Wandel im transatlantischen Agrarhandel
Handel
USA verlieren den Anschluss zum EU-Markt
Paul Spencer, Agrarattaché der amerikanischen Botschaft in Berlin, gab vor Fachjournalisten einen Überblick über den Wandel im transatlantischen Agrarhandel. Noch 1980 haben die USA in die 27 Länder, die heute den europäischen Binnenmarkt ausmachen, Agrargüter im Wert von inflationsbereinigten 36 Milliarden US-Dollar exportiert. 2012 waren es nur noch 10,1 Milliarden US-Dollar. Der Marktanteil amerikanischer Produkte in der EU ist alleine zwischen 2000 und 2012 von 15 auf knapp sechs Prozent gesunken, obwohl die EU einer der größten Importmärkte für Agrargüter ist. Umgekehrt hat Europa den amerikanischen Markt erobern können. Die EU-Exporte in die USA stiegen in den letzten 12 Jahren von 50 auf 131 Milliarden US-Dollar. Besonders lukrativ ist der amerikanische Markt für europäische Spezialitäten und Bioprodukte.
Die USA haben vor allem bei Schüttgut Marktanteile verloren. Sojaprodukte kommen jetzt überwiegend aus Brasilien nach Europa, Obst und Gemüse aus Chile und China, Getreide und Ölsaaten aus der Ukraine. Wesentliche Gründe für die Marktverluste sind nach Paul Spencer nicht-tarifäre Handelshemmnisse wie das EU-Verbot von mit Chlor desinfiziertem Geflügelfleisch und vor allem von gentechnisch veränderten Produkten.
Dennoch konnten auch neue Märkte in der EU erobert werden. Der Exportwert von Nüssen ist zwischen 1980 und 2012 von 380 Millionen auf 1,7 Milliarden US-Dollar angestiegen. Der Ethanolexport wuchs in den letzten fünf Jahren um 730 Prozent auf 458 Millionen US-Dollar und Holzpellets zeigen mit 246 Millionen US-Dollar ein vergleichbares Wachstum. Allerdings, so fürchtet Spencer, werden von der EU geforderte Nachhaltigkeitszertifikate für Biomasse den amerikanischen Farmern zusätzliche Hürden auferlegen.
Vor den Verhandlungen zu einem Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU führte Paul Spencer die Bedenken der Amerikaner gegenüber der europäischen Haltung zur grünen Biotechnologie aus. Die EU etabliere sich als "eine Insel in einem Meer neuer Produkttechnologien", so Spencer. Die Debatte komme in Österreich und Deutschland nur wenig voran, während weltweit der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen voranschreitet. Immer mehr Sorten, auch mit neuer Technologie wie dem "Smart Breeding", befinden sich in Zulassungsverfahren. Die EU könne nach Spencer nicht erwarten, dass sich das "GVO-Problem in Luft auflöse". Die Amerikaner sehen in der grünen Gentechnik einen Beitrag für die Sicherung der Welternährung bei knapper werdenden Ressourcen und fordern Regulierungen, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren.
Roland Krieg, www.aid.de