Und die Armen bleiben arm

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LDC-Konferenz der UN in Istanbul

Die 48 Least Developed Countries (LDC), die sich am Ende der Armutsskala befinden, konnten zwar in den letzten zehn Jahren doppelt so viel wachsen, wie in den zwei Dekaden davor – doch wirklich geändert hat sich für die Menschen nichts: „Sie sind immer noch arm!“. Das war am Montagnachmittag die ernüchterndste Aussage auf der LDC-Konferenz der Vereinten Nationen (UN), die bis Ende der Woche in Istanbul tagt.

Jetzt was tun

Hans-Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär aus dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, leitet die deutsche Delegation. Die vierte LDC-Konferenz hält er für die „wohl größte und wichtigste VN-Tagung in diesem Jahr“. Am Ende soll ein neuer Aktionsplan für die Entwicklungsdekade bis zum Jahr 2020 stehen. Die Konferenz muss ein Erfolg werden, um das Millenniumentwicklungsziel, die Zahl der Armen zu halbieren, bis 2015 zu realisieren. Dabei sind nach Beerfeltz auch die Länder selbst gefordert: „Demokratische Regierungen, gute Regierungsführung und eine bessere Wirtschaftspolitik müssen stärker zur Voraussetzung für nachhaltige Entwicklung in den LDCs werden“, sagte er vor der Abreise.
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sieht es ähnlich: „Die Welt trifft sich in Istanbul mit dem Ziel, die Entwicklung in den ärmsten Ländern zu beschleunigen und die Armut dort zu beseitigen.“ Die EU hat die Hilfe für die LDC auf jährlich 15 Milliarden Euro erhöht. Das sei nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch eine strategische Notwendigkeit, so Barroso. Die Ernährungssicherheit und Maßnahmen gegen den Klimawandel können nur in einer neuen globalen Partnerschaft erreicht werden. EU-Entwicklungskommissar Andris Piebalgs sieht in der Hilfe eine Stärkung der Krisenfähigkeit. Armut führe häufig zur Radikalisierung und Verzweiflung.

Ungenutztes Potenzial

Am Montag sagte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon in Istanbul, dass die 48 LDC ein riesiges Potenzial ungenutzter Chancen beherberge. Es gehe bei der Hilfe nicht um Wohltätigkeit, sondern um Investitionen, die eine Chance für alle sind, so Ki-moon weiter. UN-Präsident Joseph Deiss glaubt, dass der Aktionsplan der Konferenz die Welt sicherer, wohlhabender, dynamischer, demokratischer und vereinigter machen wird.
Der türkische Präsident Abdullah Gül leitet die Konferenz und sagte, dass die Situation der LDC nicht nur nicht nachhaltig im eigentlichen Sinne ist, sondern auch moralisch und politisch.

Mehr privater Sektor

Auf der ersten Sitzung am Nachmittag wurde die mangelhafte Ausstattung des privaten Wirtschaftssektors bemängelt. Die Aktivierung der Kleinstunternehmen und des informellen Marktes sei der Schlüssel für die nächste Entwicklungsdekade.
Daher müsse ein wirtschaftliches Umfeld geschaffen werden, das die Entwicklung des privaten Sektors vorantreibt. Dazu gehören Rechtssicherheit, die Berücksichtigung der Menschenrechte sowie eine demokratische Staatsform. Wirtschaftlich müssen Inflation und Schuldenstand in Maßen gehalten werden. Auch der Kampf gegen Korruption gehört dazu. Hohe Lebensmittelpreise müssen dabei nicht negativ gesehen werden. Hohe Preise sind oft der einzige Weg, ausreichende Nahrungsmengen zur Verfügung zu stellen.

LDC

LDC sind die ärmsten und schwächsten Länder dieser Welt. Drei Kriterien machen ein Land zum LDC: Das sind das Bruttoinlandsprodukt je Kopf, die wirtschaftliche Diversifizierung der Volkswirtschaft und die Lebensqualität. In den LDC leben durchschnittlich 50 Prozent der Menschen von weniger als 1,25 US-Dollar am Tag und 78 Prozent von weniger als zwei US-Dollar.
Die EU gewährt den LDC den Marktzugang mit der Initiative „Alles außer Waffen“. Seit dem 01. Oktober 2009 dürfen die Länder den EU-Markt mit allen Waren außer Waffen und Munition zoll- und kontingentfrei beliefern.
Deutschland hat seine Hilfe für die LDC in der letzten Dekade auf 2,4 Milliarden Euro erhöht.

Roland Krieg

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