Neue EU-Beihilferegeln für Umweltschutz und Energie

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Beihilfen müssen Marktmechanismen berücksichtigen

Mehr als zehn Jahre lang galt das Erneuerbare Energien Gesetz als das Förderinstrument für den Umschwung auf neue, regenerative Energien, wie Sonne, Wind und Biomasse. Mittlerweile hat der Anteil von 25 Prozent in Deutschland ein Ausmaß erreicht, das ein Welpenschutz nicht mehr gültig erscheint. In Deutschland wird der stetigen Förderungen von der Regierung ein Treiben der Energiekosten zugeordnet. Die Rückführung der Einspeisevergütung wird erleichtert, weil EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia generell die staatlichen Beihilfen begrenzen will. Am Mittwoch hat die EU das neue Regelwerk für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen veröffentlicht. Im Kern sollen jetzt alle Maßnahmen der Mitgliedsländer schrittweise zu einer marktorientierten Förderung umgewandelt werden. Ferner enthalten die Kriterien, wie Mitgliedsstaaten energieintensive und besonders dem internationalen Wettbewerb ausgesetzten Unternehmen von Abgaben zur Förderung erneuerbaren Energien entlastet können. Das musste Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel am Dienstag bei seinem Gesetzentwurf zur Reform des EEG noch aussparen.

Kleine Anlagen von sechs MW Windkraft oder einem MW Solar oder Biomasse können in der frühen Entwicklungsphase Ausnahmen von der Ausschreibung erlangen. Noch kleinere Anlagen mit weniger als drei MW Windleistung oder 500 kW Solar oder Biomasse können auch weiterhin in den Genuss von festen Einspeisetarifen gelangen, weil deren Leistung als nicht marktrelevant angesehen wird.

Förderung vs. Marktverzerrung

Der Erfolg der neuen Energien in den letzten Jahren ist in den meisten Mitgliedsländern zum Teil auf öffentliche Förderungen zurückzuführen. Umweltziele konnten damit erreicht werden, räumt die EU ein, aber es wurden auch Marktverzerrungen und steigende Kosten für die Verbraucher erzielt. Daher begründet Almunia das neue Regelwerk mit den Worten: „Es ist an der Zeit, dass erneuerbare Energien am Marktgeschehen teilnehmen. Die neuen Leitlinien bieten einen Rahmen für die Ausgestaltung effizienterer öffentlicher Förderungen, die schrittweise und pragmatisch Marktbedingungen widerspiegeln. Europa sollte seine ehrgeizigen Energie- und Klimaziele zu möglichst geringen Kosten für die Steuerzahler und ohne übermäßige Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt erreichen. Dies wird dazu beitragen, dass Energie für die europäischen Bürger und Unternehmen bezahlbarer wird.“

Ende fester Einspeisevergütung

Vor allem werden die festen Einspeisevergütungen abgeschafft. Sie werden durch Einspeiseprämien ersetzt, die auf Marktsignale reagieren sollen. Ausgenommen sind kleine Anlagen. Als Grund gilt die Marktreife mancher Energieformen. Ziel für alle neuen Anlagen ist ein Ausschreibeverfahren ab 2017. Schon zwei Jahre vorher können Mitgliedsländer im Rahmen einer Pilotphase derartige Ausschreibungen für einen kleineren Teil ihrer Stromkapazitäten erproben. Das könnte also schon im nächsten Jahr losgehen. Können Mitgliedsländer nachweisen, dass ein Ausschreibeverfahren nicht zu den gewünschten Ergebnissen führt, können sie sich nach dem 01. Januar 2017 befreien lassen. Das kann beispielsweise sein, wenn sich nur ein Projekt oder sehr wenige Projekte oder nur sehr wenige Orte für einen Anlagebau bewerben. Andererseits kann von der Ausschreibung abgesehen werden, wenn sich die Bildung einer Überkapazität abzeichnet. Oder es werden nach der Ausschreibung nur sehr wenige Projekte tatsächlich realisiert.

Die neuen Leitlinien bieten nach wie vor Ausnahmen für energieintensive Wirtschaftszweige an. Die Ausnahmen sind EU-einheitlich festgelegt. Außerhalb dieser Wirtschaftszweige können die Länder nach festen Regeln auch andere Unternehmen zusätzlich befreien. Ausgleichsregeln folgen grundsätzlich einer Branchenbezogenheit. Als energieintensive Branchen gelten die mit einem mindestens 20-prozentigen Anteil der Energiekosten an der Bruttowertschöpfung. Die Firmen müssen aber auch in einem internationalen Bezug stehen: Mehr als vier Prozent des Branchenhandels wird mit Drittstaaten realisiert.

Ziel der EU ist auch ein Energiebinnenmarkt. Daher werden grenzüberschreitende Energieinfrastrukturen gefördert.

Wenn Länder ein Risiko sehen, dass erzeugte Stromerzeugungskapazitäten nicht ausreichen, können sie bei der EU Beihilfen genehmigen lassen. Damit sollen vor allem Defizite im Anlagenbau beseitigt oder die Schließung bestehender Anlagen verhindert werden.

Alle bestehenden Anlagen sind von den neuen Regeln ausgeklammert. Das neue Regelwerk gilt bereits ab dem 01. Juli 2014 und bis 2020.

Reaktionen

EU ProSun kritisiert das neue Regelwerk als Eingriff in die nationale Energiepolitik. Präsident Milan Nitzschke unterstellt der EU die Furcht vor den erneuerbaren Energien, die eingedämmt werden müssten. Dennoch falle das Gesetz besser aus, als ursprünglich geplant. Positiv sei, dass kleine Anlagen weiterhin gefördert werden können. Neben Deutschland will auch Frankreich n den beiden nächsten Jahren testen. Nitzsch: „Wir werden sehen, was raus kommt. Jede Wette, degressiv gestaltete Vergütungen ohne Ausschreibungsbürokratie blieben das überlegene Instrument.”

Beim Verband kommunaler Unternehmen (VKU) ist nach dem Ziel, die neuen Energien in den Markt integrieren zu wollen auch bereits Schluss. Hauptgeschäftsführer Hans-Joachim Reck bezweifelt, ob das Beihilferecht „der richtige Weg ist, die Energiepolitik zu gestalten“. Sie unterliege ja nicht dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, sondern der EU-Kommission. Der VKU begrüßt, dass sich die Beihilfeleitlinien in einem abschließenden Kapitel auch Fragen zur Kapazitätssicherung widmen. Es sollte jedoch ergänzend die Möglichkeit gesonderter Kapazitätsmärkte aufgenommen werden. Der vom VKU in diesem Zusammenhang vorgeschlagene dezentrale Leistungsmarkt steht mit den europäischen Binnenmarktregeln im Einklang. Dabei handelt es sich um ein marktorientiertes Konzept, so dass Wettbewerbsbeschränkungen nicht zu befürchten seien.

Lesestoff:

Die neuen Richtlinien mit den Branchenausnahmen finden Sie unter http://ec.europa.eu/competition/sectors/energy/legislation_en.html (Das Dokument war um 20:30 Uhr noch nicht hinterlegt)

Roland Krieg; Foto: roRo (Archiv)

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