Preisrallye Nonstop?

Handel

Wohin gehen die Lebensmittelpreise?

Mais: Mehr als 200 Euro je Tonne, Weizen liegt bei 245 Euro je Tonne und Raps hat die Marke von 485 Euro erreicht. Angesichts der langanhaltenden Preisrallye geht manchem Börsianer  die Bodenhaftigkeit verloren. „Superzyklus der Agrarpreise“, Getreide als neues Gold…

Klimawandel-, Pandemiepreise?

Wer bei den Preisen seine neue Ernte absichern kann, wird nach der Ernte 2021 seinen Liquiditätslücke sicher erst einmal schließen können. Wer in den historischen Börsenverläufen ähnliche Zahlen entdecken will, der wird im Jahr 2013 fündig.  2013? Das war das Jahr extremer Trockenheit. Sind die aktuellen Börsenpreise ein Ausblick auf die Erzeugerpreise im Klimawandel? Bleibt dann die Freude wirklich noch unbegrenzt? Im Gegensatz zu den hohen Preisen ruht der aktuelle Handel in Deutschland. Vielen sind die Preise zu hoch. Raps aus der künftigen Ernte 2021 ist zu größeren Teilen bereits ausverkauft. Nur die Mischfutterindustrie muss Lücken decken und geht mit den Futterpreisen ebenfalls rauf. Was den Ackerbauern freut, ist das Leid des Tierhalters. Am Ende steigen die Preise auch für den Verbraucher.

Viele Gründe

Im Gegensatz zu neuen Preismeldungen, gehen den Analysten die Gründe für die Ursachen aus. Chinas Getreidebedarf, Russlands Exportzoll für Weizen und La Nina, das Wetterphänomen, das die Getreideernten in Südamerika schädigt. Offenbar sorgen auch unterbrochene Lieferketten und (nationale) Hamsterkäufe angesichts steigernder Preise für einen der aktuell stärksten Bullen an den Agrarrohstoffmärkten. Auch bei den Ölsaaten geht es steil nach oben. Die Alternativen zu fossilen Erdölen werden durch steigende Rohölpreise wieder wettbewerbsfähiger und klettern preistechnisch durch gestiegene Nachfrage ebenfalls nach oben.

Nach jedem Bullen zieht ein neuer Bär in das Börsenhaus. Landwirte sollten den Moment genießen – ewig wird er nicht währen. Oder doch?

Nervosität steigt

Der Blick auf die Verbraucherpreise seit Mitte des vergangenen Jahres zeigt nach Angaben der UN-Organisation für Landwirtschaft und Ernährung (FAO) einen Anstieg um 50 Prozent über alle Märkte hinweg. Exportsteuern und weltweit sinkende Einkommen bei den Haushalten in der Pandemie sorgen für Nervosität bei der Politik. Nach Analyse der Rabobank wird die Hausse noch das ganze Jahr über währen.

Das Wetter spielt eine Rolle. Vor allem, weil es Stimmen gibt, die der kalten Schwester La Nina eine längere Verweildauer für 2021 vorhersagen. Das könnte dann auch Auswirkungen auf die Sommersaaten in Europa haben. Allerdings sind die Winterverluste 2020/2021 für die Wintersaaten nach Analyse der EU-Kommission sehr gering. Selbst in den Regionen wie Nordfrankreich, Ostengland oder der Zentraltürkei sind die Wintersaaten trotz fehlender Frosthärteentwicklung gut durch den Winter gekommen. Das sieht allerdings in Nordafrika anders aus. In Marokko sind die Wintergetreide verspätet ins Wachstum gekommen, in Algerien liegt das Biomassewachstum deutlich unter dem Durchschnitt.

Nachfrage

Was aktuell der deutsche Industrie hilft, ist auf dem Agrarmarkt eher ein Hindernis: Die starke Nachfrage aus China. China sucht händeringend Futter und setzt mittlerweile auch gebrochenen Reis ein. Gebrochen wird er, damit er nicht aus dem Trog in die Lebensmittelkette gelangt. Aber nicht nur China saugt den Markt leer. Steigende Preise spiegeln sich im Aufbau von Lagerbeständen einiger Länder wider. Die Sorge wächst, künftig noch teurer einkaufen zu müssen. Der Hebel ist dabei groß. Vertrauen Firmen auf Lagerbestände für zehn Wochen und sollen die vorsichtshalber um 10 Prozent gesteigert werden, bedeute das ein globales Nachfrageplus von zwei Prozent. Hier trifft nach Analyse der Rabobank der Lagerwunsch auf Exportzurückhaltung. Das letzte, was Staaten derzeit wollen, sind steigende Lebensmittelpreise bei sinkenden Haushaltseinkommen. Argentinien hatte zweitweise den Export von Mais sogar gestoppt. Russland belegt Weizen mit einem Ausfuhrzoll und will Brasiliens Broiler zollfrei ins Land lassen, um die Preise zu stützen.

Spekulation

Das Marktgeschehen rund um die Agrarrohstoffe lockt wegen des Niedrigzinses Spekulanten an, die in Langzeitpositionen investieren. Neben der Zinsfrage, spielen Inflationsängste und das Momentum an der Börse die Hauptrolle bei den steigenden Preisen. Lediglich die aktuelle Lust an der Spekulation könnte vorzeitig enden, was dann aber die Volatilität der Preise erhöhe.

Aktuelle Weltversorgung

Am Dienstagabend hat das US-Landwirtschaftsministerium die neuesten Schätzungen für die Versorgung mit Nahrungsmitteln veröffentlicht.

Bei Weizen steht der aktuelle Monat für gesunkene Lagerbestände, einen höheren Konsum, aber auch für eine Anhebung der Produktionszahlen. Dem Konsum von 776 Millionen Tonnen Weizen stehen 777 Millionen Tonnen Erzeugung gegenüber, die das Angebot auf gut eine Milliarde Tonnen erhöht. Das Plus kommt aus Australien, dass mit 33 Millionen Tonnen sogar noch das bisherige Rekorderntejahr 2016/17 mit 31,8 Millionen Tonnen übertreffe. China hat in den ersten beiden Monaten 2021 viel Weizen ausgelagert, da er günstiger als Mais ist. Umgekehrt bedeutet das, China wird 2020/21 rund 35 Millionen Tonnen Weizen neu importieren.

Bei Mais und Sorghum bleiben die Prognosen unverändert bei 1,4 Milliarden Tonnen. Ein Plus verzeichnen Indien, Südafrika und Bangladesch. Die Lagerbestände für Mais werden um 1,1 Millionen Tonnen höher auf 287,7 Millionen Tonnen geschätzt.

Bei Ölsaaten verzeichnen alle Kulturen bis auf Palmöl höhere Produktion, höheren Bedarf, aber auch höhere Lagerbestände für das Wirtschaftsjahr 2020/21. Brasiliens Sojaernte wird um eine auf 135 Millionen Tonnen erhöht, die in Argentinien um 0,5 auf 47,5 Millionen Tonnen gesenkt. Indien meldet mit 10,7 Millionen Tonnen stabile Ernteprognosen.

Roland Krieg

© Herd-und-Hof.de Nutzungswünsche: https://herd-und-hof.de/impressum.html

Zurück