Welche Milch verkauft Wal-Mart?
Handel
Erneuter Tiefschlag für die Milchbauern
> Vor einigen Jahren bekam der Riese unter den Lebensmittelgeschäften schon einmal Ärger beim Verkauf von Waren unter Einstandspreis. Vor den Feiertagen hatte sich der amerikanische Händler erneut den Zorn des Deutschen Bauernverbandes (DBV) zugezogen. Wie viel darf die Butter kosten?
Für die Herstellung eines Kilogramm Butters werden etwa 20 Kilo Milch benötigt. Für ein handelsübliches 250 g-Päckchen also 5 Liter Rohmilch, die zur Zeit für 28 Eurocent je Liter gehandelt werden. Ohne Mengennachlass, Transportkosten und andere betriebswirtschaftliche Nebeneffekte kämen etwa 1,40 Euro für das Päckchen Butter heraus. Wal-Mart bot allerdings die Butter für 59 Cent an, was für den DBV ?ein erneuter Anschlag eines Lebensmittelriesen auf die bäuerliche Milchwirtschaft? ist. Das Angebot ?ist blanker Hohn und betriebswirtschaftlich äußerst fragwürdig. Die derzeitigen Produktionskosten werden bereits durch das von den Molkereien an die Bauern ausgezahlte Milchgeld nicht gedeckt.?
In Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sind deshalb die Bauern vor die Märkte gezogen. Bauernpräsident Gert Sonnleitner sieht in der Marktstrategie des Konzerns nur ein Lockmittel, ?um Kunden vor den einkaufsstarken Feiertagen in seine Einkaufscenter zu locken.? Je höher der Preisdruck, desto größer sei die Gefahr, dass Qualität der Lebensmittel sowie Umwelt- und Tierschutzstandards auf der Strecke bleiben, so der DBV weiter.
Auch ein Strukturproblem der Landwirtschaft
Es gibt keine Lösung für die Frage, ob die Henne oder das Ei zuerst da gewesen ist. Ähnlich versanden auch die Kausalketten im Bereich Landwirtschaft und Ernährung. Bietet der Handel die Billigware nur an, weil der Verbraucher danach fragt, oder reagiert der Verbraucher nur auf die Billigangebote? Regt der Preisdruck des Handels eine Ausweitung der Milchproduktion an oder geben die Kühe immer mehr Milch, weil sie entsprechend gezüchtet werden?
Seit 1991 ist die Milchleistung der Tiere jährlich um 150 kg pro Jahr gestiegen. Die neuen Bundesländer bewegen sich, so die Zentrale Markt- und Preisberichtstelle (ZMP), dabei auf der Überholspur. Schon 1995 hatten sie das Durchschnittsniveau der alten Länder übertroffen, so hieß es in der Marktübersicht Anfang Mai. Im Osten geben die Tiere rund 7.600 kg Milch und damit 1.200 kg mehr als im Bundesdurchschnitt. Diese Entwicklung ist eine Folge der Umstellung auf HF-Tiere. Unter den Bedingungen des EU-Milchmarktes haben sich die Holstein-Frisian ? Kühe als die erfolgreichsten erwiesen. Das ist nicht nur in der EU so, sondern weltweit in fast allen Ländern, in denen Milch mit Hochleistungstieren erzeugt wird. Auf der Strecke bleiben dabei auch die weniger bekannten Tiere, die oft nur noch in kleinen Herden existieren: Simmentaler Fleckvieh, das seit 600 Jahren einst in der Zentralschweiz gezüchtete Braunvieh, die edlen Pinzgauer mit dem charakteristischen weißen Rückenstreifen, der sich über das Rückgrat bis auf den Bauch fortsetzt oder die Regionalrasse Limpurger im Stuttgarter Raum. Die Limpurger liegen mit einer Jahresleistung von 4.000 kg gar nicht so weit von den Hochleistungsrindern entfernt.
roRo