Rückgang ausländischer Direktinvestitionen
Handel
Auslandsinvestitionen werden kleiner
Der World Investment Bericht der UN-Organisation für Handel und Entwicklung (UNCTAD) weist einen drastischen Rückgang der ausländischen Direktinvestitionen im Jahr 2017 aus. Im Gegensatz zu allen anderen ökonomischen Parametern, die auf eine Erholung der Weltökonomie hinweisen, ist das ein starker Gegensatz, der UNCTAD-Generalsekretär Mukhisha Kituyi beunruhigt.
Gegenüber 2016 nahmen die ausländischen Direktinvestitionen um 23 Prozent von 1,84 Billionen US-Dollar auf 1,43 Billionen ab. Die Indikatoren für künftiges Investment weisen einen Rückgang um 14 Prozent auf 720 Milliarden US-Dollar aus.
Im Ergebnis stagniere das Wachstum globaler Wertschöpfungsketten. Nach zwei Jahrzehnten Wachstum erreichten die internationalen Wertschöpfungsketten einen Höhepunkt in den Jahren 2010 bis 2012. Der Schlüsselindikator für Wachstum durch Wertschöpfungsketten ging 2017 um einen Prozentpunkt auf 30 Prozent Anteil am gesamten Handel zurück.
Die Zahlen sind deshalb beunruhigend, da ausländische Direktinvestitionen eine der größten Einkommensquellen der Entwicklungsländer sind.
Die Zahlen sind überraschend, weil gerade Investitionsbarrieren in den letzten Jahren abgebaut wurden. Im vergangenen Jahr haben 65 Länder insgesamt 126 Maßnahmen für Erleichterungen ausländischer Investitionen beschlossen. Hauptsektoren waren Transport, Verarbeitung und Energie. Es wurden weltweit neue Sonderwirtschaftszonen eingerichtet. Als Hauptgrund für den Rückgang führt die UNCTAD die sinkende Rendite an. Lag der weltweite Prozentsatz 2012 noch bei durchschnittlich 8,1 Prozent, ist er im vergangenen Jahr auf 6,7 Prozent gesunken.
Gleichzeitig nehmen aber auch die Sorgen um einen Ausverkauf der nationalen Wirtschaft zu. Jüngst äußert sich das in einer wachsenden kritischen Haltung gegenüber Investitionen aus dem Ausland. Investitionen werden strenger geprüft und begleitet. Das gelte vor allem für die Bereiche Technologie und für das Land definierte strategische Industrien. Der UNCTAD-Bericht spricht von einer Trendwende im Investitionsbereich. Mit lediglich 18 neuen Investitionsabkommen 2017 wurde seit 1983 die niedrigste Zahl an Vereinbarungen getroffen. Vor allem wurden erstmals mehr Vereinbarungen aufgekündigt als neu geschlossen.
In diesem Zusammenhang ist die Zahl der vor einem Internationalen Schiedsgericht verhandelten Streit mit 65 neuen Fällen im vergangenen Jahr so hoch wie noch nie. Aktuell werden 855 Fälle verhandelt. Bis Ende 2017 bekamen die Investoren in 60 Prozent der Fälle recht.
Eine Differenzierung der Geldflüsse weist Afrika als Verlierer aus. Die ausländischen Direktinvestitionen sind im vergangenen Jahr um 21 Prozent auf 42 Milliarden US-Dollar gefallen. Der Geldfluss nach Südostasien zeigt sich mit 476 Milliarden US-Dollar stabil, der nach Südamerika ist sogar um acht Prozent auf 151 Milliarden gestiegen. Die am wenigsten entwickelten Länder waren nur für 26 Milliarden US-Dollar attraktiv – ein Rückgang um 17 Prozent.
Die Zahlen sind jedoch kein Rückgang der Entwicklung. In den letzten zehn Jahren haben 101 Länder spezielle Industriepakete geschnürt, die sich von den altbekannten Rezepturen unterscheiden. So dienen die Sonderwirtschaftszonen nicht mehr dem reinen Export, sondern auch der Beteiligung der nationalen Industrie an der Wertschöpfung. Die Agenda 2030 bringt ganz spezifische Anreize für start-ups und Erneuerung von bestehenden Wertschöpfungsketten hervor. Für Entwicklungs- und Schwellenländer stehen die Ernährungsindustrie und der Agrarsektor auf der Liste der für Investitionen attraktivsten Sektoren ganz oben. Ausländische Direktinvestitionen gehen vor allem in Südostasien in die Landwirtschaft.
Lesestoff:
Den ganzen Bericht finden Sie hier: http://unctad.org
Roland Krieg