Weltweit keine Energiewende

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World Energy Outlook 2012

Am Dienstag hat die Internationale Energieagentur (IEA) ihren gerade veröffentlichten World Energy Outlook 2012 im Bundeswirtschaftsministerium vorgestellt. Ein Fazit, das Chefökonom Dr. Fatih Birol zog: „Aus Sicht des Klimaschutzes gehen wir weltweit derzeit den falschen Weg!“

Neue Energiearchitektur

Aus Sicht der deutschen Energiewende folgt die Welt nicht dem deutschen Beispiel. Zwar verändert sich die weltweite Energiearchitektur, aber nicht in die gleiche Richtung, wie Deutschland es vormachen will. Einige Länder beleben ihre Atomkraftpläne und der Irak wird zum zweitgrößten Erdölexporteuer aufsteigen. Bis 2035 wird der Energiebedarf um mindestens ein Drittel ansteigen. 60 Prozent des Mehrbedarfes verbrauchen Indien, China und der Mittlere Osten.
Die Amerikaner werden durch die Fracking-Technologie mehr Gas selbst fördern und vermehrt Steinkohle nach Europa verkaufen, prognostiziert die IEA. Hier werde das klimafreundlichere Gas verdrängt. US-Gas ist rund fünfmal preiswerter als Gas in Europa und kostet nur ein Achtel, was die Japaner zahlen müssen. Die USA wird 2020 Saudi-Arabien als größten Erdölförderer ablösen.
Die erneuerbaren Energien werden es schwer haben. Die IEA rechnet vor, dass allein im Jahr 2011 die Länder die fossilen Energieträger mit 523 Milliarden US-Dollar subventioniert haben. Sechsmal mehr als für erneuerbare Energien. Ungünstigerweise steigen die Subventionen mit dem Anstieg der Rohölpreise an, so dass keine Signale für eine weltweite Energiewende zu finden sind.
Viel hängt vom Irak ab. Derzeit fördert das Land sechs Millionen Barrel Öl am Tag, bis 2035 sollen es acht Millionen sein und die Nachfrage auf den asiatischen Märkten decken.

Effizienz gibt fünf Jahre Aufschub

Das Zwei-Grad-Ziel ist demnach nicht mehr zu erreichen und der Bericht prognostiziert eine globale Erwärmung von 3,6 Grad Celsius. Allein die Energieeffizienz kann noch die Zwei-Grad-Marke einhalten. Zwei Drittel des weltweiten Effizienzpotenzials seien nicht genutzt und könnten der Erwärmung fünf Jahre Aufschub geben.
Der Bericht lässt den Schluss zu, dass die Carbon Capture Storage-Technologie eingeführt werden muss. Die Verwendung von Kohle steigt schneller als der Umstieg auf erneuerbare Energien. Peking und Neu Delhi werden nicht ohne CCS auskommen, wollen sie die weltweite CO2-Bilanz nicht dauerhaft aus dem Gleichgewicht bringen.

Neue Energien

Der Energiebericht schreibt die erneuerbaren Energien nicht ab. Bis 2035 sollen sie ein Drittel des gestiegenen Strombedarfs decken können. Die Verwendung von Biomasse und Biotreibstoff werde sich vervierfachen und international gehandelt werden. Ein sorgfältiges Management vorausgesetzt, sehen die Autoren keine Konflikte zwischen Teller und Tank.
Der Energiehunger zieht eine andere Ressource in Mitleidenschaft. Für die Bereitstellung und den Transport von Kohle, Öl und Gas sowie für die Bewässerung der Biomasse wird weltweit mehr Wasser verbraucht. Im Jahr 2010 hat die Welt für die Energieproduktion 583 Milliarden Kubikmeter Wasser benötigt. Bis 2035 soll der Bedarf um 85 Prozent steigen.

Chance Deutschland

Stefan Kapferer, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, hält an der Technologie für erneuerbare Energien aus Deutschland fest und sieht darin eine Chance für einen Transfer von Technik und Knowhow. Deutschland sei mit seinem Weg der Energiewende auf dem richtigen Weg.

Wendegedanken vermisst

Hans-Josef Fell, energiepolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, vermisst in dem Bericht den Aufruf zur Umkehr. Der Bericht unterstreiche das „Weiter so“ bei der Nutzung der fossilen Energien. Dabei habe die IEA sich in der Vergangenheit bereits geirrt. Sie hatte noch 2004 den Ölpreis für 2012 bei 22 US-Dollar gesehen. Die Fokussierung auf die fossilen Ressourcen werde ohne Rücksicht auf deren Endlichkeit und Klimafolgen dargelegt. Daher unterschätze die IEA, so Fell, die Ausbaupotenziale der erneuerbaren Energien. Die Photovoltaik habe heute einen fünfmal höheren Anteil erreicht, als von der IEA prognostiziert.

Lesestoff:

www.worldenergyoutlook.org

Roland Krieg

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