Unvollkommener Milchgipfel

Handel

Warten auf Brüssel

>Am Freitag trafen sich der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) und der Deutsche Bauernverband (DBV) mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel auf einem neuerlichen „Milchgipfel“. Die Positionen und Erwartungen vor dem Treffen und die Ergebnisse danach waren und sind unverändert gegenüber den vielen Gipfeln zuvor. Bauernpräsident Gerd Sonnleitner fasste es auf seiner Pressekonferenz so zusammen: „Die Hauptverantwortung liegt in Brüssel.“ Dort berät der Agrarministerrat heute erneut über die künftige Milchpolitik.
Die Ausgangssituation für neue Mehrheiten auf EU-Ebene hat sich nicht verändert.

Was der Gipfel am Freitag verpasst hat –aber auch nicht sein wollte – ist die Annäherung zwischen DBV und BDM. Den meisten Verbrauchern ist kaum noch klar zu machen, was einen BDM-Milchbauern von einem DBV-Milchbauern unterscheidet. Beide leiden unter den Preisen, beide sind in ihrer Existenz gefährdet und beide müssen mit der EU-Politik auskommen, die Brüssel macht. Es wird keine BDM-Milchpolitik oder DBV-Milchpolitik geben, sondern nur eine einheitliche für Milchbauern zwischen Finnland und Sizilien, zwischen Irland und Rumänien.
Der DBM sucht neue Mehrheiten, Politikentscheidungen umzukehren, der DBV hat auf seinem Bauerntag in Bamberg mehrheitlich entschieden, dem gefällten Quotenausstieg eine sanfte Landung zu bereiten.
Auch Kanzlerin Merkel wird keine neuen Mehrheiten schaffen und mahnte die Verbände an, „realistisch“ zu bleiben. Siw soll allerdings auf EU-Präsident Barroso einwirken, dem Milchmarkt ein eigenes Konjunkturpaket abzuringen. Etwas anderes als eine monetäre Hilfe aus Brüssel, wäre heute auch eine wirkliche Überraschung.

Der Freitagsgipfel blieb aber nicht nur inhaltlich unvollkommen, sondern auch personell: Die Milchindustrie hat einiges in der Hand, den Markt zu bereiten. Udo Folgart, Milchpräsident des DBV, sagte am Freitag abend zu Herd-und-Hof.de, dass die Nord Contor bei den aktuellen Listungsverhandlungen mit dem Handel offenbar ihren Preiskorridor durchzusetzen vermag. Angetreten, beim Handel höhere Preise zu erzielen, und zunächst bei Aldi ausgelistet worden zu sein, setzt der Vermarktungsverband mit seinen Verträgen ein wichtigeres Signal als die derzeit steigenden Butterpreise, von denen niemand zu sagen vermag, ob das saisonale oder lieferstreikbedingte Effekte sind oder eine wirkliche Markterholung ist.
Die Milchindustrie hat vor kurzem auf dem Weltmilchgipfel ein Feuerwerk neuer Produkte für regionale und internationale Märkte versprochen, hinter denen sich verschiedene Milcherzeugerstrukturen sammeln könnten und stellt sich strategisch darauf ein. Dr. Josef Schwaiger von der Nordmilch AG war mit einer Power Point Präsentation präsent. Doch: Diesen Samstag beginnt in Köln mit der Anuga ein der bedeutendsten internationalen Handelsmessen für die Agrar- und Ernährungsindustrie – die Nordmilch AG, die 15 Prozent der deutschen Milch verarbeitet, stellt nicht aus.
Das ist auch eine Form des Marktversagens.

VLE

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