Sodexo lässt Erdbeerlieferanten überprüfen
Handel
Sodexo in der Zertifizierungsfalle
Vor allem wenn etwas schief gelaufen ist, beginnt die Suche nach der Ursache. Die Suche bewegt sich zwischen Schuldfrage und Ursachenbeseitigung. Bei mehr als 11.000 Kindern, die nach Verzehr von aufbereiteten Erdbeeren unter Gastroenteritis litten, sind 11.000 Fragen nach einem Schuldigen aufgetaucht. Aufwendige Laboruntersuchungen haben nach vielen Tagen schließlich eine Charge Tierfkühlerdbeeren eines sächsischen Großhändlers ausfindig gemacht.
International gehandelte Waren in einer arbeitsteiligen Wirtschaft sind schwer zu zertifizieren. Die Textilindustrie hat in der Vergangenheit oft diese Erfahrungen gemacht. Selbst wenn der letzte Händler im Ausland in die Qualitätsprüfung einbezogen ist, kann dieser immer noch einen neuen Subunternehmer beauftragen, der dann Kinder beschäftigt. Joachim Birnthaler vom TÜV Süd hatte das Problem auf der Jahrestagung des Handelsverbands Deutschland im Jahr 2009 schon beschrieben [1].
Das passiert auch in einem verzweigten Nahrungsmittelsektor, wo die Firmenzertifizierung zu Hause auch den Feldarbeiter oder Logistiker im Ausland abdecken muss. Auf diese Weise ist auch der Caterer Sodexo trotz Zertifizierung nach ISO 9001:2000 in Erklärungsnot geraten.
Firmensprecher Stephan Dürholt hat Herd-und-Hof.de dazu Antworten gegeben:
HuH: Wie sehen Ihre mikrobiologischen Überprüfungen aus?
Stephan Dürholt: In Deutschland regelt das Infektionsschutzgesetz die Verhütung von Infektionskrankheiten in Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung. Die Standards von Sodexo in der Lebensmittelsicherheit und -kontrolle liegen oberhalb gesetzlicher Mindestanforderungen. So führt Sodexo z.B. ein mikrobiologisches Screening aller im Umgang mit Lebensmitteln beschäftigten Mitarbeiter durch. Die Schulung und Sensibilisierung von Mitarbeitern zum Thema Infektionsschutzgesetz ist für uns selbstverständlich. Die Gesundheitsämter und lokalen Amtsärzte haben alle unsere Küchen wiederholt als absolut einwandfrei mit Blick auf Hygiene, Lebensmittelkontrolle und Lebensmittelfrische getestet.
HuH: Wie erstreckt sich eine vergleichbare Zertifizierung auf Zulieferer oder auf welche Zertifizierungen achten Sie bei Zulieferern?
Stephan Dürholt: Für uns steht im Vordergrund, dass es allen Kindern wieder gut geht. Die in Betracht kommenden Tiefkühl-Erdbeeren unseres Lieferanten haben wir in allen Sodexo-Küchen gesperrt. Alle unsere Zulieferer werden nach strengen Regeln unseres zertifizierten Qualitätsmanagements auditiert. Bei der Lieferung von Kühlkost und Frischkost gibt es zertifizierte Verfahren. Diese umfassen zum Beispiel die Reinigung der Fahrzeuge, Temperaturkontrollen vor Auslieferung und in den jeweiligen Einrichtungen sowie getrennte Lieferung von Speisen und Abfällen. Die Kühlkette muss – dies ist gesetzlich geregelt – immer sicher gestellt sein. Bei Anlieferung in den Küchen wird die Temperatur dokumentiert. Bei Auslieferung wird die Temperatur in den Küchen sowie nach Empfang in den Lieferstellen gemessen.
HuH: Verlangen Sie einen Herkunftsnachweis der gelieferten Waren? Wussten sie von wo die Erdbeeren kamen?
Stephan Dürholt: Wir verstehen uns als verantwortungsbewusster Catering-Dienstleister. Unser Qualitätsmanagementsystem erfordert vom Zulieferer ein Nachvollziehbarkeitssystem. Die Bezugsquellen unserer Zulieferer sind nachvollziehbar und bei Anfrage auch für uns zugänglich. Obst und Gemüse, die wir als Schnittware beziehen, sind rückverfolgbar.
HuH: Welche Rolle spielt die Herkunft der verarbeiteten Waren bei Sodexo generell?
Stephan Dürholt: Schon heute kommen 50 % unseres Obstes und Gemüses aus Deutschland und 90 % allen Obstes und Gemüses aus zertifiziert nachhaltigen Anbau. Die Kriterien dieses Nachhaltigkeitsprogramms (Better Tomorrow Plan) werden wir bis 2015 noch deutlich erweitern. Die Zusammenarbeit mit dem für die kontaminierten Erdbeeren verantwortlichen Lieferanten war insofern ein eher untypischer Einzelfall, als wir lokale, saisonale und nachhaltig angebaute Produkte präferieren. Wir setzen die Zusammenarbeit mit diesem Lieferanten nun aus und veranlassen eine Prüfung durch einen unabhängigen Gutachter. Eine mögliche weitere Zusammenarbeit mit diesem Lieferanten werden wir von dem Ergebnis dieser Prüfung abhängig machen.
HuH: Vielen Dank.
China wehrt sich
Derweil wehren sich die Chinesen gegen eine Vorverurteilung. In deutsch- und englischsprachigen Medien in China hat das Amt für Lebensmittelsicherheit, Kontrolle und Quarantäne wiederholt betont, dass bei gefrorenen Erdbeeren aus der in Verdacht geratenen Region Shandong keine Viren festgestellt wurden. Der Eintrag könnte auch in der langen Lieferkette erfolgt sein. Die Untersuchungen gehen auf Nachfrage der Europäischen Union derzeit noch weiter.
Die chinesische Botschaft in Deutschland soll sich gegenüber der Bundesregierung beschwert haben, dass Medien vorschnell ohne Überprüfung der Tatsachen chinesische Produzenten und Händler in Verdacht hatten, für die Erkrankungen verantwortlich zu sein. Die Firma habe in acht weitere Länder TK-Erdbeeren ausgeliefert, ohne dass Erkrankungen aufgetreten seien.
Lesestoff:
China ist den letzten Jahren immer wieder in die Schlagzeilen geraten, weil die Lebensmittelsicherheit Mängel aufwies. In diesem Jahr hat Chinas größter Molkerei Mengnui mit einem Qualitätsplan reagiert und holt sich ausländische Qualitätsstandards ins Haus
Roland Krieg (Text und Fragen)