Risikoausgleichsrücklage

Handel

Gegen Wetter und Märkte absichern

Die Ernte 2009 hat es deutlich hervorgebracht: Gute Ernte, aber schlechte Preise. Es sind nicht nur die Witterungsunbilden, sondern auch das Wegfallen von Vertragspartnern in vor- und nachgelagerten Bereichen, Krankheiten oder die Wirkung der Nachbarernte auf globalisierten Märkten. Wenn Bauern Abschläge aus guten Vorjahresgewinnen dann bezahlen müssen, wenn sie wegen des aktuell schlechten Preisniveaus ihre Liquidität aufrecht erhalten wollen, um den Ausgabendienst zu erfüllen, wäre ein Sicherheitspolster mehr als nur ein Beruhigungskissen. Deshalb fordert der Deutsche Bauernverband (DBV) eine steuererleichterte Risikoausgleichsrücklage. In den Fachausschüssen entstand ein erster Entwurf, der am Dienstag diskutiert wurde. Mit dabei waren zahlreiche Vertreter aus Finanz- und Wirtschaftsministerien.

Die „jungen Wilden“ brauchen Geld
Prof. Dr. Enno Bahrs von der Universität Hohenheim hat sich die landwirtschaftlichen Betriebe einmal genauer angeschaut. Es gibt Betriebe mit hoher Liquidität, die ein hohes, mitunter auch ein geringes Einkommen erzielen. Die brächten keine extra Risikoabsicherung. Sie profitierten sogar aufgrund ihrer Liquidität auf dem Markt. Die Betriebe, die wenig Einkommen erzielen und knappe Geldvorräte haben, müssten sich fragen, ob sie überhaupt strukturell für den Markt vorbereitet sind. Bei den Betrieben stellte sich generell die Frage, ob sie noch gefördert werden sollten. Hingegen gibt es die Betriebe, die zwar wenig Geld haben, aber ein gutes Einkommen. Das sind die „jungen Wilden“, so Prof. Bahrs. Die haben kein Geld, weil sie investieren und wachsen. Für sie wäre eine Risikoabsicherung sinnvoll und notwendig.
Das der Staat für die Risikoabsicherung aufkommt, ergibt sich aus dem Landwirtschaftsgesetz, so Prof. Bahrs. Dort ist die Einkommens- und Produktionssicherung aufgeführt. Allerdings müsse sich die Branche den Vorwurf gefallen lassen, dass sie in den letzten Jahren durch sichere staatliche Unterstützung den Umgang mit dem unternehmerischen Risiko „verlernt“ habe.

Hilfe würde wirken
Das eine Risikoausgleichsrücklage helfen würde, hat Prof. Dr. Oliver Mußhoff von der Universität Göttingen berechnet. Anhand von Testbetriebsdaten hat er sich vergangene Jahresabschlüsse angeschaut und simuliert, wie sich die Betriebsergebnisse bei Berücksichtigung einer Rücklage verändern würden. Im Ergebnis fallen die Preisschwankungen deutlich niedriger aus, es ergibt sich ein leichtes Einkommensplus und der Subventionseffekt läge bei einem Prozent. Egal bei welcher Produktionsrichtung, egal ob große oder kleine Betriebe und auch egal ob die Betriebe juristische Personen wie in Ostdeutschland sind.
Solche Effekte haben auch andere Länder erkannt. Udo Hemmerling vom DBV hat über die Grenze geschaut und vergleichbare Rücklagemöglichkeiten in mehreren Ländern entdeckt. Entweder wird Geld auf ein Sonderkonto geparkt oder die Finanzämter besteuern einen Durchschnittsgewinn über mehrere Jahre hinweg.
In Australien können beispielsweise bis zu umgerechnet 180.000 Euro auf ein Sonderkonto eingezahlt werden. Die Banken bieten für das Geld sogar Sonderkonditionen an. Frankreich knüpft steuerliche Rücklagen an das Vorhandensein von Ernteversicherungen und auch Neuseeland, Montana in den USA, Schweden und die Niederlande bieten verschiedene Modelle an.
Das deutsche Finanzministerium zeigt sich jedoch standfest. Ingetraut Meurer, Referatsleiterin für steuerliche Gewinnermittlung im Bundesfinanzministerium sieht die Landwirte in keiner besonderen Situation. Auch andere Gewerbetreibende müssen mit schwankenden Einkommen auskommen. Sie fürchtet, wie ihr Vorgesetzter Peer Steinbrück, dass bei Einführung der Risikoausgleichsrücklage auch Forderungen aus anderen Branchen auf das Amt zukämen.

Eine von vielen Möglichkeiten
Für Dr. Helmut Born, Generalsekretär des DBV, ist das erste Ergebnis der Diskussion, die Besonderheit der landwirtschaftlichen Produktion stärker herauszustellen, um damit die Rücklage für andere nachvollziehbar zu machen.
Im Detail muss der erste Entwurf noch nachgebessert werden. Wenn die Grundlage der Risikoausgleichsrücklage der Paragraph 13 ist, dass das Einkommen aus der Land- und Forstwirtschaft zu erzielen sei, könnten Bodenbesitzer davon profitieren, fürchtet Prof. Bahrs. Die gewerblichen Veredlungsbetriebe, auch im Bereich der Gewächshauskulturen, die derzeit keine Förderungen bekommen, könnten einen Teil der Produktion wieder auf landwirtschaftliche Finanzbasis umstellen.
In der Forstwirtschaft gibt es ein vergleichbares Modell, was jedoch nur von 10 bis 20 Prozent der Betriebe in Anspruch genommen wird, die vom Steuerbüro Kleeberg betreut werden. Die Klientel bewirtschaftet zwischen 150 und 15.000 Hektar Forst. Nach Angaben von Geschäftsführer Reinhard Schmid liegt die geringe Beteiligung an den hohen Anforderungen der Forstschädenausgleichsrücklage. Viele wollen es sich nicht leisten, Geld zu parken, während sie es für Aufforstung und andere Investitionen bräuchten.
Die Bauern haben mehrere Möglichkeiten, ihr unternehmerisches Risiko abzusichern. Das reicht von der Lagerhaltung über Vorkontrakte der Warenterminbörse bis hin zu einer Diversifizierung der Einkommensquellen. Wenn aber die Ziele für die Risikoausgleichsrücklage klar definiert sind und die Betriebe, für die sie bestimmt ist, sie auch gezielt bekommen, dann kann sie ein wirksames Instrument sein, fasst Prof. Bahrs zusammen.

Roland Krieg

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