Non Scholae, sed vitae discimus
Handel
Fürs Leben lehren
Non scholae, sed vitae discimus: Es war schwer, den
Lebensalltag zwischen den Lateinvokabeln zu entdecken. Auch Sinus und Cosinus
boten sich als Mitspieler auf dem Fußballplatz nicht an. Doch Staatssekretär
Dr. Robert Kloos aus dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (BMELV) nahm die Jugend in Schutz. Sokrates sagte ihr noch
schlechte Manieren nach, doch die neue Generation zeigt sich immer
interessierter an der Einbeziehung des Alltags in die Lehrpläne. Daher wurden
im Rahmen der Initiative „Verbraucherbildung – Konsumkompetenz stärken“ am
Mittwoch Preise an Lehramtsstudierende vergeben, die mit innovativen Konzepten
den Lebensalltag in die Schule bringen: „Fürs Leben lehren“ lautet das
Folgemotto und setzt den lang gehegten Schülerwunsch um. Und erfüllt den alten
Lateinerspruch mit neuem Leben.
Es gibt zahlreiche Projekte in verschiedenen Bundesländern, Probleme des Alltags in der Schule zu thematisieren, doch eine Breitenwirkung setzt in der Lehrerausbildung an. Dafür geben die ausgezeichneten Projekte zum Nachahmen beredte Auskunft.
43 Prozent der Schüler interessieren sich für Wirtschaft, zitiert Dr. Kloos eine Schufa-Studie. Spätestens mit dem eigenen Handy nehmen die Jugendlichen aktiv am Wirtschaftsleben teil – und teilen auch die Risiken. Der Staat hat mit der Button-Lösung einen Rahmen gesetzt. Das Thema Kostenfalle im Internet ist bei den Verbraucherzentralen rückläufig. Das alleine reicht nicht. Die Verbraucheraufklärung ist wichtig, fängt schon bei Hänschen an und gibt den Schülern nach ihrem Abschluss eine Alltagskompetenz für die weiteren Jahre.
Die drei Projekte zeigen nach Prof. Dr. Andreas Fischer, Juror von der Leuphana-Universität Lüneburg, dass Wirtschaft nicht nur Theorie, sondern auch Lebenswirklichkeit beschreibt. Die Projekte haben sich mit eingangs sperrigen Themen wie E-Commerce, Einkaufsfallen im Supermarkt und dem Girokonto beschäftigt – aber die Schüler haben schnell gemerkt, wie lebensnah der Unterricht wird.
Platz 3: „E-Commerce – Grundzüge des
elektronischen
Handelns“
Im Konzept von Sabrina Herrmann, Carina Hockert,
Florian Kuczera und Michaela Mohr von der Universität Mannheim erarbeiten sich
die Schüler in zwei aufeinander aufbauenden Doppelstunden die Grundlagen des
Internethandels mit praxisnahen Fallbeispielen und auch einem Kreuzworträtsel.
Das Unterrichtskonzept hat zum Ziel, den jungen Verbrauchern ihre Rechte und
Pflichten im digitalen Handel aufzuzeigen. Dabei wechseln sie auch von der
Käufer- in die Anbieterrolle.
Platz 2: „Als kluger Verbraucher lasse ich
mich im
Supermarkt nicht manipulieren“
Sebastian Eggert vom Berufskolleg Ehrenfeld in Köln hat die Beweggründe erforscht, warum an der Kasse meist mehr im Einkaufswagen landet, als beim Betreten des Geschäftes geplant ist. Zwei Drittel des Einkaufens ist emotional beeinflusst, was die Märkte auch geschickt auszunutzen wissen. In Gruppenarbeiten werden die Strategien der Kundenmanipulation erarbeitet. Dazu gehört auch ein Gespräch mit einem Marktleiter, um die andere Seite kennen zu lernen. Das Konzept wurde vor allem wegen seiner Alltagsnähe ausgezeichnet.
Platz 1: „Rund um das Girokonto“
Ein Girokonto hat jeder. Doch Fragen bleiben vor den ersten Kontobewegungen und werden in fünf Lernstationen thematisiert: Wie richte ich ein Girokonto ein, wie nutze ich einen Bankautomaten, wo überweise ich, wie lese ich einen Kontoauszug oder brauche ich einen Dispokredit für eine kaputte Waschmaschine? Anne-Christine Wolf von der Universität Potsdam hat ihr Lernkonzept bereits in der 8. Klasse bei begeisterten Schülern angewandt. Das Konzept der Brandenburgerin spannt einen Bogen zwischen ökonomischer Allgemeinbildung und Schüleralltag. Dabei werden auch Recherchen außerhalb der Schule fällig.
Lesestoff:
Vor dem Hintergrund steigender Zahlen nur noch temporär angestellter Lehrer sind in Ergänzung zum BMELV vor allem die Kultusminister gefragt, die Verbraucherbildung stärker in die Schule einzubinden
Roland Krieg, Fotos: roRo