Notfalllösung Climate Engineering?
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Der Wunsch, das Klima zu gestalten
Wissenschaftler sind dazu übergegangen das aktuelle Erdzeitalter als Anthropozän zu bezeichnen. Kein anderes Lebewesen hat die Gestalt der Erde ähnlich verändert wie der Mensch. Er gräbt kilometertief nach Rohstoffen, verändert Flussläufe, legt Landschaften trocken und verändert das Mikroklima durch Städtebau.
Seit der industriellen Revolution setzt die Menschheit Treibhausgase frei, die über eine Anreicherung in der Atmosphäre einen Klimawandel verursachen, der ein bequemes Leben auf dem Planten erschwert und gefährlich macht. Da die großen Klimaverhandlungen nicht richtig vorankommen, hat der technische Mensch sich auch andere Überlegungen einfallen lassen. Gedanklich scheinen aktive Eingriffe in das Weltklima möglich, wie das ein- und ausschalten einer Klimaanlage, wie Eva Bulling-Schröter (Die Linke) am Donnerstagabend im Bundestag sagte.
Gegenstand der Debatte war der Bericht des Büros zur Technikfolgen-Abschätzung (TAB) mit dem Titel Climate Engineering. Der ist am 12.12.2014 als Buch erschienen [1].
Was gibt es?
Verschiedene Techniken lassen sich grob in zwei Kategorien einteilen. Die ersten Techniken wollen Kohlendioxid wieder aus der Atmosphäre entfernen [2]. Sie werden als Carbon-Dioxid-Removal-Technologien (CDR) bezeichnet.
Die anderen Möglichkeiten basieren auf den Eingriff in die Balance zwischen Sonneneinstrahlung auf die Erde und ausgehender Strahlung von der Erde. So könnten Schwefelpartikel in die Atmosphäre eingebracht werden und die Sonnenstrahlung zurück werfen. Damit würde es auf der Erde kühler. Diese Techniken werden als Radiation-Management-Technologien (RM) bezeichnet.
Einhelliges Nein
Die Redner aller Parteien waren sich einig, dass noch zu viele Fragen offen sind, als dass die Techniken wirklich angewandt werden könnten. Dr. Philipp Lengsfeld (CDU) verwies auf den Aralsee, der heute versalzt und ausgetrocknet ist, weil für die Baumwollfelder zu viel Wasser genutzt wurde. Da habe schon im Kleinen ein Eingriff in die Natur versagt. Climate Engineering erscheint zwar als Notlösung, falls die Menschen Vermeidung und Anpassung beim Klimawandel nicht mehr hinbekämen. Sie sollten sich aber nicht darauf verlassen und die eingeschlagenen Pfade weitergehen. Für Lengsberg zeichnet der TAB-Bericht genau diesen Weg: Adaption: Entwicklung zur nachhaltigen Anpassung an den Klimawandel.
Die Kritik am Climate Engineering habe nichts mit Technologiefeindlichkeit zu tun, betonte Bulling-Schröter. Dieser Weg sei zwar verlockend, weil die Menschen keine Gewohnheiten mehr ändern müssten. Doch die „Frankensteinklimaingenieure“ loben die Technik wieder zu einer göttlichen Allmachtsphantasie hoch, deren Auswirkungen auf Luft, Boden, Wasser und den Menschen zu viele Variable hat. Kohleausstieg und Einstieg in die erneuerbaren Energien hingegen sind überschaubar.
Mit Climate Engineering „wiegen wir uns in Sicherheit“, unterstrich René Röspel von der SPD. Dennoch müsse daran weitergeforscht werden, um die Auswirkungen festzustellen. Denn international drängen nach Sybille Benning (CDU) Russland und China auf solche Techniken. Sie werfen aber völkerrechtliche Fragen auf. Was passiert, wenn ein Land das Klima verändert und das Nachbarland darunter leidet? Deshalb solle sich Deutschland für verbindliche internationale Regeln stark machen.
Für Harald Ebner (Bündnis 90/Die Grünen) bleibt auch keine Zeit auf die neuen Techniken zu warten. Es dauere noch Jahre, bis die eine oder andere einsetzbar sei. Die Klimauhr hingegen ticke gegen das Zwei-Grad-Ziel schneller herunter.
Lesestoff:
[2] Mit Eisensulfat Meeresplankton düngen
roRo