Nach der Krise ist vor der Krise

Handel

Issue-Management für Lebensmittelhersteller

Kritische Themen frühzeitig erkennen – für Unternehmen der Lebensmittelindustrie ist ein gutes Issue Management die wichtigste Absicherung gegen unvorhergesehene Risiken und Krisen. Die Fresenius-Intensivtagung am 11. Oktober in Mainz gab Tipps und Praxiswissen zur Einrichtung von Frühwarnsystemen und bot die Möglichkeit, an Fällen aus der Praxis die wichtigsten Faktoren eines gelebten Issue Managements zu identifizieren.

Kritische Themen werden zu Issues

Lebensmittelunternehmen befinden sich zunehmend im Spannungsfeld zwischen Nichtregierungsorganisationen, Verbraucherverbänden, medialer Berichterstattung und behördlichen Ermittlungen. Kritische Themen, sogenannte Issues, treffen dennoch viele Unternehmen immer noch unvorbereitet.

„Vertrauen in Marken und Produkte ist das A und O für die Unternehmen der Agrar- und Ernährungsbranche. Die Unternehmen müssen daher potenzielle Krisenthemen und -ursachen frühzeitig identifizieren und einschätzen, um das Vertrauen in ihre Marken und Produkte zu sichern“, erläuterte Markus Hinskes vom Beratungsunternehmen AFC Risk & Crisis Consult.

Mehr als drei Issue-Berichte am Tag

Nach einer Untersuchung von AFC wird täglich über kritische Themen der Agrar- und Ernährungsbranche berichtet. Issues wie Missstände in der Tierhaltung, Glyphosat oder Zucker werden häufig thematisiert. Laut der Analyse wurden 2017 insgesamt 1.297 Meldungen veröffentlicht, in denen kritisch über die Lebensmittelwirtschaft berichtet wurde. Das sind durchschnittlich mehr als drei Meldungen pro Tag.

Bedeutsam ist vor allem die Entwicklung von noch relativ unbekannten Issues, wie zum Beispiel der Einsatz des Pferdehormons PMSG in Schweinezuchtbetrieben, „da die frühzeitige Erkennung kritischer Themen Voraussetzung für die Entwicklung von Strategien im Umgang hiermit darstellt“, sagt Hinskes. „Die Issues der gesamten Branche werden zudem nicht weniger. Dies mag auch daran liegen, dass viele Unternehmen im Management von Issues noch Nachholbedarf haben und oftmals nur ihr direktes Umfeld und nicht die gesamte Lieferkette betrachten“, so Hinskes weiter.

LGL arbeitet an einem Frühwarnsystem

Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) entwickelt seit 2014 ein System zur Frühwarnung vor Lebensmittelrisiken. Projektleiterin Dr. Britta Müller, stellte das System auf der Fresenius-Intensivtagung vor, das über den risikoorientierten Ansatz der Lebensmittelüberwachung hinausgeht. Es markiert Einflussfaktoren, die eine Gesundheits- oder Betrugsgefahr für den Verbraucher bewirken könnten. Mögliche Faktoren sind beispielsweise Veränderungen der wirtschaftlichen oder rechtlichen Rahmenbedingungen, Witterungsveränderungen, Veränderungen bei Verzehrgewohnheiten. Ein weiterer Aspekt des Frühwarnsystems ist, dass Auffälligkeiten beim Lebensmittelimport nach Deutschland mittels der Software ISAR (Import Screening for the Anticipation of Food Risks) detektiert werden. Diese Auffälligkeiten werden anhand von spezifischen Risikomerkmalen auf ihre Betrugs- oder Gesundheitsgefahr hin eingestuft.

Lesestoff:

Die Tagungsunterlagen mit den Skripten aller Vorträge der Fresenius- Konferenz können zum Preis von 295,- EUR zzgl. MwSt. bei der Umweltakademie Fresenius www.akademie-fresenius.de bezogen werden.

Rebecca Keuters (Institut Fresenius) / roRo

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