Stromtarifrechner sind nicht verbraucherfreundlich
Handel
Warentest prüft Stromtarifrechner
Vorn landen oft Tarife mit unfairen Bedingungen
Richtige Preise und aktuelle Tarife liefern die meisten. Daran liegt es nicht. Problematisch sind die voreingestellten Suchoptionen. Die Portale wählen die Filter oft so, dass auf den vorderen Plätzen der Ergebnislisten überwiegend verbraucherunfreundliche Angebote landen. Sie bieten oft unfaire Vertragsbedingungen wie etwa Vorkasse, Pakettarife und lange Anschlusslaufzeiten. Oder der Verbraucher sieht sich schon bald zu einem erneuten Wechsel gezwungen, wenn der Anbieter die Preise erhöht. Viele Portale haben zudem Mängel bei den fachlichen Informationen zu den Tarifen und bei der Transparenz der Tarifdarstellung. Am Ende sind fünf der getesteten Portale befriedigend, vier ausreichend und eines ist gar mangelhaft.
Die Fallstricke im Tarifdschungel
Kein Portal ist ein verlässlicher Partner für Verbraucher, die unbedarft nach einem günstigen und fairen Stromtarif suchen wollen. Meist muss der Suchende Häkchen weg- oder hinzuklicken, unverständliche Erklärungen lesen und teilweise erst einmal finden. Kurz: Der Verbraucher muss hellwach sein und die Augen offenhalten. Am besten, er weiß bereits vor der Suche über mögliche Fallstricke im Tarifdschungel Bescheid. Sonst läuft er bei den meisten Vergleichsrechnern Gefahr, an Anbieter mit unseriösem Geschäftsgebaren zu geraten
Energieverbraucherportal und Hauspilot mit vielen fairen Tarifen
Den besten Schutz vor Bauernfängerei bieten Energieverbraucherportal und Hauspilot. Wer hier mit den voreingestellten Filtern auf die Suche geht, findet auf den ersten zehn Plätzen überwiegend bis ausschließlich faire Tarife. Das heißt: Wer Sorge hat, bei verbraucherunfreundlichen Tarifen zu landen und sich beim Thema Stromwechsel kaum auskennt, ist hier am besten aufgehoben. Ein direkter Wechsel ist aber über Energieverbraucherportal nicht möglich, bei Hauspilot kostet er bis zu 45 Euro. Bei den anderen Portalen ist der Wechsel kostenlos.
Bonuszahlungen, Vorkasse- und Pakettarife aussortieren
Energieverbraucherportal und Hauspilot sortieren von vornherein Vorkasse- und Paketangebote aus. Das machen andere zwar auch, aber Energieverbraucherportal berücksichtigt zudem keine Boni. Dadurch werden alle Tarife weggefiltert, die nur wegen hoher Bonuszahlungen günstig erscheinen, womöglich aber im Endeffekt wenig Ersparnis bringen. Außerdem bewertet Energieverbraucherportal Service, Umweltaspekte sowie regionales Engagement der Stromanbieter und bezieht dies neben dem Preis in seine Sortierung mit ein.
Verivox, Check24 und Toptarif listen vorn viele unfaire Tarife
Wer die Fallstricke kennt, kann Verivox, Check24 und Toptarif nutzen. Hier landen aber viele unfaire Tarife auf den vorderen Plätzen, wenn man die Voreinstellungen nicht ändert. Alle drei haben wie die meisten Portale ihre Voreinstellungen so gestaltet, dass der Neukundenbonus vom ausgewiesenen Gesamtpreis abgezogen wird. Allein dadurch landen auf den ersten zehn Plätzen hauptsächlich Anbieter, die mit riesigen Boni von 25 Prozent der Gesamtkosten locken. Und das, obwohl Verbraucher diese Boni womöglich gar nicht bekommen. Wer etwa einen Tarif mit fester Verbrauchsmenge wählt und unterhalb der vereinbarten Menge bleibt, läuft bei manchen Anbietern Gefahr, den Bonus nicht zu erhalten.
Aktuelle Preise für faire Tarife von Finanztest
Tarife, bei denen diese Gefahr nicht besteht, haben die Experten von Finanztest zusätzlich zum Test der Stromtarifrechner ermittelt. Sie haben ihre Untersuchung von Stromtarifen vom Oktober 2012 stichprobenartig aktualisiert. Für die drei Städte Berlin, Leipzig und Mainz ermittelten sie verbraucherfreundliche und günstige Tarife. In Berlin kann ein Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 5 500 Kilowattstunden mit dem Wechsel aus dem Grundversorgungstarif 221 Euro im Jahr sparen. In Mainz sind es sogar 347 Euro. Sie finden die Tabelle mit den aktualisierten Tarifen für Berlin, Leipzig und Mainz nach dem Bezahl-Klick.
So finden Sie einen fairen Tarif
Die Voreinstellungen der Portale sind oft so gewählt, dass auf den vordersten Plätzen viele Lockangebote landen. Um günstige und faire Angebote zu finden, müssen Sie die Häkchen meist selbst setzen oder wegklicken. Die wichtigsten Punkte:
Die Laufzeit. Sie sollte nicht mehr als zwölf Monate betragen, um flexibel zu bleiben.
Die Zahlweise. Sie sollte monatlich sein, um Vorkassetarife auszusortieren. Bei Vorkasse bezahlt der Kunde den geschätzten Jahresstromverbrauch für bis zu zwölf Monate im Voraus. Es besteht die Gefahr, das Geld bei einer Insolvenz des Anbieters zu verlieren.
Pakettarife. Tarife mit einer fest vereinbarten Zahl von Kilowattstunden (kWh) sind unfair. Der Kunde kauft eine feste Strommenge als Paket. Verbraucht er mehr, muss er Strom teuer zukaufen. Verbraucht er weniger, bekommt er kein Geld zurück. Klicken Sie ein voreingestelltes Häkchen an dieser Stelle weg.
Neukundenbonus. Den Bonus sollten Sie für die Suche nicht berücksichtigen. Entscheidend für die Tarifwahl sollte ein günstiger Strompreis sein, nicht ein hoher Bonus. Der Bonus lässt den Tarif im ersten Jahr günstig erscheinen. Im zweiten Jahr wird es teurer.
Tarife mit Kaution. Kautionszahlungen an Stromanbieter sind unüblich. Eventuelle voreingestellte Häkchen wegklicken.
Preisgarantien. Sie sind sinnvoll, wenn sie mindestens für die Erstlaufzeit gelten, am besten auch darüber hinaus. Sie sollte zudem für möglichst viele Preisbestandteile gelten, mindestens für die Strombeschaffung und die Netzentgelte.
Ökostrom. Wer Ökostrom will, muss ein Häkchen in der entsprechenden Auswahlbox setzen. Nachhaltig sind Tarife mit strengen Ökostromsiegeln wie etwa Ok-Power oder Grüner Strom Label.
Der Vergleichstarif. Als Vergleichstarif ist oft der Basistarif Ihres Grundversorgers eingestellt. Wer noch nie gewechselt hat, muss nichts ändern. Alle anderen sollten ihren aktuellen Tarif einstellen, um das Sparpotenzial zu berechnen.
„Tarif-Tipp“. Dem Erstplatzierten stellen einige Vergleichsportale noch einen Tarif voran. Lassen Sie sich davon nicht irritieren. Prüfen Sie die Vertragsbedingungen solcher „Tarif-Tipps“ kritisch.
Die Tarifdetails. Die detaillierten Tarifbedingungen müssen meist mit einem Mausklick extra geöffnet werden. Prüfen Sie diese genau. Sie sollten neben Grund- und Arbeitspreis auch zeigen, wie lange die Kündigungsfrist ist (sollte nicht mehr als 6 Wochen sein) und um wie lange sich der Vertrag verlängert, wenn die Frist verpasst wurde. Die Anschlusslaufzeit sollte so kurz wie möglich sein. Am besten, der Kunde kommt nach der Erstvertragslaufzeit jederzeit mit einer Frist von vier Wochen aus dem Vertrag.
Kundenmeinungen. Kommentare anderer Kunden können Hinweise geben, ob ein Anbieter seriös ist. Haben Sie Zweifel: Gehen Sie zu seiner Website, kopieren Sie aus dem Impressum die Namen der Geschäftsführer und googeln Sie diese zusammen mit dem Firmennamen.
Der Wechsel. Für den Wechsel füllen Sie beim Portal oder direkt beim Stromanbieter den Antrag online aus. Sie brauchen Ihre Zählernummer und Ihre momentane Kundennummer, beides steht auf Ihrer Jahresendabrechnung. Kündigen Sie Ihrem alten Anbieter nicht selbst. In der Regel macht das der Neue für Sie. Nur wenn Sie wegen einer Preiserhöhung ein Sonderkündigungsrecht nutzen, sollten Sie selbst kündigen, um die Frist nicht zu verpassen (Einschreiben/Rückschein). Der neue Anbieter bestätigt den Wechsel und nennt das Lieferdatum. Der alte Versorger schickt die Abrechnung. Der Stromzähler bleibt derselbe. Wenn es Ärger beim Wechsel oder mit einem Anbieter gibt, wenden Sie sich an: www.schlichtungsstelle-energie.de.
Stiftung Warentest