Wettbewerb der Investitionsbanken
Handel
Kabinett billigt AIIB-Mitgliedschaft
Schon früh hatte das Bundesfinanzministerium der deutschen Mitgliedschaft in der Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) Vorteile eingeräumt, bei der Kreditvergabe auf Standards und Einhalten der Regeln zu achten [1]. Am Mittwoch hat auch das Bundeskabinett grünes Licht gegeben. Initiator dieser Entwicklungsbank ist China. Insgesamt 57 Gründungsstaaten werden sich beteiligen. Das Gesamtkapital der AIIB beläuft sich auf 100 Milliarden US-Dollar. Der Beitrag Deutschlands wird voraussichtlich 900 Millionen US-Dollar betragen, verteilt über den Zeitraum zwischen 2016 und 2019. Ab 2016 besteht zusätzlich eine Gewährleistung in Höhe von 3,6 Milliarden US-Dollar. Nach China, Indien und Russland ist Deutschland der viertgrößte Anteilseigner mit 4,1 Prozent der Stimmen. Am 29. Juni wollen die Gründungsstaaten den Vertrag unterzeichnen. Der deutsche Vertreter reist mit seinen Kollegen aus Großbritannien, Frankreich und Italien an. Auf Vertreter aus den USA, Kanada und Japan werden sie allerdings nicht treffen. Direktor der AIIB wird Jin Liqun, der vorher Vizedirektor die Asiatische Entwicklungsbank war.
Ein, zwei, viele Investitionsbanken
Die Aufgabe für die Welt ist groß. Hunger und Armut müssen überwunden werden. Es fehlen Infrastrukturen und Marktzugänge, der Klimawandel stellt neue Herausforderungen, die mit öffentlichen Finanzierungen allein nicht bewältigt werden können. Die Gründung der AIIB hat aber einen besonderen Aspekt. Neben der Weltbank, der AIIB, der geplanten „Neuen Entwicklungsbank der BRICS-Staaten“ und der Asiatischen Entwicklungsbank existiert auch noch eine Entwicklungsbank der Weltbank für die arabischen Länder. Geopolitisch übersetzt spielen in der aufgezählten Reihenfolge verschiedene Länder ihre Dominanz aus: USA, China, Indien, Japan und noch einmal die USA.
Der frühere Weltbank-Präsident Robert Zoellick kritisiert die amerikanische Enthaltsamkeit bei der AIIB in der Financial Times. Die USA fürchten um die US-dominierte weltumspannende Ökonomie. Doch die AIIB könne gute und notwendige Entwicklungsziele befördern. Am Ende werde sich die AIIB an ihrer Arbeit messen lassen müssen. Die Herausforderungen seien groß genug für mehrere Entwicklungsbanken.
Kritische Stimmen fürchten aber vor allem China als mächtigsten Veto-Partner in der AIIB. Die Entscheidungen könnten intransparent sein und an Chinas geopolitischen Ansprüchen ausgerichtet werden.
China ist das „C“ in der Abkürzung BRICS. Dieser Zusammenschluss der Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika plant seit 2012 eine eigene Entwicklungsbank [2]. Sie gilt als Indiens Kind, während die Chinesen die AIIB als eigenen Vorschlag entwickelten. Indien soll die Amerikaner und Japaner für eine Beteiligung an der BRICS-Bank bearbeiten, damit die AIIB nicht größer wird. Anfang Juli treffen die BRICS-Länder in Russland erneut zusammen. Die BRICS-Bank soll anderen Ländern geöffnet und ein Inder gleich als erster Vorsitzender benannt werden. Wie und ob China seine Geldtöpfe auf zwei Banken aufteilen will, ist offen.
Emanzipation
Das Aufkommen neuer Banken kann nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der Ausweitung US-dominierter Finanzinstitutionen auch als Emanzipation gesehen werden. Die Wirtschaftskrise in den Jahren 2007 und 2008 wurde durch fehlende Alternativen zur US-Finanz verschärft, schreibt „The Express Tribune“ diese Woche. Für die wachsenden Schwellenländer bieten sich neue Finanzierungsmöglichkeiten außerhalb des westlichen Weges. So hat David Pilling in der Financial Times über die AIIB geschrieben: „Eine Bank Made in China und besser als das westliche Modell.“ Mitgliedern wie Deutschland, Schweden oder auch der Iran könnten Interessenslagen ausbalancieren.
Großer Bedarf und hohes Niveau
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) schätzt die Chancen ebenfalls positiv ein. Zumal in Asien noch immer mehr als 1,6 Milliarden Menschen von weniger als zwei US-Dollar am Tag leben müssen. „Der Bedarf an Infrastrukturfinanzierung ist immens und wird durch die bestehenden Institutionen nicht abgedeckt“, sagte eine Sprecherin des BMZ zu Herd-und-Hof.de.
Die AIIB werde sich in die bestehende Institutionslandschaft einfügen. „Der wahrscheinlich künftige AIIB-Präsident Jin hat wegen der Parallelität der Mandate bereits eine enge Zusammenarbeit mit der Asiatischen Entwicklungsbank und der Weltbank vereinbart“, sagte die Sprecherin weiter. „Die AIIB wird mehrheitlich in Entwicklungsländern operieren und einen wichtigen Beitrag zur Entwicklungsförderung leisten, wobei den Bedürfnissen weniger entwickelter Staaten in der Region besonders Rechnung getragen werden soll.“ Auch die AIIB wird sich um die Verknüpfung von öffentlichem und privatem Kapital widmen müssen. Daher, so die Sprecherin weiter, „wird der AIIB mittel- und langfristig eine große Bedeutung zukommen.“
Deutschland ist sich seiner und der Rolle von 12 weiteren EU-Staaten bewusst, die von AIIB-Befürwortern erhofften ausbalancierten Entscheidungen herbeizuführen. Daher erlaube die Mitgliedschaft der EU-Länder „über die Aufsichtsgremien Einfluss auf die Geschäftspolitik zu nehmen und die Förderung entwicklungsfördernder Infrastrukturinvestitionen einzufordern.
Lesestoff:
[1] Deutschland will bei AIIB über Standards mitreden
[2] BRICS-Meeting 2012 in Indien
Roland Krieg