Potemkinsche Vollkornbrötchen

Handel

Vollkorn: Nicht immer drin, was es außen verheißt

Das aktuelle Apothekenmagazin „Diabetiker Ratgeber“ (Ausgabe 1/2010)hat bei zehn nach Vollkorn aussehenden Brötchen einmal genau hingeschaut. Nur drei brachten es auf einen Anteil von mindestens sechs Gramm Ballaststoffe, was nach Auskunft von Professor Dr. Hans Hauner, Leiter des Else Kröner-Fresenius-Zentrums in München, für echte Vollkornprodukte spricht. Es ist nicht so leicht nachzuweisen, ob ein Brötchen, das nach Vollkorn aussieht, wirklich aus Vollkorn ist. Die Farbe ist für den Kunden kein brauchbares Kriterium. Dunkler Teig kann auch durch Rübensirup oder Malz erreicht werden. Feines Vollkornmehl ist oft nicht dunkler als Weißmehl. Vielleicht ist typisch, dass die beiden besten Produkte des Tests in einer Traditionsbäckerei und in einem Reformhaus gekauft wurden, mit kundigem Auge kann man aber auch in Bäckereiketten und im Supermarkt fündig werden. Wer ganz sicher gehen will, backt zu Hause mit fertigen Vollkornmischungen oder mahlt das Mehl sogar selbst.

Chefredakteur Dr. Andreas Baum führt aus, warum ausgerechnet Vollkornbrot und -brötchen so gesund und beim Abnehmen hilfreich sind:

Dr. Baum: Zum einen, Vollkornmehl liefert bedeutend mehr Ballaststoffe, weil es die gesamten Bestandteile der Getreidekörner einschließlich des Keimlings enthält. Dann helfen Brot- oder Brötchen aus Vollkorn auch beim Abnehmen, weil, sie sättigen einfach länger und man bekommt nicht so schnell Hunger. Für Diabetiker ist interessant: Vollkorn verzögert den Übertritt von Zucker aus der Nahrung ins Blut, hilft also den Blutzuckerspiegel im Griff zu behalten. Das gilt allerdings nur, wenn es sich auch um echte Vollkornprodukte handelt.

DR: Sie sprachen eben von echtem Vollkorn. Ist dunkles Brot nicht automatisch aus Vollkorn?
Dr. Baum: Nein, nicht unbedingt. Dass ein Brot schön dunkel ist oder Körner darüber gestreut sind oder dass es "Mehrkornbrot" oder "Kornknacker" heißt, ist keine Garantie, dass es sich tatsächlich um ein Vollkornprodukt handelt. Teig kann man z.B. auch mit Malz oder Rübensirup einfach dunkel färben. Und Vollkornbrot muss auch nicht zwangsläufig dunkel und grobkörnig sein.

DR: Warum nicht?
Dr. Baum: Weil fein gemahlenes Vollkornmehl z.B. aus Weizen kaum dunkler ist als Weißmehl. Darum ist es schon wichtig, dass man sich die Bezeichnungen auf der Verpackung genau durchliest oder auch beim Bäcker nachfragt. Ein Test, den wir gemacht haben, hat allerdings ergeben, dass oft nicht einmal das Verkaufspersonal wirklich Bescheid weiß.

Text und Interview: Diabetiker Ratgeber 1/2010; Foto: roRo

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