Russlands Sprung in die WTO

Handel

Russland neues Mitglied bei der WTO

Bis Samstag tagt die achte Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation WTO in Genf. Am Donnerstag sind drei neue Länder in den Kreis der WTO aufgenommen worden: Samoa, Montenegro und Russland.
Russland ist dabei der spektakulärste Beitritt, auf den 18 Jahre lang hingearbeitet wurde.

Russland

Der Beitritt besteht aus mehr als 80 Abkommen für den Marktzugang von Gütern und Dienstleistungen. Bis zum 15. Juni hat Russland Zeit, das Abkommen zu ratifizieren und ist dann 30 Tage später Vollmitglied.
Der Beitritt stellt die Wirtschaftsbeziehungen mit Russland auf „eine neue, verlässlichere Grundlage“, beschreibt der Ost- -Ausschuss der Deutschen Wirtschaft den Abschluss.
Im Mittelpunkt stehen Marktöffnung, das Senken von Ausfuhr- und Einfuhrzöllen, mehr Transparenz bei der Grenzabwicklung sowie er staatlichen Preiskontrolle. Bei Handelsstreitigkeiten kann die WTO als Vermittlungsausschuss angerufen werden. Russland übernimmt internationale Produktnormen und akzeptiert Urheberrechte.
Für die deutsche Wirtschaft ist das ein Anlass zum feiern. Die Weltbank schätzt die Wachstumsimpulse auf 3,7 Prozent bis zum Jahr 2016, dann auf elf Prozent bis 2021. Nach den USA und China ist Russland der drittwichtigste Auslandsmarkt für die EU. Waren im Wert von 244 Milliarden Euro werden zwischen der EU und Russland gehandelt. Deutschland hat in diesem Jahr erstmals Waren im Wert von 70 Milliarden Euro getauscht.
Russland selbst wird durch den Beitritt auch profitieren. Das Land wird attraktiver für Investoren und kann den Kapitalabfluss, der in diesem Jahr bei 35 Milliarden US-Dollar liegt, in einen Zufluss verwandeln.

Agrarsektor

Der Beitritt könnte vor allem deutschen Agrarexporteuren gefallen, die sich immer wieder Importstopps aus Moskau ausgesetzt sehen. Antibiotika, EHEC oder aktuell der Importstopp von Schweinen wegen Dioxin im Futter – Der Beitritt Russlands macht die deutschen Exporteure wehrhafter. Aus deutscher Sicht wird geargwöhnt, dass Verbraucherschutzgründe nur vorgeschobene nichttarifäre Handelshemmnisse seien.
Europa kann vor allem beim Gemüse punkten. Rund ein Viertel der Exporte gehen nach Russland und erzielen etwa 600 Millionen Euro Umsatz. Milch und Fleisch werden aber zu 40 Prozent importiert, was die Russen auch als nationale Bedrohung verstehen und immer wieder versuchen, mehr Selbstversorgung aufzubauen.
Da bieten Umwelt- und Prozesstechnik im Bereich des Ernährungsgewerbes neue Exportchancen1).
Der Ost-Ausschuss denkt sogleich noch weiter. Der WTO-Beitritt Russlands ist nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einem gemeinsamen Wirtschaftsraum zwischen Lissabon und Wladiwostok. Dazu soll dann bald die Verhandlung zu einem Freihandelsabkommen aufgenommen werden.

Lesestoff:

1) Handel auf Augenhöhe

Ekosem-Agrar expandiert in Russland

Roland Krieg

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