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Ordnungspolitik nachhaltig gestalten

Nach den Leitindikatoren für eine umfassende Wohlstandsmessung [1] hat die Enquete-Kommission des Bundestages „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ am Montag über den Projektbericht „Nachhaltig gestaltete Ordnungspolitik“ abgestimmt. Im Vorfeld stellte Edelgard Bulmahn (SPD), die Sprecherin der AG Enquete-Kommission, den Bericht Journalisten vor.

Neujustierung der sozialen Marktwirtschaft

Mit dem Bericht hat die Enquete-Kommission noch einmal ihren Auftrag und Ergebnisse deutlich gemacht. Es geht um nichts weniger als die „Neujustierung der sozialen Marktwirtschaft“ im fiskal- und ordnungspolitischen Rahmen. Der Weg soll zu einer biobasierten Wirtschaft führen, die sozial-ökologischen Kriterien erfüllt. Der größte Teil des Berichtes ist in interfraktioneller Übereinstimmung verfasst. Er will eine Option für das politische Handeln sein, wobei sich nach Edelgard Bulmahn Koalition und Opposition nur in der Bewertung der Veränderungen unterscheiden – nicht in der Antwort, dass sie notwendig geworden sind.
Seit der Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009 habe sich kaum etwas geändert und das folgende Wirtschaftswachstum habe die „sozialen Schatten“, so Bulmahn, nur noch deutlicher hervortreten lassen.
Daher beschäftigt sich der Bericht im ersten Kapitel mit der Stabilität der Finanzmärkte, dann mit der Fiskalpolitik, der Chemischen Industrie als Beispiel für einen industriellen Wirtschaftssektor und zum Schluss mit der Klimapolitik.
Nur an dem allerersten Kapitel, den „Grundsätzen nachhaltig gestalteter Ordnungspolitik in der sozialen Marktwirtschaft“, schreiben Regierung und Opposition noch getrennt. Im April will die Enquete-Kommission auch darüber abstimmen.

Finanzmärkte

Einig sind sich die Parteien, dass Finanzmärkte strenger reguliert werden müssen. Die Eigenkapitalanforderungen sollten dabei verstärkt werden und gehen sogar über Basel III hinaus. Die Leverage Ration soll verwendet werden, weil sie weniger anfällig für Manipulationen ist. Grundsätzlich sollen Risiko und Haftung wieder zusammengebracht werden. Keinen Konsens gab es bei der Forderung, Schattenbanken genauso wie Nicht-Schattenbanken zu regulieren. Aber zumindest sollen die mit ihnen verbundenen Zweckgesellschaften voll in en Rechnungslegungskreis konsolidiert werden. Für eine höhere Transparenz bei den Vergütungssystemen wurde eine Einigkeit erzielt, die aber hinter dem aktuellen Schweizer Modell zurückbleibt.

Finanzpolitik

Der Schuldenbremse wird eine tragfähige Rolle für eine dauerhafte Handlungsfähigkeit der Finanzpolitik zugesprochen. Welche Höhe das Rentenalter betragen wird, orientiert sich nach den parlamentarischen Mehrheiten.

Nachhaltige Wirtschaft

Seit Anzug der Höchstwerte bei chemischen Produkten in den 1980er Jahren sind die Beschwerden der Chemischen Industrie in Wettbewerbsvorteile übergegangen. Nach Bulmahn blicke dieser Industriezweig mittlerweile auf weltweit einträgliche Geschäfte, weil andere Länder mit ihren Standards erst jetzt nachziehen und auf Produkte und Verfahren „Made in Germany“ zurückgreifen. Edelgard Bulmahn sieht daher eine deutsche Vorreiterrolle beim Umwelt- und Klimaschutz weniger skeptisch als die Regierung.
Bio-Rohstoffen gehöre die Zukunft und die Forschung müsse forciert werden, um auch zusammen mit der weißen Biotechnologie „echte, biologisch abbaubare Verpackungen“ zu entwickeln. Mehr als für REACh sollen chemische Produkte einen Ressourceneffizienz-Steckbrief als Orientierung für den Einkauf erhalten. Nicht alle Enquete-Mitglieder können dem folgen.
Dafür plädiert Bulmahn für eine echte Haushaltsproduktdatenbank, die Konsumenten die ökologische Entscheidung erleichtert.
Dennoch gibt es bei den Begriffen wie Lebenszyklusanalyse, indirekte Landnutzungsänderung oder Ressourceneffizienz und externe Effekte auch widersprüchliche wissenschaftliche Einschätzungen. Die frühere Wissenschaftsministerin sieht das gegenüber Herd-und-Hof.de evolutionär. Solche Parameter als Fundament für Ordnungspolitik müssten sich entwickeln. Oft ist die Wirtschaft als Innovationstreiber in einer neuen Rolle und braucht für die Umsetzung in einem Top Runner Programm dann die Unterstützung der Politik.

Markt oder Staat?

Die Enquete-Kommission traut sich an den Konflikt zwischen Markt und Staat heran. Die Betonung der sozialen Marktwirtschaft unterstreicht die dynamische Betrachtung, dass der Markt mal an der kurzen, mal an der langen Leine gelassen werden kann – sofern nicht nur eines zugelassen wird. Die Jahre 2008 und 2009 sind ein Indiz, die Leine kürzer zu halten. Angesichts der großen Schäden ist hinter den Wahlkampfreden auch die Regierung dazu bereit. Das zeigt der große Konsens in der Enquete-Kommission.

Edelgard Bulmahn kann sich das Papier aber auch als rot-grüne Koalitionsbasis vorstellen.

Lesestoff:

[1] Leitindikatoren für die Wohlstandsmessung

Roland Krieg

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