Verbraucher sind kritischer geworden
Handel
IGW-Bilanz der VZ Brandenburg
Heidrun Franke von der Verbraucherzentrale Brandenburg zieht am Ende der Grünen Woche traditionell Bilanz. Die Medien haben Themen wie ESL-Milch und Käseimitate aufgenommen und damit Konsumenten informiert. Das haben die Verbraucherberater an den Ständen der Bundeszentrale und Brandenburg bemerkt. Die Kunden kamen gezielt vorbei und suchten zusätzliche Hintergrundberatung. Während sich die Kunden in den letzten Jahren meist mit Inforationsbroschüren begnügten, suchten sie in diesem Jahr das intensive Gespräch. Es werde den Kunden immer wichtiger, zu erfahren, wofür sie ihr Geld ausgeben. Offenbar fühlen sie sich gerade durch Imitate und ESL-Milch betrogen.
Verwirrende Warenwelt
Die Besucher können in diesem Jahr zwischen vier aufgestellten Milchtüten diejenigen bezeichnen, die auf herkömmliche Art frische Milch beinhaltet, und welche die so genannte ESL-Milch. Dabei sind die meisten Kunden über die Biomilch gestolpert, die gekennzeichnete ESL-Milch ist. Die Kunden lesen die Tüte nur im oberen Bereich. Die Worte „Bio“ und „Frischmilch“ habe dann bereits zur, in diesem Falle falschen, Einschätzung des Produktes geführt.
Aber auch die Kennzeichnung der „guten, alten Milch“ mit dem Zusatz „traditionelle Herstellung“ führt zu falschen Vorstellungen. Heidrun Franke sagte, dass die Kunden den Begriff die Produktion beschreibt und sich Bäuerinnen mit Melkschemel im Kuhstall vorstellen und die Worte nicht auf die Verarbeitungsmethode beziehen.
Für die Verbraucherschützer sind bereits zu viele Informationen auf den Waren drauf. Die können gar nicht mehr alle verarbeitet werden. So steht Franke einem zusätzlichen Klimalabel skeptisch gegenüber. Nicht nur, weil es eine weitere Information sei, sondern auch, weil das Thema Klima viel komplexer ist.
Heidrun Franke gibt ein Beispiel. Der Hinweis, mehr mit der Bahn zu fahren, könne nur funktionieren, wenn die Bahn auch tatsächlich mehr fahre, günstiger wird und einen entsprechenden Service anbiete. Dazu gehöre auch, dass ein Ticket nicht zwei verschiedene Preise hat, je nachdem wann es gelöst wurde. Solche Zusammenhänge sind schwieriger zu kommunizieren.
Fast die Grüne Woche verpasst
In diesem Jahr hat die Verbraucherzentrale Brandenburg die Grüne Woche fast verpasst. Einen Tag vor Eröffnung sei noch nicht klar gewesen, ob der Auftritt finanziert werde. Das liege aber an dem noch offenen Haushalts des Landes, weniger an der neuen Zweiteilung in Verbraucher- und Agrarministerium, so Franke. Solange die Ansprechpartner für die Verbraucherzentrale noch dieselben sind, gebe es in der Arbeit keine Reibungsverluste.
Thema Schulverpflegung
In diesem Jahr ist das Thema Schulverpflegung einer der Arbeitsschwerpunkte der Verbraucherzentrale Brandenburg. Grundlage sind die Qualitätsstandards Schulverpflegung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Zur Umsetzung werden die Brandenburger einen Wettbewerb im zeitigen Frühjahr ausschreiben, zu dem sich die Schulen bis zum Ende des Schuljahres anmelden können. Heidrun Franke hat schon mal verraten, dass es dabei um die kleinen dinge mit großer Wirkung gehe, wie der Gestaltung des Speiseraums. Blumen, Tische oder Bereich der Essensausgabe entscheiden über die Akzeptanz mit. In jüngster Vergangenheit erhielt ein Caterer zwei gegenteilige Bewertungen über seine Speisen. Bei näherer Betrachtung lag die Ablehnung alleine darin begründet, dass alle Schüler gleichzeitig in einem engen Zeitfenster ihr Essen abholen mussten – also nichts mit der Speisequalität zu tun hatte.
Brandenburg macht in diesem Jahr sogar noch mehr. Neben der aktuellen Aktion im Bereich Schule und Ernährung, setzen einige Bundesländer das Schulobstprogramm um, die Ernährungsindustrie präsentiertauf der IGW ihren SportsFinder, Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner holt Küchen in die Schule und ein Projekt in Baden-Württemberg rollt die Küche zu den Schülern. Und noch viel mehr Projekte wollen das gleiche, binden Arbeitskräfte und Gelder. Das ärgert auch Heidrun Franke. Viele Projekte scheitern wieder und die großen Leuchtturmprojekte verblassen oft nach einem Jahr. Sie möchte am liebsten bundesweit alle Unternehmungen bündeln und gemeinsam aus einer Kasse über die Vernetzungsstellen Schule finanzieren. Ärgerlich sei es auch, dass es verdichteten Gebieten zwei bis drei Projekte konkurrieren, während es im ländlichen Raum keines gebe.
Zumindest in Brandenburg wird im Gesundheits- und Verbraucherministerium der Arbeitskreis Ernährung, Bewegung und Suchtprävention die besten Modelle und Projekte in einer Datenbank zusammenfasen, damit die Schulen sich die Ideen aussuchen können, die für sie am ehesten umsetzbar sind.
Roland Krieg (Text und Foto)
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