WHO-Analyse zur Antibiotika-Nutzung

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Antibiotika-Nutzung variiert erheblich

Letztens stritten Veterinäre und Chirurgen über die Herkunft der resistenten Keime [1]. Keine Frage: Es wird zu viele Antibiotika genommen. Liegt aber der Fokus auf dem Human- oder dem Veterinärbereich?

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat zusammen mit der Universität Antwerpen die Nutzung von Antibiotika im Humanbereich in und außerhalb Europas untersucht. Denn – so hatten auch die deutschen Chirurgen gesagt – viele Reisende kommen mit einem Antibiotika-Cocktail aus dem Urlaub zurück und legen dadurch einen Grundstock für multiresistente Keime.

Die Studie

Insgesamt wurden 42 Länder untersucht. „Übernutzung und Missbrauch von Antibiotika ist der wichtigste Faktor für die Bildung von Resistenzen. Deshalb ist die Analyse des Gebrauchs der erste Schritt, dieses wachsende Problem für die menschliche Gesundheit in den Griff zu bekommen“, führt Zuzsanne Jakab, WHO-Direktorin für Europa aus. Vor allem die Datenerhebung außerhalb der EU gilt als wichtiges Indiz für die Arbeit gegen multiresistente Keime innerhalb der EU. Prof. Herman Gossens, der für die Universität Antwerpen die Studie geleitet hat, schuf mit der Datenbasis die erste belastbare Quellenlage für die Antibiotikanutzung. Es wurde nicht nur die Menge, sondern auch die Art des Antibiotikums ermittelt, so dass gezielte Strategien zur Reduzierung des Antibiotikagebrauchs für eine wirksame Dosierung erarbeitet werden kann. So hat die Türkei im letzten Jahr einen Aktionsplan gegen die hohe Verwendung von Antibiotika aufgelegt, der zunächst einmal bis 2017 läuft.

Insgesamt wurde der Antibiotika-Einsatz des Jahres 2011 neben allen EU-Ländern und Norwegen auch in sechs Länder in Südosteuropa und in sechs asiatischen Ländern erfasst.

Die Kernergebnisse

Die Verwendung von Antibiotika variiert zwischen den Ländern deutlich. Montenegro, Tadschikistan und die Türkei sind die Länder mit der höchsten Antibiotika-Nutzung, Armenien, Aserbeidschan, Weißrussland und Bosnien und Herzegowina stehen ganz am Ende der Skala. Nach WHO-Einschätzung resultiere das aus der geringen Verfügbarkeit von Antibiotika.


Gebrauch in defined daily dose (DDD) je 1.000 Einwohner. Die Gruppe „andere beta-lactam, Cephalosperin“ beinhaltet Carbapeneme und Monobatame. Die Gruppe „andere Antibakterielle“ beinhaltet Glycopeptide, Polymyxin, Imidazole Nitrofurn u. ä.. Die Länder mit einem Stern haben nur die ambulante Vergabe von Antibiotika gemeldet.

Penicillin ist das in allen Ländern am meisten verwendete Antibiotikum. Vor allem in den neuen unabhängigen Staaten werden dabei breit wirkende Antibiotika wie Amoxillin und Ampicillin eingesetzt. Patienten in den Ländern Südosteuropas erhalten am häufigsten die Wirkstoffe der ersten Generation wie Cephalosporine.

Folgerungen

Aus den Daten ergeben sich verschiedene Folgerungen: Der Gebrauch von Antibiotika ist viel zu hoch. Das resultiert auch aus der Möglichkeit, in einigen Ländern Antibiotika ohne Arztkonsultation in Pharmazien kaufen zu können. Hier wünscht sich die WHO eine stärkere Regulierung. Breitspektrum-Antibiotika werden zu oft eingesetzt. Für die Gesundheitsexperten ist das ein Ergebnis aus mangelhafter Diagnosemöglichkeit und fehlender Sensibilisierung der Ärzte über Antibiotikaresistenzen. Der Jahresvergleich zeigt, dass Antibiotika saisonal verschrieben werden, so dass sie wohl auch gegen temporäre virale Erkrankungen eigesetzt werden. Die Studie hat den Gebrauch bestimmter Marken festgestellt, was wohl aus gezielten Marketingkampagnen der Pharmaindustrie resultiert. Dem gegenüber haben Patienten es schwer, Zugang zu wirksamen Antibiotika zu finden, die gegen multiresistente Tuberkulose und andere Bakterien wirken.

Lesestoff:

Ann Versporten, Ganna Bolok hovets, Hermann Gossens et al.: Antibiotic use in eastern Europe: a cross-nationel database study in coordination with the WHO Regional Offices for Europe in “The Lancet”, March 20, 2014 http://dx.doi.org/10.1016/S1473-3099(14)70071-4

[1] Woher kommen die resistenten Keime?

roRo; Grafik: Universität Antwerpen

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