Was bedeutet Green Economy wirklich?

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Green Economy: Auf der Suche nach dem Gesamtkonzept

Nach dem politischen Start der Initiative „Green Economy“ wurde zwei Tage lang in verschiedenen Workshops diskutiert, was genau das für den Finanz-, Arbeitsbereich oder den Konsumenten genau bedeutet. In der Abschlussdiskussion am Mittwoch zeigte sich, dass „Green Economy“ mehr bedeutet als nur die technische Lösung für mehr Ressourceneffizienz.

Sozio-kulturelle Komponente

Angelika Zahrnt, Ehrenvorsitzende des BUND widersprach der Forschungsministerin, dass die vielen positiven Beispiele allein zu einem „Green Growth“ führen. Die Besinnung auf das Wirtschaftswunder der 1950er Jahre sei nicht mit der heutigen Situation vergleichbar, weil es um mehr als nur materielle Werte und Wirtschaftswachstum gehe. „Das ist ein falscher Fokus“, so Zahrnt, denn die Wirtschaft innerhalb der natürlichen Ressourcen zu halten, beinhalte die grundlegende Frage, ob und wie ein Wachstum der Wirtschaft aussehen könnte.
Gerd Billen, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverband, hatte auch gleich ein pragmatisches Beispiel parat. Portale wie eBay führten nicht zu einem klassischen Wachstum, verlängern aber die Verwertungsdauer eines Gutes: „Das finde ich Klasse!“. Der Begriff Wachstum entspreche auch nicht dem Verbraucheralltag. Dort gehe es vielmehr um die Frage, ob und wie konsumiert wird.
Zahrnt glaubt nicht an die einfache Verbindung von Ökologie und Ökonomie, wie die aktuellen Debatten um die ökologische Steuerreform oder die Energiewende zeigen. „Green Economy“ hat für die Ökologin eine deutliche sozio-kulturelle Komponente des Wandels.

Kopfsache Green Economy

Das kompostierbare T-Shirt und den Test der „Grünen Bahn Card“ hält Max Schön, Vorsitzender der „Stiftung 2 Grad“, für gelungene Beispiele, wie die Green Economy im Alltag angekommen ist: „Aber es werde noch zu sehr in Branchen, Wirtschaftssektoren und Nationen gedacht.“
Das grüne Denken beginnt im Kopf, denn es geht jetzt um die öffentlichen Güter, für die es derzeit keinen Preis gibt, sagte Ottmar Edenhofer vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Kohlendioxid versauert die Meere und füllt die Atmosphäre gleichsam einer Deponie. Die Deadline für den Punkt, an dem eine Verhaltenskorrektur nicht mehr greifen wird und das Leben unerträglicher macht, liegt nach Edenhofer nur noch vier Dekaden voraus. 230 Gigatonnen CO2 dürfen noch „eingelagert werden“. Eine konkrete Zahl, mit der Emissionen konkret eingepreist werden können. Aber wer darf die Restmenge noch nutzen? Wachstum werde in Afrika anders definiert als heute in Europa. Ein Aufrechnen der erlaubten Emissionsmengen werde als Nullsummenspiel keine Lösung finden. Die Welt komme um eine Neudefinition von öffentlichen Gütern nicht mehr herum. Die Einzeltechnologie ohne weitere politische Rahmenbedingungen werde nicht ausreichen. „Green Economy“ ohne einen steigenden CO2-Preis ist Illusion“, so Edenhofer.

Neue Partner suchen

Der Streit zwischen Umwelt- und Wirtschaftsministerium werde nach Edenhofer keine Lösung finden. Bundesumweltminister Peter Altmaiers neuer Partner sei das Finanzministerium. Für die Finanzierung neuer Technologien brauche der Staat Geld. Während Kapital wegen seiner Mobilität und Arbeit wegen seiner Ungleichheit schwierige Finanzzierungsquellen seien, müsste das Finanzministerium sich von der Besteuerung der natürlichen Ressourcen überzeugen lassen. Der Henry Report in Australien weise mit seiner Ausrichtung auch auf Umweltaspekte in die richtige Richtung [1].
Anstelle von unbeweglichen Umweltkonferenzen mit mehr als 150 Ländern sollten sich nach Peter Höppe von der Munich Re einmal die sechs größten Emittenten für eine neue Partnerschaft zusammensetzen. Diese vereinigen 80 Prozent der Emissionen und würden bei einem Übereinkommen schon einmal einen Großteil des Problems lösen. Ob das aber einfacher wird? Derzeit verabschiede sich die USA nach Höppe sogar vom „Zwei-Grad-Ziel“ der maximal zulässigen Klimaerwärmung. Und „Ohne die USA geht es nicht.“

Green Economy als Prozess

Es gibt kein Abschlussdokument der Tagung. Staatssekretär Georg Schütte aus dem Bundesforschungsministerium, begründet das Fehlen mit der Prozesshaftigkeit des Weges. Auf der Internetseite Fona haben die Akteure weiterhin die Möglichkeit sich an der Weggestaltung zu beteiligen. Denn Expertenkreise werden die Ergebnisse der einzelnen Arbeitsgruppen auf konkrete Handlungsempfehlungen herunter brechen.

Lesestoff:

www.fona.de

Auftaktbericht zur Tagung

[1] John Passant, John Mclaren: The Henry Review of Autralia´s Future Tax System: Implications for local government; June 2011, University of Canberra www.acelg.org.au/upload/Henry_Paper_final_05aug2011.pdf

Interview mit vzbv-Vorstand Gerd Billen

Roland Krieg

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