Wettbewerbsnovelle ist durch

Handel

„Grundgesetz der Wirtschaft“ erfolgreich novelliert

In zweiter und dritter Beratung hat die notwendig gewordene neunte Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen den Bundestag am Donnerstag passiert. Die Digitalisierung der Wirtschaft erforderte Anpassungen an die neuen Wirtschaftsbereiche. Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries wies darauf hin, dass es praktisch keine „kostenfreien“ Angebote im Internet gibt, weil die Kunden immer mit ihren Daten bezahlen. Internetfirmen werden weniger durch ihren wirtschaftlichen Erfolg als mehr über die Daten, die sie besitzen,  bewertet. Daher wird das Kartellamt, das von Zypries in seiner Arbeit auch bei unterschiedlichen Positionen gelobt wurde, künftig auch Fusionen in der digitalen Welt ab 400 Millionen Euro Kaufpreis untersuchen. Bei dieser Summe sollten die kleineren Startups geschützt bleiben, so Zypries.  

Geschlossen hat die Bundesregierung die so genannte „Wurstlücke“. Clemens Tönnies entging einer 128-Millionen-Euro-Strafe durch das Kartellamt, weil er die betroffenen Firmen so umbaute, dass er sie aus dem Handelsregister streichen konnte.

Pressverlage dürfen „jenseits der redaktionellen“ Arbeit jetzt gemeinsam um Werbekunden werben. Und schließlich wird die Ministererlaubnis als Ausnahmegenehmigung nach einem abschlägigen Kartellbescheid reformiert. Das Verfahren soll weiterhin innerhalb von vier Monaten abgeschlossen werden, bekommt jedoch eine Ablauffrist von sechs Monaten mit der Möglichkeit einer einmaligen Verlängerung um zwei Monate, erklärte CDU-Politiker Matthias Heider. Das Parlament müsse über Verzögerungen informiert werden, werde aber keine Entscheidung mittragen, wie von der Opposition gefordert. So wird aus dem Kartellamt auch keine neue Verbraucherschutzbehörde für den wirtschaftlichen Verbraucherschutz. Dafür fehle es an Aufgabenbeschreibungen und Abgrenzungen gegenüber anderen Behörden. Für so genannte „Fake shops“ im Internet hält Heider die rechtlichen Möglichkeiten für ausreichend und wünscht sich mutigere Staatsanwaltschaften.

Klaus Ernst von den Linken beklagte, es gebe keine Gesamtübersicht über die Monopolisierung in Deutschland. „Wie steht es um den Wettbewerb in Deutschland?“ [1]. In vielen Branchen sei das gar nicht bekannt und sollte untersucht werden. Dazu fehlten im Nachgang auch „missbrauchsunabhängige Entflechtungsmöglichkeiten“ zur Schaffung von mehr Wettbewerb.

Der Handelsverband Deutschland (HDE) kritisiert die Novelle, weil sie den Unternehmen „Verhandlungs- und Preissetzungsspielräume und die Vertragsfreiheit“ beschneidet, kritisierte HDE-Hauptgeschäftsführer  Stefan Genth. So würden Verbraucher um die günstigsten Preise gebracht.

Positiv hat Bauernpräsident Joachim Rukwied reagiert: „Die seit langem geforderte wirksame Bekämpfung unfairer Geschäftspraktiken in der Lebensmittellieferkette wird damit einen wichtigen Schritt vorangebracht.“ Es geht dabei um das Anzapfverbot. Der Begriff bezeichnet einen Missbrauch der Nachfragemacht und stellt jetzt schon die „Aufforderung zur Vorteilsgewährung ohne sachlich gerechtfertigten Grund“ unter Strafe. Wichtig ist dem Bauernverband auch die endgültige Festsetzung des Verkaufsverbotes unter Einkaufspreis. Allerdings gelte das nur für große Firmen, um kleine und mittlere Unternehmen zu schützen. Rukwied hatte sich das Verbot für alle Lebensmittelhändler gewünscht.

Lesestoff:

[1] Zunahme an Kartellverstößen: https://herd-und-hof.de/handel-/kartellland-deutschland.html

Roland Krieg

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