Russlands Embargo greift nicht

Handel

EU hat Marktgleichgewicht bei Obst und Gemüse erreicht

Das Embargo Russlands gegen die G7-Staaten sollte eine Gegensanktion für die erlassenen G7-Sanktionen sein, um das Handeln Russlands auf der Krim und in der Ostukraine zu bestrafen. Der scheinbar überwundene Teufelskreis Reaktion und Gegenreaktion ist zurück auf der politischen Agenda. Doch was sich Putin beim Lebensmittelembargo gegen die G7-Länder ausrechnete bleibt offen. Kein halbes Jahr später ist die Minikrise beim Preis überwunden und als Verlierer bleibt der russische Verbraucher zurück.

Deutschland hatte in den vergangenen Jahren schon unter Sanktionen aus Russland zu leiden. Die früher nach Moskau gelieferten Fleischmengen sind längst auf anderen Märkten untergebracht. Auf der Fruit Logistica konnte Leandro Más Pons, Teamleiter für die EU-Gesetzgebung bei Obst und Gemüse aufzeigen, dass auch auf dem Frischemarkt die Balance wieder gefunden wurde.

Marktrücknahmen

Die EU hat nach dem ersten russischen Einfuhrverbot insgesamt 330.000 Tonnen Obst und Gemüse für 37,3 Millionen Euro vom Markt genommen. Dem zweiten russischen Einfuhrverbot folgte eine Marktrücknahme von 230.000 Tonnen für 52 Millionen Euro. Pons ist stolz darauf, dass kaum etwas vernichtet wurde. Das meiste wurde kostenfrei abgegeben, verbilligt oder über zusätzliche Marketingkampagnen oder wurde schlicht verarbeitet. Zu Säften beispielsweise.

Neue Export-Destinationen

Die frühen Forderungen der Branche nach Erschließung neuer Märkte waren erfolgreich. Mit Ägypten, Kanada, Indien, den Arabischen Emiraten, China und Brasilien wurde neuen Märkte erschlossen. Es wurde auch mehr in die russische Nachbarschaft wie Weißrussland oder Kasachstan geliefert, was offensichtlich nach Moskau durchgehandelt wurde. Der sinkende Wechselkurs des Euro ist den Exporteuren zur Hilfe gekommen, so dass die Marktstabilisierungsprogramme lediglich als Nothilfemaßnahme für die Erreichung des Marktgleichgewichtes zu werten sind. Europa funktioniert.

Drehscheibe Dubai

Im November traf sich die Fruchtwelt im Dubai World Trade Center. Dubai ist die zentrale Drehscheibe für den Import von Obst und Gemüse für den Mittleren Osten. Die Golfstaaten haben großen Hunger auf Obst und Gemüse, was dort nur unter kostenintensiven Bedingungen angebaut werden kann. Die Vereinten Arabischen Emirate verzeichneten im ersten Halbjahr 2014 Ausgaben in Höhe von drei Milliarden Euro für Frischware. 661.000 Tonnen wurden über Dubai verteilt. Projektmanager der einzigen Fruchtmesse im arabischen Raum, Tarek Sibai, sagte: „Die gesamte Obst- und Gemüseindustrie in der Region erlebt einen großen Aufschwung, der sich vor allem durch das Bevölkerungswachstum und der steigenden Nachfrage nach frischen Früchten resultiert.“ Erstmals fand ein spezielles Eurofruit Business Forum statt. Dort konnten in einstündigen Sitzungen Geschäftskontakte geknüpft werden.

Welche Krise?

Leandro Pons fragte nach einem halben Jahr Russlandembargo, um welche Krise es sich handelt? In der Tat zeigen die Zahlen, dass die Europäer in der Summe das Ausfuhrverbot nach Russland mehr als verarbeitet haben. Die Marktbeobachter von freshfel haben sich dazu die ersten Embargo-Monate August bis November angesehen und die Zeit mit der Vorjahresspanne verglichen. IN dieser Zeit ist der Obst- und Gemüsehandel mit Russland von 549.860 Tonnen im Jahr 2013 auf 56.474 Tonnen im Embargojahr zurück gegangen. Wertmäßig ist ein Verlust von 441 Millionen auf 55 Millionen zu verzeichnen.

Aber: Der europäische Gesamthandel hat trotzdem zugelegt. In den Embargomonaten hat die EU 1.766.410 Tonnen an Drittstaaten verkauft. Ein Jahr vorher waren es 1.751.026 Tonnen. Allerdings hat der einprozentige Exportzuwachs bei niedrigeren Preisen zu einem Wertverlust in Höhe von 15 Prozent geführt.

Europa funktioniert. Große Zuwächse gab es im Handel mit Weißrussland (141 % mehr Volumen und 42 Prozent mehr Einnahmen), Ägypten (plus 146 und 114 Prozent), Bosnien und Herzegowina (plus 164 und 93 %), der Türkei (plus 224 und 168 Prozent) und Mazedonien (plus 135 und 81 Prozent). Den Vogel hat Indonesien abgeschossen. Dort stiegen die Einfuhren von europäischem Obst und Gemüse von 910 auf 13.025 Tonnen (plus 1.332 %) und wertmäßig von 1,1 auf 4,3 Millionen Euro.

Roland Krieg

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