Regionalität ist mehr als Herkunft
Handel
Regionalkennzeichnung ohne Qualität ist ohne Chance
Der Begriff Nachhaltigkeit wird derzeit „inflationär“ verwendet, führte im Vorfeld der Grünen Woche Heiner Sindel, 1. Vorsitzender des Bundesverbandes der Regionalbewegungen an. Regionalität elektrisiere die Verbraucher mittlerweile mehr als „bio“, aber die Zahl der „Mogelpackungen“ ist groß. Die Milch einer Marke, die eine Bundesland im Namen trägt wird bundesweit gesammelt und in einem andern Bundesland verarbeitet. Bayerischer Orangensaft ist nicht weniger irreführend. Derzeit befinden sich Politik und Handel in einer „Findungsphase“ und „eine ganz heiße Sache“ sei die noch offen stehende Definition für Regionalität. Für die einen ist es der Landkreis, für die anderen ein Bundesland oder ganz Deutschland. Was ist mit den Verbrauchern in einem grenznahen Gebiet? Das Brot jenseits der Grenze kann regionaler sein als aus der eigenen Umgebung.
Eines aber scheint schon sicher. Das von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner in der nächsten Woche vorgestellte Regionalfenster wird es ohne weitere Qualitätskriterien schwer haben. Ausschließlich „Herkunft“ fällt gegenüber bestehenden Regionalmarken ab. Zur Zeit sind keine weiteren Differenzierungen wie „öko“, „fair“ oder „nachhaltig“ nicht zugelassen. So ist das Regionalfenster in den Augen von Bioland-Präsident Jan Plagge zwar eine „zusätzliche, interessante Information für die Verbraucher“, aber ein Schuh werde erst durch die Qualitätsangabe. So könnte Schweinefleisch aus einer regionalen „Massentierhaltung“ kommen – und wird dem Regionalfenster die Glaubwürdigkeit entziehen.
Für die Ökoverbände hat das Regionalfenster keinen Wert, denn es werde nicht den Fortschritt der Agrarwende beschreiben können.
Ein umfassendes Beispiel aus der Praxis ist „Tagwerk“ in Bayern, das aus einem kleinräumigen Netz aus Bäckern, Metzgern, Verarbeitern und Händlern besteht. Dr. Michael Rittershöfer, Geschäftsführer von Tagwerk beschreibt, dass die Verbraucher aktiv einbezogen sind. Neben einer eigenen Regionalmarke veranstalten die Betriebe einen Tag der offenen Tür, können Kartoffeln selber ernten und sehen die Leistungen der Landschaftspflege vor der Haustür entstehen.
Für die Umsetzung eines glaubwürdigen Regionalkonzeptes müsse es eine verbindliche Definition von „Regionalität“ geben, was aber nicht einfach ist, denn Verbraucher stellen sich eher etwas „kleinteiliges“ darunter vor.
Produkte mit diesem Begriff muss neben den Rohstoffen auch die Verarbeitung in der Region stattfinden. Als weitere Qualitätsmerkmale fordert der Bundesverband der Regionalbewegung auch Gentechnikfreiheit, Futtermittel aus der Region, artgerechte Tierhaltung und kurze Transportwege. Ein „Bundesprogramm Regionalvermarktung soll die kleinen Unternehmen bei der Umsetzung unterstützen.
Lesestoff:
Roland Krieg
[Sie können sich alle Artikel über die diesjährige Grüne Woche mit dem Suchbegriff „IGW-13“ anzeigen lassen]