Strom sparen bei niedrigem Einkommen

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Stromspar-Check geht in die zweite Runde

Die Abwrackprämie für Kühlschränke hat den Stromspar-Check für Hartz-IV-Haushalte in Verruf gebracht [1]. Doch dieser Baustein wird den Stromsparwünschen des Bundesumweltministeriums nur wenig gerecht. Schon alleine deshalb tauchte der Begriff am Montag bei der Caritas gar nicht erst im Vokabular der Umweltministerin auf. „Nein, das ist es nicht“, unterstrich Barbara Hendricks. Das Stromsparen bei Haushalten mit niedrigem Einkommen über den Hartz IV-Satz geht seit diesem Monat in die zweite Runde. Dafür stellt das Ministerium bis 2019 weitere 30 Millionen Euro zur Verfügung.

„Insgesamt eine runde Sache“, wirbt Hendricks in Berlin. Seit 2008 haben 211.777 Haushalte von den Stromspar-Beratungen profitiert. Jeder teilnehmende Haushalt konnte seine Stromkosten um durchschnittlich 150 Euro senken, was auch für die Kommunen von Interesse ist. Diese sind vor Ort für die Daseinsvorsorge verantwortlich. In 190 Städten und Gemeinden gibt es bereits die Stromspar-Teams aus dem Projekt, dass von der Caritas, dem Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschland (eaD) und dem Bundesumweltministerium gemeinsam getragen wird.

Georg Clemens, Caritas-Generalsekretär; Bundesumweltministerin Barbara Hendricks, Michael Geißler, Vorstandsvorsitzender eaD
und „Caritas-Maskottchen Stecki“ mit Beratungskoffer (v.l.); roRo

Einsparungen

Der Stromverbrauch in den Haushalten ändert sich. Mittlerweile verbrauchen TV und elektronische Medien durchschnittlich ein Viertel des Stroms. Aber auch die Warmwasseraufbereitung wird in einem Viertel der Haushalte noch über Strom geregelt. Da sind in den letzten acht Jahren 927 GWh Strom und 385.000 Tonnen Kohlendioxid eingespart worden. „Kleinvieh macht auch Mist“, sagte Hendricks und kann mit dem Programm eine Lücke wiederholt schließen.


Die Verbraucherzentralen haben zwar Energieberater. Doch kommen die nicht zu Hause vorbei. Hausbesitzer haben meist ganz andere Fragen als Mieter und für Firmen halten die Energieagenturen ebenfalls passende Konzepte bereit, erklärt Michael Geißler, eaD-Vorstandsvorsitzender, gegenüber Herd-und-Hof.de. Die Stromspar-Teams schließen die Lücke zu den einkommensschwachen Haushalten.

Niedrigschwellige Sozialarbeit

Dieter Düwel beispielsweise ist seit September 2015 in Berlin-Neukölln unterwegs. Abschaltbare Stromleisten oder Verbrauchsmessungen sind der praktische Teil seiner Arbeit. Im von Migration geprägten Bezirk füllt das jedoch nur die Hälfte seines Aufenthaltes aus. Die Gastfreundschaft türkischer und arabischer Familien lädt rund um den „Technikteil“ zu Kaffee und Kuchen. Dabei kommen Düwel und Familien ins Gespräch über weitere Sorgenthemen. Flyer muss der ehemals gelernte Elektronikverkäufer kaum noch verteilen, weil sich die gute Beratung über Mundpropaganda weiterspricht.



Martina Geisler und Dieter Düwel, zwei von bundesweit 1.200 Stromsparhelfern im Gespräch mit Barbara Hendricks (v.l.); roRo

Auch Martina Geisler, die selbst nach vergeblichen Umschulungen keine langfristige Anstellung fand, kann mit ihrer sozialen Kompetenz bei Senioren in Charlottenburg-Wilmersdorf punkten. „Die Älteren sind über jeden Besuch froh“, sagt sie und zeigt „nebenbei“ mit Perlatoren [2], wie die Rentner Warmwasser sparen können.

Stromsparen kommunal

Das ist so richtig nach dem Geschmack von Georg Cremer, Generalsekretär der Caritas: „Das Projekt verbindet Sozial-, Arbeitsmarkt- und Umweltpolitik.“ Die Klima- und Energiewende muss von allen gestaltet werden. Die einkommensschwachen Haushalte dürfen da nicht außen vor gelassen werden. Das neue Projekt zeichnet sich gegenüber dem Vorgängerprojekt durch den Namenszusatz „kommunal“ aus. Die „vermiedenen Sozialausgaben“ können das Projekt für die Gemeinden richtig interessant machen. „Wir erfinden die Welt nicht neu“, sagt Cremer. Doch sie schaffen nach Geißler eine Infrastruktur, auf die Kommunen und Städte zurückgreifen können.

Informationen über den Stromspar-Check gibt es in verschiedenen Sprachen. Auch arabisch ist dabei. Im Rahmen der Kompetenzprüfung können sich Flüchtlinge über das Arbeitsamt ebenso als Stromspar-Berater qualifizieren, was vor allen denjenigen zugutekommen kann, die zu Hause handwerkliche Berufe ausübten.

Lesestoff:

Alle Informationen zum Projekt finden Sie unter www.stromspar-check.de

[1] Abwrackprämie für Kühlschränke

[2] Strahlregler, die am Ende des Wasserhahnes, reduzieren durch Lufteinmischungen den Wasserstrahl so, dass bei gleichem Strahlgefühl weniger Wasser verbraucht wird.

Roland Krieg; Fotos: roRo

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