Nie genug gekennzeichnet

Handel

Kunden wollen klarere Kennzeichnung

In einer repräsentativen Umfrage des Naturschutzbundes Deutschlands (NABU) haben sich neun von zehn Verbrauchern für klarere Kennzeichnung von umweltfreundlichen Produkten ausgesprochen.

67 Prozent der Befragten freuten sich über gut ausgebildetes Verkaufspersonal, das fachkundige Auskunft geben kann. Für die jüngere Bevölkerung zwischen 30 und 39 ist dieser Aspekt mit 54 Prozent weniger wichtig als für die über 60-jährigen, von denen sich das 75 Prozent wünschen.

„Die Umfragewerte zeigen, dass es ein dringendes Bedürfnis nach einer transparenten und leicht verständlichen Kennzeichnung von umweltfreundlichen Produkten gibt. Händler sollen die Chance nutzen und in allen Regalen ökologische und regionale Produkte stärker ausweisen“, erklärte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller.

Die Forderungen gehen noch weiter. Für zwei Drittel der Deutschen soll auch der Biobereich stärker mit Sonderangeboten auf sich aufmerksam machen. Für 62 Prozent zählen Unternehmensstandards wie der betriebliche Umweltschutz oder der Bezug von Ökostrom als Nachhaltigkeitsparameter dazu.

Wunsch und Wirklichkeit sind nicht immer deckungsgleich. Deshalb hat Herd-und-Hof.de bei NABU-Umweltreferenten Sascha Roth nachgefragt.

HuH: Es gibt mehr als 400 Nachhaltigkeitssiegel in Deutschland. Wenn Kunden sich mehr Kennzeichnung wünschen, ist das nicht eher ein Ausdruck der Orientierungslosigkeit und das die Kunden sich über die vorhandenen Label informieren müssen?

NABU: Dass Kunden ein Bedürfnis nach einer klaren Kennzeichnung von umweltfreundlichen Produkten haben, hat zunächst nichts mit der Angebotsfülle der Label zu tun. Vielmehr geht es darum, dass Händler umweltfreundliche Produkte nicht zwischen der konventionellen Ware untergehen lassen, sondern diese durch eigene Flächen in jedem Regal ausweisen sollten. So kann sich der Kunde auch leichter und bewusst für ein grünes Produkt entscheiden, weil er es als solches erkennt. Natürlich wäre das aber nur ein erster Schritt, denn nachhaltiger Konsum beginnt zwar mit den Entscheidungen an der Ladentheke, aber lebt auch von informierten und kritischen Verbrauchern, die sich über ökologische Waren und Label informieren.

HuH: Es gibt vermehrt Bauern, die Biosupermärkte nicht mehr beliefern, weil sie mit deren Preisen nicht mehr auskommen. Wenn jetzt das Biosortiment Sonderangebote fährt, widerspricht das nicht dem Selbstverständnis der Branche?

NABU: Die Wertschätzung der Produkte durch den Kunden muss sich dauerhaft auch im Preis widerspiegeln. Allerdings können kurzzeitige Sonderangebote dabei behilflich sein, ein Kundensegment an Bio-Produkte heranzuführen, die ursprünglich keine typischen umweltfreundlichen Verbraucher waren. Am sinnvollsten sind Angebote und die Bewerbung von umweltfreundlichen Produkten, wenn sie gleichzeitig mit einer Informationskampagne verknüpft werden und Verbraucher über die Wertschöpfungskette aufklären.

HuH: Regionalität ist einer der Megatrends der letzten Jahre. Nur, um Fleisch regional erzeugen zu wollen, fehlen an die 100 regionale Schlachthöfe. Ist aus Ihrer Sicht den Verbrauchern klar, dass Regionalität nur über eine neue Strukturpolitik verwirklicht werden kann?

NABU: Es stimmt, dass die Herkunft eines Produkts als Kundenpräferenz eine immer größere Rolle spielt. Als alleiniges Kriterium reicht Regionalität allerdings nicht aus, um eine nachhaltige Produktion und Lieferung von Lebensmitteln zu garantieren. Nur wenn Waren auch ressourcenschonend und klimafreundlich hergestellt wurden, kann man von wirklich grünen Produkten sprechen. Das wird in der derzeitigen Debatte oft vergessen. Eine alleinige Konzentration auf regionales Fleisch greift dabei zu kurz. Anstatt sich auf einen Ausbau von Schlachthöfen mit neuen Vertriebswegen etc. zu konzentrieren, müssen auch alternative Konsumstile in den Vordergrund rücken, die einen wesentlich geringeren Fleischverbrauch beinhalten.

HuH: Jetzt im vierten Jahr zeichnet der NABU Händler mit einem „Grünen Einkaufskorb“ aus. Welches Signal wollen Sie und kann der Händler dem Verbraucher damit geben?

NABU: Mit dem grünen Einkaufskorb will der NABU ein Zeichen für nachhaltigen Konsum setzen und Handelsunternehmen dafür gewinnen, sich stärker für umweltfreundliche Produkte und betrieblichen Umweltschutz einzusetzen. Der Preis zeigt, dass es trotz vieler Herausforderungen Möglichkeiten und Spielräume gibt, seinen Einkauf klimafreundlich und ressourcenschonend zu gestalten. Das kann allerdings nicht vom Verbraucher allein geleistet werden. Die Händler haben es in der Hand als zentrale Schnittstelle zwischen Produzenten und Konsumenten sein Sortiment umweltfreundlich zu gestalten und zu präsentieren und damit Signale an beide Seiten zu senden. Mit kreativen Konzepten werden sie so zu Wegweisern in der Branche und zeigen uns, was heute im Lebensmitteleinzelhandel schon alles für die Umwelt von heute und morgen getan werden kann.

HuH: Vielen Dank Herr Roth.

Die Fragen stellte Roland Krieg

Lesestoff:

Wettbewerb „Grüner Einkaufskorb“ des NABU: www.nabu.de

Der Weg über den Verbraucher floppt“: Rewe Dialogforum Tier und Pflanze

Grenzen des persönlichenEngagements

Interview mit Marlehn Thieme, Vorsitzende des Rates fürNachhaltigkeit

Roland Krieg

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