Was wird jetzt aus Kaiser´s?
Handel
Tengelmann will an Edeka übergeben
1867 gründete Wilhelm Schmitz-Scholl das Unternehmen unter seinem Namen und stieg in den Handel mit Kaffee und Tee ein. 20 Jahre später übernahmen die Söhne das Geschäft und trugen das „Kaffee-Import-Geschäft Emil Tengelmann in das Handelsregister der Stadt Bochum ein und eröffneten in Düsseldorf die erste Filiale. 1914 gab es vor Ausbruch des ersten Weltkriegs bereits 560 Filialen mit Nahrungs- und Genussmitteln sowie Haushaltswaren für den täglichen Bedarf. Der Name Haub tauchte 1933 erstmals auf. Den trug die Tochter, die das Lebensmittelgeschäft mit ihrem Bruder von Vater Karl Schmitz-Scholl erbte. In der Münchener Leopoldstraße öffnete 1953 der erste Selbstbedienungsladen Tengelmann und 1965 kreierte der Designer Giannoto den stilisierten Springbrunnen als neues Logo für Tengelmann. Elisabeth Haub legte 1968 den Grundstein für das Umweltprogramm und zum 75jährigen Firmenjubiläum stieg der Umsatz erstmals über die Grenze von einer Milliarde Mark. Als ihr Bruder 1969 starb übernahm sein Neffe Erivan Haub 1969 das Gesamtgeschäft. Kaiser´s als Kaffee Geschäft AG in Viersen kam 1971 in die Gruppe und bildete außerhalb von München ab 2001 einen zweiten namensbildenden Teil. 1972 wurde „Prima leben und sparen“ als PLUS-Discounter gegründet und mit der Übernahme der österreichischen LÖWA der Schritt ins Ausland gewagt. Die Tengelmann-Gruppe wurde mit dem ungarischen Skala-Coop und Textilunternehmen Modea sowie der Mehrheitsbeteiligung an Obi zu einem der größten Lebensmittel-Filialbetriebe der Welt und erzielte 1993 einen Umsatz von mehr als 50 Milliarden D-Mark. KiK wurde ein Jahr später gegründet. Im Jahr 2000 übernahm Karl-Erivan Haub das operative Geschäft. Nachdem Obi 2003 erstmals nach Russland ging und Plus 2005 Rumänien und Griechenland eroberte sowie KiK 2007 erste Filialen in Slowenien und Tschechien eröffnete, wurde die Gruppe immer schlanker. Zunächst einmal ging Plus 2009 in die Edeka-Tochter Netto-Marken Discount auf und ein Jahr später zog sich das Unternehmen aus der Rhein-Main-Region zurück. Im gleichen Jahr beteiligte sich Tengelmann an Otto Gourmet und Zalando. Das Internet hat die Gruppe als Chance erkannt. KiK ging in den digitalen Markt und ein Garten-Shop online.
Es lohnt nicht mehr
Das nächste Kapitel hat Karl-Erivan Haub am Dienstag geschrieben. Das Supermarktgeschäft Kaiser`s Tengelmann ist defizitär und soll zum 30. Juni 2015 an die Edeka übergeben werden. „Das Ergebnis der Analyse ist auf schmerzliche Weise eindeutig“, sagte Haub. „Wir sehen leider keine Perspektiven mehr, unsere Supermärkte aus eigener Kraft zu einem profitablen Unternehmen zu machen.“ Der Marktanteil mit 0,6 Prozent sei zu klein, um am Markt weiter bestehen zu können.
Regionale Bedeutung
Derzeit hat Kaiser`s Tengelmann 451 Filialen und 15.958 Mitarbeiter, die einen Umsatz in Höhe von 1,8 Milliarden Euro erzielen. Kaiser´s gibt es in Berlin und am Nordrhein, in München firmieren die Geschäfte als Tengelmann.
Wie realistisch ist das?
Doch noch ist der Wunsch nicht Realität. Kaiser´s Tengelmann ist das derzeit prominenteste Opfer der Marktmacht, die das Bundeskartellamt erst jüngst in seinem neuesten Bericht kritisiert hatte [1]. Der Bericht hat keine Auswirkungen auf die aktuelle Situation - aber für künftige Änderungen hatte Präsident Andreas Mundt angekündigt, keine weiteren Verschlechterungen zuzulassen. Daher steht der Vertragsabschluss zwischen Tengelmann und Edeka noch unter kartellrechtlichem Vorbehalt. Sicher ist die Übergabe auch bei 0,6 Prozent Marktanteil noch keineswegs. Haub hat den Kartellrichtern eine Nagelprobe gestellt.
Lesestoff:
[1] Kartellamt kritisiert Macht im LEH
Roland Krieg