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Marokkos Getreidebedarf weckt viele Interessenten

Marokko gehört zu den Maghreb-Staaten, deren Landwirtschaft im Wesentlichen auf Niederschlag angewiesen ist. Die Grundwasserreserven sind gering und sensibel, denn sie liegen in Nähe des salzigen Mittelmeeres. Eine Übernutzung der Süßwasserlinsen in Meeresnähe kann salziges Ozeanwasser in die Aqufier saugen1).
Traditionell ist die Landwirtschaft vom Regen abhängig, dessen Ergiebigkeit daher nicht nur den Agrarsektor, sondern, bei einem Anteil in Höhe von 15 Prozent, gleich die ganze Wirtschaft des Landes mitbestimmt:


Wieder schlechtes Erntejahr

Die Abhängigkeit vom Regen plagt die Marokkaner auch in diesem Jahr. Nach Angaben des U.S. Grains Councils hat die marokkanische Regierung Ende Januar bereits ein Hilfsprogramm in Höhe von elf Millionen US-Dollar für die Getreideversorgung der östlichen und südlichen Regionen aufgelegt. Damit sollen 60.000 Tonnen Futtergetreide für die Herden bereit gestellt werden. Im Februar blieb der Regen aus, so dass das Hilfsprogramm auf 187 Millionen US-Dollar ausgeweitet wurde, nur ein Viertel weniger als das mit 230 Millionen größte Hilfsprogramm im Trockenjahr 2000.
Nach Angaben des Office National Interprofessionnel des Cereales et des Legumineuses (ONICL)2) hat die marokkanische Regierung im März noch einmal rund 80.000 Tonnen Futtergerste für den Verkauf an Tierhalter subventioniert.
Im Jahr 2011 wurden rund acht Millionen Tonnen Getreide in Marokko geerntet. Mit vier Millionen Tonnen stellte Weichweizen etwa die Hälfte. In diesem Jahr sollen es nur drei Millionen Tonnen werden, was nach offiziellen Angaben einer „durchschnittlichen Ernte“ entspreche. Das amerikanische Landwirtschaftsministerium dagegen geht von einem steigenden Importbedarf aus. Mussten im letzten Jahr etwa drei Millionen Tonnen Getreide importiert werden, sollen es in diesem Jahr noch fünf Millionen Tonnen werden.

Chancen USA

Das witterungsbedingte Auf und Ab der heimischen Getreideernte weckt amerikanisches Interesse. Bis 2007 haben die Amerikaner viel Futtergetreide und Mais in den nordafrikanischen Staat geliefert, wurden seither jedoch von europäischen und südamerikanischen Verkäufern verdrängt. Im März stammten laut ONICL 41 Prozent des Imports an Weich- und Hartweizen, Gerste und Mais aus Frankreich, 21 Prozent aus Argentinien und 13 Prozent aus Brasilien. Die USA rangiert mit zwei Prozent noch hinter Kanada, Russland und der Ukraine. Der Getreiderat will seine Anstrengungen für die Wiedereroberung des marokkanischen Marktes steigern und vor allem DDGS als preiswerte Futterquelle anbieten. Destiller´s Dry Grain Solubles (DDGS) ist die eiweißreiche Schlempe aus der Ethanolproduktion.

EU und Kanada schlafen nicht

Die anderen wollen ihren Exportvorteil jedoch nicht aufgeben. In der letzten Woche hat der kanadische Landwirtschaftsminister Gerry Ritz eine Vereinbarung mit Marokko unterzeichnet, die als Einleitung für Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen gilt. Im Vordergrund steht dabei der Verkauf von Hartweizen, Hülsenfrüchten und Milchgenetik, also Zuchtmaterial. Die Kanadier hoffen, dass das Freihandelsabkommen ein erster Schritt in den nordafrikanischen Markt und den Mittleren Osten ist.
Die EU stellt ihre wirtschaftlichen Interessen an Marokko in den Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) und hat in diesem Jahr einen weiteren Liberalisierungsschritt abgeschlossen. Der zuständige EU-Kommissar Stefan Füle will damit die Reformen des Arabischen Frühlings unterstützen: „Das Abkommen mit Marokko ist ein Baustein dieses Vorhabens, und seine Annahme [im Europäischen Parlament; roRo] ist ein sehr positives und ermutigendes Signal.“ Dahinter steht die Vision „von der wirtschaftlichen Eingliederung der Nachbarn in den EU-Binnenmarkt“.
Vor allem jedoch die spanischen Gemüsebauern stehen diesen Bestrebungen skeptisch gegenüber. Sie hatten gegen das EU-Marokko-Abkommen protestiert, weil sie um ihre Marktanteile vor allem im Gemüsesektor bangen.

Lesestoff:

1) „Impact of Climate Change on the Arab Countries”, Arab Forum for Environment and Development (AFED), 2009. www.afedonline.org

2) www.onicl.org.ma

Roland Krieg

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