Psychologische Obsoleszenz

Handel

Langlebigkeit vs. Konsum

Je schneller Geräte kaputt gehen, desto eher muss der Konsument ein neues kaufen. Konsumkritiker haben mit der Forderung nach „Langlebigkeit“ für technische Geräte eine neue Abwehrhaltung zur immer schneller werdenden Globalisierung gefunden. Verbraucher sind der Meinung, dass die Geräte schon ab Werk mit einem vorfristigen Ende auf den Markt kommen.

„Langlebigkeit“ wird zum Verkaufsargument der skeptischen Konsumenten und wurde erst im März durch eine neue EU-Studie befeuert [1]. Dort ging es allerdings weniger um den Nachweis der Obsoleszenz, als vielmehr um das Verkaufsargument, ein technisches Gut möglichst lange nutzen zu können. Mit so einer Wahl können Verbraucher Suffizienz zeigen, den sparsamen Umgang mit Ressourcen in einer endlichen Welt.

Obsoleszenz

Mit dem Begriff „Obsoleszenz“ hat ein neues Wort Eingang in die Sprache gefunden, dass die natürliche oder künstliche Alterung eines Produktes bezeichnet. Der eingebaute Fehler ab Werk würde den Kunden betrügen und eine vorzeitige Alterung für einen häufigeren Konsum initiieren. Die neue Studie von Bundesumweltamt und Öko-Instituts, die in der vergangenen Woche im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung vorgestellt wurde, kommt zu einem differenzierten Ergebnis: Eine „geplante Obsoleszenz“ ist nicht nachweisbar, sagte Dr. Ines Oehme vom Bundesumweltamt. Dagegen ist Obsoleszenz ein sehr vielschichtiges Phänomen.

Werkstoffliche Obsoleszenz: Dabei werden in der Tat Materialien und Komponenten mit mangelnder Leistungsfähigkeit verwendet, die das Produkt schneller altern lassen.

Funktionale Obsoleszenz: Obwohl das Produkt noch funktioniert, wird es weniger alltagstauglich, weil sich technische und funktionale Anforderungen verändern. Schnittstellen von Hard- und Software sind nicht mehr nutzbar.

Psychologische Obsoleszenz: Verbraucher empfinden ihr Produkt als „veraltet“, weil es neuere technische Weiterentwicklungen gibt.

Ökonomische Obsoleszenz: Ein Gerät kann zwar repariert werden. Aber der Aufwand ist höher, als ein Neukauf.

Opfer und Täter

Bei der geplanten Obsoleszenz werden Hersteller und Konsument in Täter und Opfer geteilt. Die Hersteller „machen Geräte schneller kaputt“ und Kunden können sich nicht dagegen wehren. Da aber beide am Markt miteinander agieren, sei diese einfache Zweiteilung falsch, erklärte Dr. Oehme. Da sich die Produkt- und Konsumumgebung im stetigen Wandel befindet, könne kein Produkt „lebenslang“ haltbar bleiben. Je genauer Hersteller ihre Produkttests durchführen, desto genauer sind ihre Angaben über die Nutzungsdauer.

Der oft angeführte temperatursensible Aluminium-Elektrolytkondensator werde aus Gründen des Designs nahe des Prozessorsockels platziert. Allerdings ist seine richtige Dimensionierung auch entscheidend für die Langlebigkeit. So offeriert beispielsweise die Qualitätsdefinition von Größe und Platzierung des Kondensators die Überlegenheit von teureren Qualitätsprodukten über billigere Nachahmerware. Die Studie fordert ein „striktes Qualitätsmanagement in der Zuliefererkette“.

Schnellerer Austausch

Siddarth Prakash vom Öko-Institut legte Zahlen auf, die bei Waschmaschinen in den ersten fünf Jahren heute dennoch einen doppelt so hohen technischen Ausfall zeigten als vor zehn Jahren. Allerdings tauschten die Kunden auch zur Hälfte mehr das Gerät gegen ein Neues ein, weil es ihnen nicht mehr gefiel. Fernsehern und Laptops werden in der Regel häufiger wegen Nichtgefallens häufiger ausgetauscht, als dass sie wegen technischer Fehler aufgegeben werden.

Insgesamt waren 49 Prozent der Befragten mit der Lebensdauer ihres Gerätes zufrieden oder überrascht, dass es so lange gehalten habe. 19 Prozent erwarteten eine längere Lebensdauer und für elf Prozent war sie viel zu kurz.

Lesestoff:

Umweltbundesamt: Einfluss der Nutzungsdauer von Produkten auf ihre Umweltwirkung: Schaffung einer Informationsgrundlage und Entwicklung von Strategien gegen „Obsoleszenz“ 2016; www.umweltbundesamt.de -> Publikationen

[1] Verbraucher wollen keinen Murks: EU-Studie zu Obsoleszenz

Roland Krieg

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