf 1,8 Milliarden Euro zurückgegangen. Das lag vor allem an dem Getreideboom des Vorjahres, als die Großhandelspreise noch bei 300 Euro lagen. Dieser Tage erzielt die Branche gerade noch 140 Euro je Tonne. Die Mehlpreise blieben aufgrund der langfristigen Verträge trotzdem konstant und auch im kommende Weihnachtsgeschäft dürften die Verbraucher von den sinkenden Preisen profitieren.

Zukunft Verfahrenstechnologe
Ohne Müller fehlt der Gesellschaft die Ernährungsgrundlage, sagt VDM-Vorsitzender Hans-Christoph Erling. Das Berufsbild hat sich drastisch gewandelt. Mit den Ansprüchen von Verbraucher und Industrie sind die Anforderungen in den Bereichen Technologie, Handwerk und Fachwissen angestiegen. Im Jahr 2006 wurden Ausbildungsordnung und Berufsbezeichnung der „Verfahrenstechnologe/in in der Mühlen- und Futtermittelwirtschaft modernisiert. Die beiden gewerblichen Schulen in Neidersachsen und Baden-Württemberg bilden derzeit rund 300 Auszubildende aus. In diesem Jahr gibt es im Herbst eine neue Besonderheit für Abiturienten: Ein neuer dualer Studiengang ermöglicht die Ausbildung zum Verfahrenstechnologen, staatlich geprüften Techniker und Bachelor of Arts in Betriebswirtschaftslehre. Weil immer mehr Abiturienten eine praxisnahe Ausbildung bevorzugen, trägt der VDM mit diesem Studiengang dem Trend Rechnung.

Insgesamt hat die Branche einen Strukturwandel durchgemacht, wie die Anzahl der Mühlen zeigt, die mehr als 500 Tonnen Jahresvermahlung aufweisen:

Anzahl Mühlen > 500 t Jahresvermahlung

< 5.000

< 10.000

< 25.000

< 50.000

< 100.000

> 100.000

Anzahl

2007/08

185

31

30

20

16

26

308

2006/07

197

26

33

23

14

24

317

2005/06

195

31

31

24

12

25

318

1995/96

253

48

49

35

24

409

1985/86

493

111

89

44

16

753

1975/76

623

107

80

46

12

868

Q: VDM

Wie der Strukturwandel weiter geht sei nicht vorhersagbar, sagte Hans-Christoph Erling zu Herd-und-Hof.de. Da folge die Mühlenwirtschaft dem allgemeinen Trend der Wirtschaft. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es noch mehr als 2.000 Mühlen. Allerdings werden es die kleinen, handwerklichen Mühlen immer schwerer haben, die Auflagen, wie beispielsweise in der Hygiene, zu erfüllen. Das rechnet sich erst ab einer bestimmten Jahresvermahlung. Trotzdem sind die verbliebenen Mühlen regional aufgestellt. Mehl wiegt sehr viel und ist nur bis rund 150 Kilometer Entfernung transportwürdig. Schon heute liegen die Logistikkosten über denen der Vermahlung.

Gesetze sorgen die Müller
Der VDM blickt skeptisch auf zwei Gesetze: Die Pflanzenschutzharmonisierung und das Gentechnikgesetz. Im Rahmen der Pflanzenschutzharmonisierung werden immer weniger Pflanzenschutzmittel freigegeben. Darunter auch einige, die sich bis heute in der Praxis bewährt haben, so Erling. Vor allem geht es um Mittel im Vorratsschutz, die Haltbarkeit und Sicherheit der Produkte gewährleisten.
BrotBeim Gentechnikgesetz kritisiert der Mühlenverband das neue Zeichen „Ohne Gentechnik“, dass pflanzlichen Lebensmittel benachteilige. Fleisch dürfe das Zeichen tragen, auch wenn Zusatzstoffe enthalten sind, die mit gentechnisch veränderten Enzymen hergestellt wurden. Bei Backwaren ist Vergleichbares nicht erlaubt – hier gelte die Nulltoleranzgrenze. Erling spricht sich für das schweizer Modell aus, das einen Grenzwert in Höhe von 0,5 Prozent für technologisch unvermeidbare Spuren für praktikabel hält.

Mühlenprodukte als Futtermittel aus der Vermahlung des Brotgetreide werden seit langem als wichtiger Bestandteil in der Tierfütterung eingesetzt, sei es als Einzelfuttermittel oder Mischfuttermittel. Kleie, Grieß, Futtermehl und Nachmehl beziffert der VDM auf rund 1,5 Millionen Tonnen im Jahr. Davon stammen 1,35 Mio. t aus Weizen, 90.000 t aus Roggen und 100.000 t aus Durum. Die Mühlenfuttermittel stellen rund acht Prozent des gesamten Futteraufkommens und sind nach Getreide- und Ölkuchen der drittwichtigste Futtermittelrohstoff.

Fünf Scheiben am Tag
Der VDM sammelt gerade Erfahrungen, wie die Branche ihre Produkte in der Zeit nach der CMA bewerben kann, sagte Hauptgeschäftsführer Manfred Weizbauer. Eine Möglichkeit ist die Jahrespressekonferenz, um beispielsweise darauf aufmerksam zu machen, dass die Müllerei insgesamt 16 Weizentypmehle herstellen. Es gibt mehr als nur Weißbrot und Vollkorn.
Dr. Heiko Zentgraf von der GMF Getreide-, Markt- und Ernährungsforschung ist es ein Anliegen, Verbrauchern mitzuteilen, dass auch das 550er Mehl eben 550 mg je 100 Gramm Mehl Mineral- und Ballaststoffe beinhaltet. Ein Drittel des Vollkornmehls. Die Branche baut dem falschem Image vor, Weißbrot sei nährstoffarm.
Immerhin verzehrt jeder Bundesbürger 84,2 Kilogramm Backwaren, von Brötchen bis zu Feingebäck, im Jahr, so dass Getreide nach wie vor eine Hauptnahrungsquelle darstellt.

Nicht ohne mein Brot
Bei Mahlerzeugnissen ist nicht nur Brot gemeint, sondern auch Pizza, Pasta, Saucen, Suppen, Süßwaren, Fertiggerichte und Babynahrung: All das, wo Mehl enthalten ist. Brot selbst liegt bei 94 Prozent der Deutschen täglich auf dem Tisch. Und die Verbraucher haben die Qual der Wahl: Ihnen stehen mehr als 300 Brotsorten und 1.200 Klein- und Feingebäcke zur Verfügung. Die deutschen Mühlen vermahlen rund 7,5 Millionen Tonnen Weizen und Roggen im Jahr.

Dr. Zentgraf wies dabei auf die unlöslichen Ballaststoffe des Getreide hin, die darmaktiv wirken und für eine zügige, regelmäßige und pünktliche Verdauung sorgen. Parallel zur Kampagne „5 am Tag“ für Obst und Gemüse, sorge auch die Regel „5 Brotscheiben am Tag“ für eine ausgewogene Ernährung. Dabei hat sich das Verzehrverhalten ein wenig geändert und Brot und Kleingebäck kommt nicht mehr nur zu Hause auf den Teller. Der Außer-Haus-Verzehr wird vor allem bei den unter 30-jährigen immer beliebter.

Römisches Brotrezept aus dem Jahr 170 v. Chr.
Zutaten:
500 g Dinkel oder Weizen (gemahlen); 500 g Roggen, 1 EL Honig, 1-2 El Salz, 2 Würfel Hefe
Zubereitung:
Hefe mit warmen Wassert und Honig ansetzen und etwa 15 Minuten gehen lassen, bis die Hefe schäumt. Die angesetzte Hefe unter das durchgesiebte Mehl geben und gut vermischen. Daraus einen glatten Teig kneten. Den Teig in einer abgedeckten Schüssel bei Zimmertemperatur ca. eine Stunde gehen lassen.
Den Teig nochmals durchkneten und ein Brot formen. Das Brot auf ein mit Mehl bestreutes Backblech geben und nochmals 25 Minuten gehen lassen. Die Oberfläche mit einem Messer sternförmig einschneiden. Im vorgeheizten Ofen bei 230 ° Celsius ungefähr zehn Minuten backen. Wenn die gewünschte Bräune erreicht ist, den Ofen auf 170 ° Celsius herunter schalten. Tipp: Wenn Sie eine feuerfeste Schüssel mit Wasser in den Ofen stellen, dann geht das Brot durch den Wasserdampf lockerer auf.
Zum Brot haben die Römer Feigen und einen kräftigen Rotwein genossen.

Roland Krieg; Fotos: Grafik und Brot: VDM; Hans-Christoph Erling: roRo; Brotrezept: N.N.

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