Tüte? – „Ich habe eine Tasche dabei!“
Handel
Ab dem 01. Juli kostet die Plastiktüte Geld
Von der Aalräucherei Wiefelsfelde im Landkreis Ammerland bis zu Wupatki, einem Spieleladen in Rostock, reicht die Liste der rund 260 Teilnehmer, die Josef Sanktjohanser als Präsident des Handelsverbandes Deutschland (HDE) am Dienstag den Auftrag erteilten, mit Bundesumweltministerin Barbara Hendricks die Vereinbarung zum Tütengeld zu unterschreiben. In den letzten Monaten wurde das Entgelt für die Plastiktüte heftig debattiert. Dass es dabei eigentlich um eine Umsetzung der EU-Richtlinie 2015/720 geht, ist zum Bedauern Sanktjohansers in den Hintergrund gerückt. Dennoch müsste er hoch zufrieden sein, denn mit der freiwilligen Selbstverpflichtung umgeht er einer generellen gesetzlichen Regelung, die beispielsweise in Irland umgesetzt wurde.
Die Plastiktüte hat im Handel einen festen Platz eingenommen, nach sie vor Dekaden bereits die Stofftragetaschen verdrängt haben. Bequemlichkeit und spontaner Einkauf haben das Produkt der Erdölindustrie zum Alltagsgegenstand gemacht, der sich auch von Tragetaschen aus Mais- oder Kartoffelstärke nicht verdrängen lässt. In vielen Lebensmittelläden kostet die Plastiktasche bereits Geld. Überhaupt sind die Bundesbürger in Bezug auf die Tütennutzung vorbildlich. Die EU will mit dem Entgelt die Zahl der genutzten Tragetaschen bis 2020 auf maximal 90 pro Person und Jahr drücken. In Deutschland liegt die Frequenz bei durchschnittlich 71 Tüten. Außerdem haben drei von vier Kunden gelernt, die Plastiktüte mehrfach zu nutzen. Damit ist die Voraussetzung gegeben, das weiter gefasste EU-Ziel von 40 Tüten pro Kopf und Jahr bis 2025, ebenfalls zu erreichen.
Das die Einführung des Tütengeldes heftig debattiert wurde, liegt am Selbstverständnis des Handels. Nach Sanktjohanser ist die Einkaufstüte, ob Plastik oder Baumwolle, ein Service für einen sauberen und sicheren Warentransport geworden.
Welche Tüten?
Zwischen den eingangs erwähnten Teilnehmern sind in alphabetischer Ordnung auch alle großen Lebensmittelhändler dabei. Ab dem 01. Juni tritt die freiwillige Vereinbarung des Handels in Kraft und erfasst rund 60 Prozent der im Handel genutzten Tüten.
Die hochwertigen Plastiktüten für den Transport von tiefgekühlter Ware sind bereits Entgeltpflichtig. Genauso wie Permanenttragetaschen mit einer Wandstärke von mehr als 50 Mikron. Die sind hochwertig mit Bändchengewebe oder faserverstärkten Kunststofffolien verarbeitet. Ausgenommen vom „Tütengroschen“ sind ganz leichte Tüten, die aus Hygienegründen erforderlich oder als Erstverpackung für lose Lebensmittel vorgesehen sind, „sofern dies zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen beiträgt“, heißt es in der Verordnung.
Damit die Firmen nicht ins Visier des Bundeskartellamtes geraten, werden die Firmen den „Tütengroschen“ individuell festlegen. Das Bundesumweltministerium wird mit jährlichen Berichten den Fortgang begleiten. Ein Teil der Einnahmen wird in Umweltprojekte fließen. Die Vereinbarung gilt bis zum 31. Dezember 2019 und verlängert sich automatisch jeweils um zwei Jahre, wenn die Vereinbarung nicht offiziell drei Monate vor Ablauf gekündigt wird.
roRo