Regionale Produkte brauchen einen Rahmen

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Regionale Produkte brauchen einen Rahmen

In den letzten Jahren haben namhafte Lebensmitteleinzelhändler regionale Erzeuger in ihr Geschäft aufgenommen. Mit dem Motto „Regional – 1. Wahl“ bezieht das Edeka-Geschäft im brandenburgischen Neuruppin seit April diesen Jahres Produkte von mehr als 40 Kleinerzeugern, die sich über pro agro vermarkten.
Der Berliner Handelsblatt-Kongress „store 2009“ bestätigt die Einzelhändler, auf die Verbrauchertrends Regionalität und Saisonalität zu setzen. Eine Chance für die Landwirtschaft, nicht nur Rohstoffe für den Convenience-Bereich zu liefern, sondern auch individuelle Spezialitäten mit regionaler Authentizität.
Dabei kommt es auf den Rahmen an, in dem die Produkte verkauft werden. Vorstandssprecher Michael Radau von der Biosupermarkt AG zeichnete den Weg nach, den die Biobranche nahm: „Begonnen hatte es in einem 25 Quadratmeter großen Laden mit abenteuerlicher Logistik.“ Heute gibt es mehr als 100 Biosupermärkte, die dem Kunden Wohlfühlatmosphäre und erlebbare Qualität bieten. Einer von Radaus Läden holt seit 2005 die Kunden in den Münster-Arkaden ab, dort wo eine hohe Besucherfrequenz ist.
Nach Martin Orterer aus der Rewe-Geschäftsleitung steht die Branche vor einer „spannenden Frage“. Zwischen 36 und 38 Prozent der Kunden bei Rewe und Edeka sind über 60 Jahre alt. Die jungen Menschen kaufen heute mehrheitlich im Discounter. Doch der demografische Wandel lässt die Gesellschaft altern und im Jahr 2020 werden 40 Prozent der deutschen Haushalte Single-Haushalte sein, so Orterer. Wo werden die „älteren Kunden von morgen“ einkaufen?

Rewe-City-Markt
Seit Mai verfolgt die Rewe mit dem City-Konzept ein innerstädtisches Vollsortiment in hochverdichteten Stadtlagen. Im Umkreis von 500 Meter müssen mindestens 5.000 Menschen leben, damit sich das Konzept rechnet, so Orterer. Auf maximal 1.000 Quadratmeter bietet Rewe rund 8.000 Artikel an. Gesundheit, Genuss und Convenience mit „Ready-to-cook“ – Gerichten würden immer wichtiger und Produktsicherheit, Qualität und Umweltschutz zu Basisstandards. Wegen der besseren Infrastruktur und medizinischen Versorgung zögen künftig mehr ältere Menschen aus den Vorstädten wieder zurück in die Innenstädte und der LEH müsse sich mit einem gezielten Warensortiment die Chance auf künftige Gewinne sichern. Molkereiprodukte gehören dazu. Sie stellen in den derzeit 170 City-Märkten den Großteil des Sortiments. Orterer rief die Lebensmittelindustrie auf, neue Produkte für die sich ändernde Gesellschaft zu entwickeln.

Ohne Regionalität geht nichts
Technik, Ladengröße und Ausstattung standen nach Manfred Schmäing bei der Ladengestaltung lange Zeit im Vordergrund. Schmäing leitet den Geschäftsbereich Ladenplanung-Design bei Edeka Südwest und rückte das „Emotionale“ beim Kunden in den Vordergrund. Dem Kunden sei es egal, ob der Metzger im Laden das Steak auf einer digitalen oder alten Zeigerwaage abwiegt. Schmecken müsse es, damit er wiederkomme.
Sauberkeit, Ordentlichkeit und Höflichkeit würden im Handel „oft total unterschätzt“. Die Ware müsse inszeniert werden. Daher verfolge die Edeka mit Marktplätzen der Frische, Bedientheken und eigenen Metzgereien neue Konzepte, die über saubere Transportbänder, Lichtflächen und Maximalgrößen von Regalen zwecks transparenterer Ladengestaltung hinausgehen.
Regionale Produkte haben daher nicht nur in speziellen Regalen eine Chance, sagte Schmäing zu AgE, sondern sind „wesentlicher Bestandteil“ des gesamten Sortiments, weil die Verbraucher das wünschen. Edeka habe die regionalen und überregionalen Produkte auch nebeneinander stehen. Habe der Kunde die Wahl, greife er überwiegend zu den lokalen Waren, so Schmäing. Wichtig für den Abverkauf sei, dass „Bühne und Programm“ übereinstimmten.
Der Konsum gehe heute über den Gebrauchswert hinaus, führte Unternehmensberaterin Julia Kienzle aus. Dieses Tagungsfazit für den Handel gilt auch weiter vorne in der Wertschöpfungskette: Für wen produziert der Landwirt morgen welche Produkte?

roRo

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