Nährwertkennzeichnung
Handel
Seehofer stellt Ergebnisse der Verbraucherbefragung vor
Vor dem Hintergrund übergewichtiger Kinder, Jugendlicher und Erwachsener, sollen Lebensmittel gekennzeichnet werden. Verbraucherschützer wollen eine Ampel nach britischem Vorbild, die Lebensmittelindustrie lehnt diese Kennzeichnung mit Verbotscharakter ab. Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) hatte in einer Studie die Verbraucherwünsche ausloten lassen. Heute am frühen Nachmittag wird Bundesminister Horst Seehofer die Studie im Ministerium vorstellen – Herd-und-Hof.de hatte das für seine Leser bereits getan.
Gestern haben sich die Verbände im Vorfeld noch einmal positioniert:
In einer gemeinsamen Erklärung kritisieren der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL), der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) und der Markenverband e.V. den Meinungswandel im Ministerium. Hatte, so die Verbände, sich Seehofer noch im Oktober 2007 gegen jede Art der Bewertung von Lebensmitteln gewandt, so bedeute die farbliche Unterlegung des derzeitigen Modells eben genau das Gegenteil. Die Wirtschaft wehrt sich gegen die „Neuausrichtung in der Politik des BMELV“ und führt die folgenden Gründe an:
„Mangelnde wissenschaftliche Begründung für eine singuläre Bewertung von Lebensmitteln und für eine Kategorisierung von Lebensmitteln in „gesund“ / „ungesund“ bzw. „gut“ / „schlecht“.
„Willkürliche – wissenschaftlich nicht begründbare – Kriterien für die „Farbeinteilung“
„Irreführung der Verbraucher („grün“ suggeriert falsche Sicherheit; „rot“ schürt unbegründete Ängste
„Bevormundung der Verbraucher
„Konterkarierung der Eigenverantwortung der Verbraucher
„Untaugliches Mittel gegen Übergewicht
„Diskriminierung ganzer Lebensmittel-Kategorien mit hohem Genusswert
„Politisch-ideologisch motivierte Nachfrageregelung (mit der Wirkung eines Präzedenzfalls für andere Bereiche bzw. Branchen)“
Die bisherige freiwillige Kennzeichnung halten die Verbände für ausreichend.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) findet: „Besser essen mit der Ampel“. „Wer will, dass Verbraucher bewusst einkaufen, muss die Versteckspiele im Supermarkt beenden“, sagt Gerd Billen, Vorstand des vzbv. Der zweite Teil der Nationalen Verzehrsstudie belege, dass Verbraucher eine „verpflichtende und auf den ersten Blick verständliche Kennzeichnung“ brauchen. Auf der Vorderseite der Verpackung sollen die Gehalte an Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz jeweils durch eine Ampelkennzeichnung angezeigt werden. „Damit holen wir auch solche Verbraucher ab, die sich bislang noch nicht mit den Inhaltsstoffen der Produkte beschäftigt haben“, so der vzbv. Nur so könne die Bundesregierung ihre ernährungspolitischen Ziele erreichen. Zwar werden die Angaben auf den Verpackungen freiwillig bleiben, aber die Verbraucherzentrale sieht das Bröckeln der Front gegen die Ampellösung. Bayerns Verbraucherminister Otmar Bernhard hatte letzten Freitag eine auch farbige Kennzeichnung gefordert. Der saarländische Verbraucherminister Prof. Gerhard Vigener spricht sich eindeutig für die britische Ampellösung aus.
Auf der gestrigen Jahrespressekonferenz der Stiftung Warentest äußerte sich eine Sprecherin skeptisch gegenüber der Ampellösung. Übergewicht ist ein komplexes Problem und resultiert aus einem gesamten ungesunden Lebensstil. Farbige Punkte würden bei der Neuausrichtung keine Hilfe sein.
Am Donnerstag wurde der zweite Teil der Nationalen Verzehrsstudie II vorgestellt. Einige Kernpunkte:
Die DGE-Empfehlungen für den Gemüseverzehr von 400g/Tag unterschreiten 87,4 Prozent der Befragten. 59 Prozent der Befragten erreichen nicht die Empfehlung zum Obstverzehr der DGE von 250 g/Tag. Wenn eine Portion Obst durch Obstsaft/Nektar ersetzt wird, liegen immer noch 43 Prozent der Teilnehmer unter der Empfehlung. Männer verzehren doppelt so viel Fleisch, Wurstwaren und Fleischerzeugnisse im Vergleich zu Frauen. 16 Prozent der Studienteilnehmer haben in den letzten vier Wochen vor der Befragung keinen Fisch bzw. keine Fischgerichte verzehrt. Die älteren essen etwas mehr Fisch, Fischerzeugnisse und Krustentiere. Der Anteil an Personen ohne Fischverzehr nimmt mit zunehmendem Alter ab. Süßigkeiten machen bei beiden Geschlechtern den größten Anteil an der Lebensmittelgruppe Süßwaren aus. Der Verzehr von Süßigkeiten ist bei den Jugendlichen am höchsten und nimmt mit zunehmendem Alter ab.
Lesestoff:
Den zweiten Teil zur Nationalen Verzehrsstudie II gibt es als Volltext unter www.was-esse-ich.de
roRo