Nachhaltig auf Kundenbindung
Handel
Nachhaltigkeit auf breiter Ebene
Corporate Social Responsibilty (CSR) gilt mittlerweile bei vielen Unternehmen als unverzichtbare Unternehmensstrategie, weil die Konsumenten immer stärker danach fragen.
Neun CSR-Felder
Der Handel ist als Schnittstelle zwischen Erzeuger und Kunde prädestiniert, Forderungen nach nachhaltiger Produkten in die eine und Information darüber in die andere Richtung zu vermitteln. Deshalb bezeichnet Wirtschaftsexpertin Cornelia Tausch vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) den Handel als „Gate-Keeper“. Der vzbv ist gerade dabei, die CSR-Vielfalt zu normen, damit Verbraucher sich auf einheitliche Standards verlassen können, sagte sie auf dem Deutschen Handelskongress in Berlin. Unternehmen können damit ihr Engagement offen legen und sich den Mehraufwand honorieren zu lassen.
In einer Studie hat der vzbv ermitteln lassen, auf welche neun CSR-Felder es den Verbrauchern ankommt:
Unternehmensstruktur, Leitbild
Umwelt- und Sozialstandards
Nachhaltiges Sortiment
Präsentation und Vermarktung der Produkte
Verbraucherinformation und -service
Maßnahmen des Unternehmens am Standort
Arbeitsbedingungen der Beschäftigten
Engagement für das Gemeinwesen
Transparenz und Offenheit der Kommunikation
Nachhaltigkeit ist heterogen
So vielfältig die Verbraucher sind, so vielfältig sind auch ihre Wünsche und Interessen – auch beim Thema Nachhaltigkeit.
Eine gemeinsame Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) und der Unternehmensberatung Roland Berger hat beides in Deckung gebracht, damit die Unternehmen ihre Strategien anpassen können.
So beschreibt Thomas Bachl (GfK) verschiedene Verbrauchertypen, die sich mehr für sich oder für andere Menschen interessieren, mehr aus dem Bauch oder rational aus dem Kopf entscheiden. So können Interessen wie Menschenrechte, Entwicklungshilfe, gesunde Ernährung oder Wissenschaft typisiert werden. Die Konsumenten unterscheiden sich dergestalt, dass nur wenige Interessen gleich vorhanden sind.
Und so wie die Interessen sind, ist auch ihr nachhaltiger Konsum: Ganz unterschiedliche Themen sprechen sie an. Andreas Bauer von Roland Berger zeigte auf, dass beispielsweise das Thema „Bio“ bei allen Verbrauchern Kauflaust weckt, wenn auch in unterschiedlichem Maße. Durchschnittlich kauften die untersuchten Haushalte zu 30 Prozent Bioprodukte. Andere Themen sind noch nicht so weit verbreitet. Das Thema „sauberer Strom“ findet nur zu 18 Prozent Berücksichtigung im Einkaufskorb, nachhaltiger Anbau nur zu 16 und ein Kohlendioxidlabel findet nur zu 11 Prozent Beachtung. Die Konsumentengruppen „Verantwortungsbewusster Konsument“ und „engagierte Ehrenamtlicher“ reagieren am ehesten auf die Ansprache der Nachhaltigkeit. Der „wissenschaftlich-technische“, der „fortschrittliche Idealist“ und der „traditionelle Egoist“ werden derzeit noch nicht erreicht.
Ein konkretes Beispiel: Sowohl AEG als auch Siemens planten ihre Produktion ins Ausland zu verlagern. Nur Siemens blieb dann doch am Standort Berlin. Die GfK hat ermittelt, dass die Kunden, die auf AEG-Geräte verzichtet haben, dann bei Siemens kauften. Nachhaltigkeit zieht in die Bilanzen ein.
CSR eine Preisfrage für den Verbraucher?
Ein Selbstläufer ist die Nachhaltigkeit aber nicht. Als die Frosta AG 2003 in ihrer Produktion auf Zusatzstoffe und Konservierungsmittel verzichtete, haben die Kunden das Konzept zunächst nicht verstanden und Frosta musste erhebliche Einbußen hinnehmen, obwohl die Produkte nur wenig teurer wurden, blickte Marketingexperte Felix Ahlers von Frosta zurück. Erst in jüngster Zeit hat Frosta die Kunden im gleichen Umfang wieder zurückgewinnen können.
Peter Kowalsky, Bionade-Chef, glaubt nicht, dass CSR eine Preisfrage ist. Sein Produkt ist erfolgreich, weil die Käufer es geniessen wollen. Das Image der Brause vergleicht Kowalsky mit dem Interesse eines Fußballfans, der für ein Auswärtsspiel auch bereit ist quer durch die Republik zu reisen. Bionade hatte nach dem Start 1995 zunächst die Preise gesenkt, weil es zu wenig gekauft wurde. Das allerdings hatte keine zusätzlichen Effekte bewirkt, weswegen Bionade jüngst wieder preislich aufgewertet wurde. Der Erfolg stammt aus dem Image und der Produktqualität.
Auch für Achim Lohrie, verantwortlich für CSR bei Tchibo, ist der Preis keine Frage. Tchibo subventioniert quer, damit Mehrkosten nicht linear an den Verbraucher weiter gegeben werden müssen.
Allerdings gibt es Kunden, die auch außerhalb von Hartz IV nur wenig zum Leben haben und die Armutsschere klafft in der Deutschalnd zunehmend auseinander. Ist also Nachhaltigkeit doch nur etwas für die „Reichen“, wollte Herd-und-Hof.de von Cornelia Tausch wissen?
Ja, es gebe viele Menschen, die von "Der Tafel" leben und sich nichts aussuchen können. Umso wichtiger sei es, dass der Handel sich gesellschaftlich verpflichtet, nachhaltige Produkte auch zu kleinen Preisen anzubieten. Einfache Konsumgüter wie bei Tchibo machen es vor. Zudem können die Menschen die Verantwortung auch in die eigene Hand nehmen und wieder selbst kochen. Insgesamt sei CSR nicht nur eine Frage des Konsums, sondern auch der Bildung und des persönlichen Engagements.
Lesestoff:
Die Studie über die Nachhaltigkeit können Sie im Netz unter www.vzbv.de abrufen.
In Berlin gab es jüngst den ersten Kongress zum Thema Fairer Handel
Konjukturpaket für den Handel
roRo