Nachlese Bundesrat

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Nachlese Bundesrat

Der Bundesrat hat sich vergangenen Freitag unter anderem mit den folgenden Themen beschäftigt:

Wertstoffgesetz

Die Koalition hat sich in ihrem Vertrag ein neues Wertstoffgesetz auf die Fahnen geschrieben und will noch vor Ende der Legislaturperiode eines verabschieden, das die bisherige Verpackungsverordnung ablösen wird. Dann sollen nicht nur Verpackungen, sondern auch stoffgleiche Nichtverpackungen der Sammlung und Verwertung zugeführt. Derzeit sammeln Kommunen und die Dualen Systeme nebeneinander her. Der größte Streitpunkt des Entwurfes aus dem Bundesumweltministeriums ist, wie Kommunen und Private künftig miteinander oder gegeneinander recyceln sollen. Die fünf Länder Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Bremen, Hamburg und Niedersachsen haben einen Antrag für ein ausgeglicheneres Wertstoffgesetz eingebracht.

Bundesratsminister Peter Friedrich aus Baden-Württemberg sieht in dem Entwurf die Balance zwischen kommunalen und privaten Interessen erreicht. Beim Länderkonzept gehe es nicht um eine Verstaatlichung des Sammeln und Verwertens, sondern nur um die Rahmenbedingungen und Verteilung der Verantwortlichkeiten. Das Monopol des Dualen System müsse durch Ausschreibungen abgelöst werden. In Baden-Württemberg würden drei Viertel der Regionen damit gute Erfahrungen machen.

Umweltminister Johannes Remmel bezeichnet jeden Kompromiss zwischen Privaten und Kommunalen Unternehmen als „Minenfeld“. Dabei gehe der Sinn des Kompromisses oftmals verloren. „Die Ressourcen sind endlich und Absprachen sind wichtig, um die Ressourcen im Kreislauf zu halten“, sagte Remmel am Freitag. „Da gibt es eine lange eingeübte und gute Partnerschaft zwischen Kommunen und den Privaten.“ Das Eingebrachte Modell mittelstandsfreundlich, vermeide Kostensteigerungen und gebe endlich einen Überblick über den Wertstofffluss. Eigentlich müsste die Verpackungsverordnung den Wertstofffluss regeln, schaffe es aber nicht.

Der Prozess eines neuen Wertstoffgesetzes komme nach Eveline Lemke, Wirtschaftsministerin des Landes Rheinland-Pfalz wegen organisatorischer Fragen zum Stocken. Der Sinn des Wertstoffgesetzes, bestehe in der Möglichkeit Wertstoffe wieder upzucyclen. Bei den Verpackungen gehe es lediglich um die Mehrwegquote, was die Wertstoffbranche in eine Sackgasse gebracht habe. Lemke schlug vor, ein Wertstoffgesetz auch schrittweise Umzusetzen.

Die Entschließung der Länder überträgt den Kommunen die Organisationsverantwortung, gibt die Ausschreibung in zentralisierter Form vor, was die bislang 500 Ausschreibungsregionen ablöst, klammert Papier, Pappe und Kartonagen (PPK) aus der bisherigen Finanzverantwortung aus, fordert eine Unternehmerverantwortlichkeit und schaffe eine zentrale Stelle für die hoheitliche Ausschreibevergabe. Bündnis 90/Die Grünen sehen in der Entschließung den Vorteil, dass eine „Verbesserung“ des jetzigen Systems, diese nur aufblähen würde.

Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel hatte sich in einer Antwort für den Landtag für das Wertstoffgesetz stark gemacht. Das Duale System befinde sich trotz mehrerer Novellierungen der Verpackungsverordnung in einer finanziellen Krise. Die Verpackungsmengen nehmen zwar zu, aber die der lizensierten Verpackungen, die das System finanzieren sollen, gehe zurück. Die Pflichtmitgliedschaft im Dualen System habe sich nicht bewährt und die Kommunen müssten – entgegen des Arbeitsentwurfes der Regierung – davon ausschließen.

Der Handel hingegen hat bereits im Vorfeld den Entschlie0ßungsantrag verworfen. Der Handelsverband Deutschland (HDE) spricht von einer Rekommunalisierung des Recyclings. Das gefährde den ökologischen Erfolg und verdoppele die Kosten. Allerdings spricht sich HDE-Vizepräsident Markus Mosa für die Schaffung einer zentralen Stelle aus, „welche die Finanzierung und die Einhaltung der ökologischen Ziele der Wertstofferfassung sichern soll“. Das Duale System solle verbessert und nicht abgeschafft werden.

Der Bundesverband der Sekundärrohstoffe und Entsorgung (BVSE) fürchtet, dass die Kommunen ohne Ausschreibung ihre eigenen Unternehmen bevorzugen könnten und die private Wirtschaft aussperrten.

Der Ländervorschlag verhindere eine Reform des bestehenden Systems, sagt Peter Feller, Geschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE).

Thomas Gebhart, zuständiger Berichterstatter für die CDU/CSU, kommentiert: „Der Ländervorschlag ist ein ökologischer Rückschritt. Eine Kommunalisierung führt nicht zu mehr Ressourcenschutz. Wir müssen stattdessen auf die Produktverantwortung setzen und diese weiterentwickeln. Es ist unstrittig, dass die Kommunen sinnvolle Einflussmöglichkeiten erhalten, damit die Wertstoffsammlung vor Ort reibungsfrei funktioniert. Hierfür muss bei der Erarbeitung des Wertstoffgesetzes konsequent Sorge getragen werden. Ein Systemwechsel, wie von einigen Ländern gefordert, geht jedoch ökonomisch und ökologisch in die falsche Richtung.“

Die Mainzer Landbell AG ist seit 1995 im Geschäft unterwegs und hat mit seinem Marktauftritt 2003 im Verpackungsbereich das Monopol des Dualen Systems beendet. Den Grünen-Vorschlag umschreibt die Landbell AG mit „Verstaatlichung“ und sieht in der zentralen Behörde eine „Mammut-Behörde“, die wirtschaftlich und bürokratisch nicht zu rechtfertigen sei. Hingegen treibe ninternationale Firmen die Kreislaufwirtschaft voran.

Anders sieht es der Berliner Recyclingkonzern Alba. Die Entscheidung sei kein Nachteil für sein Geschäft mit der Entsorgung von Plastikabfällen. Alba-Sprecherin Susanne Jagenburg sagte im Tagesspiegel: „Die große Mehrheit von vierzig Stimmen für die rot-grüne Initiative hat deutlich gezeigt, dass ein Wertstoffgesetz auf Grundlage des Koalitionsvertrages derzeit keine Aussicht auf Zustimmung im Bundesrat hat.“ Sie rechnet nicht mehr mit einem Wertstoffgesetz in dieser Legislaturperiode.

Düngegesetz

Für Erfüllung der Nitrat-Richtlinie der EU ist in der Düngeverordnung eine Novellierung des Düngegesetzes von 2009 eingebettet. Im Kern geht es um die betriebliche Obergrenze von 170 kg Stickstoff je Hektar für Wirtschaftsdünger unter Einbeziehung von Gärresten der Biogasanlagen. Zur Überwachung der Düngeströme sollen die kontrollierenden Behörden Daten aus dem Integriertem Verwaltungs- und Kontrollsystem (InVeKos) nutzen können. Anlagen zu Jauche-, Gülle- und Silagesickersaftanlagen (JGS) sollen zudem zusätzlich gesichert werden [1]. Das Düngegesetz steht in Zusammenhang mit der Düngeverordnung, die für die Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie geändert werden muss. Hier stehen eine Hoftorbilanz und der Zugriff auf Betriebsdaten zur Überwachung der N- und P-Mengen auf dem Plan. Wegen mangelhafter Umsetzung der Düngeverordnung läuft ein Vertragsverletzungsverfahren. Der Umweltausschuss empfiehlt eine Stellungnahme zur Ausweitung der Datenerhebung über InVeKos hinaus und eine bundeseinheitliche Anlagenverordnung für JGS-Anlagen , die gleichzeitig zur Novelle des Düngegesetzes und der Neufassung der Düngeverordnung erlassen wird. Dringenden Handlungsbedarf hat der erste Nährstoffbericht des Landes Schleswig-Holstein aufgezeigt [2].

Die Länderkammer hat in einer Stellungnahme umfangreiche Änderungen im Düngesetz beschlossen. Ein größerer Teil der zur Abstimmung anstehenden Punkte fand nur knappe Mehrheiten und musste wiederholt ausgezählt werden. Vorgeschlagene Änderungen beziehen sich beispielsweise auf einen verbesserten Wasserschutz und erweiterte Zugriffsrechte auf Betriebsdaten durch beispielsweise den Bodenschutzbehörden. Für die Datenermittlung müssten die Landwirte auf eine digitale Datenerfassung umsteigen. Zudem sollen Programme wie das Aktionsprogramm zur Einhaltung des Nitrat-Richtwertes von 50 mg/l mit den Ländern abgestimmt werden. Für den Umgang mit Wirtschaftsdüngern wird ein Gütezeichen vorgeschlagen, das von den Ländern spezifiziert werden kann.

Tabakerzeugungsrichtlinie

Mitte Dezember hat das Bundeskabinett die Tabakerzeugungsrichtlinie verabschiedet [3]. Auch bei diesem Thema hat der Bundesrat umfangreiche Nachbesserungen gefordert. Der Einstieg in das Rauchen sollte so schwer wie möglich gemacht werden. Zum einen soll die Bundesregierung die Umsetzungsfrist über die EU um 15 Monate verlängern, damit die Tabakwirtschaft die Verpackungen fristgerecht umstellen kann. Zudem sollen nikotinfreie Rauchwaren einbezogen werden, womit sich der Bundestag erst in der letzten Woche gekümmert hat [4].

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat diesen Montag ein Verbot von Rauchszenen in Filmen gefordert. Was in Deutschland als künstlerische Freiheit gilt, bahne, so der seit 2009 erschienene dritte „Smoke-Free Movies Report“ den Einstieg in eine Rauchersucht. Rauchszenen in Filmen könnten einen starken Anreiz für das Rauchen geben. In 44 Prozent aller Hollywoodfilme werde geraucht. 36 Prozent der Hollywoodfilme mit Rauchszenen wenden sich speziell an Jugendliche [5].

Lebensmittelgesetz

Seit zehn Jahren dürfen Schlachthofbetreiber nur dann Schlachttiere annehmen, wenn ihnen bestimmte Informationen über den Herkunftsbetrieb vorliegen. Darunter fallen beispielsweise Angaben über verabreichte Tierarzneimittel und deren Wartezeiten. Das geschieht in der Praxis mit einer so genannten Standarderklärung, mit der Tierhalter die Wartezeit von sieben Tagen Wartezeit zwischen zuletzt verabreichter Arznei und Verbringung zum Schlachthof bestätigen. Diese Standarderklärung ist gilt für Schweine, Rinder, Pferde, Schafe, Ziegen, Geflügel, Hasentiere und Farmwild. Die Länder Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sind bei Geflügel skeptisch gegenüber dieser Erklärung. Da Masthähnchen in der Regel in der gesamten kurzen Lebenszeit prophylaktisch mit Antibiotika behandelt werden, müsse die gesamte Mastzeit als Sicherheitsrelevanter Zeitraum zu betrachten

Im Rahmen des Lebensmittelgesetzes fordert der Bundesrat-Agrarausschuss Rückstellungsproben bei bestimmten Fallkonstellationen aufzuheben. Dem hohen Aufwand stehe mit Blick auf die Praxis kein gleichwertiger Nutzen gegenüber. Eine zweite Forderung plädiert für die Fortsetzung der Trichinenuntersuchung.

Lesestoff:

[1] BLHV fürchtet um JGS-Bestandsanlagen

[2] Nährstoffbericht Schleswig-Holstein

[3] Kabinett verabschiedet Tabakerzeugungsrichtlinie

[4] Jugendschutz in zwei Schritten

[5] www.who.int/entity/tobacco/publications/marketing/smoke-free-movies-third-edition/en

Roland Krieg

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